Zauberhafte Versuchung
»Vielleicht werden Sie jetzt meine Sichtweise verstehen, Miss Worthington. Die Büchse der Pandora im Austausch gegen die Sicherheit Ihrer Tante. Die Dinge könnten von jetzt an nämlich ziemlich hässlich werden«, drohte er nun ganz offen und strich mit einem Finger über ihr Handgelenk.
Esme erschauerte vor Ekel.
»Es ist besser, sich mir nicht zu widersetzen. Die Büchse wird mir gehören; es ist nur noch eine Frage der Zeit.« Wieder ergriff er Esmes Hand, aber diesmal, um einen Kuss auf ihre Handfläche zu drücken. »Ich habe einmal etwas verloren. Aber dieser Fehler ist mir nie wieder passiert. Es genügt wohl zu sagen, dass ich immer bekomme, was ich will.« Damit öffnete er die Tür und verließ die Kutsche.
Fielding hatte gesagt, er werde nicht lange brauchen, aber Esme konnte nicht länger auf ihn warten. Schon gar nicht, falls der Rabe noch immer in der Nähe war. Nachdem sie rechts und links die Straße hinuntergeblickt und sich vergewissert hatte, dass dieser abscheuliche Mensch verschwunden war, stieg sie aus der Kutsche und lief über die Straße. Vor dem Pub musste sie sich erst durch eine Menschenmenge kämpfen, bevor sie es wieder betreten konnte.
Ein großer Mann packte sie so fest um die Taille, dass seine harten Finger ihr
Schmerz zufügten. »Na, da bist du ja wieder, Kleine.«
* * *
Fielding verdrehte die Augen, als er Esme in den Pub kommen sah. Seine Verärgerung wechselte jedoch schnell zu Wut, als der Widerling, der das Schankmädchen belästigt hatte, seinen schmutzigen Körper an Esme drückte. Sie wirkte unglaublich klein und zierlich in den Armen dieses ungeschlachten Mannes. Seine dreckigen Hände waren überall auf ihrem Körper. Er griff nach ihrer Brust, als er mit der anderen Hand unter ihre Röcke fuhr.
Plötzlich versetzte Esme ihrem Angreifer einen harten Tritt gegen das Schienbein, der ihn vor Schmerz zusammenzucken ließ.
»Wie können Sie es wagen!«, fuhr sie ihn entrüstet an.
Der Mann wollte sie sich erneut greifen, als es Fielding endlich gelang, ihr zu Hilfe zu kommen. Er stieß dem Rohling die Faust so hart gegen die Nase, dass Blut daraus hervorspritzte. Der Mann schrie vor Schmerz auf und holte aus, um sich zur Wehr zu setzen, doch bevor er dazu kam, hatte Fielding ihm die Faust mit so unerbittlicher Kraft in den Magen gestoßen, dass er auf die Knie fiel.
»Rühr sie noch einmal an, und ich bringe dich um«, fauchte Fielding und wandte sich an Esme. »Hat er dir wehgetan?«
»Nein, nein, mir ist nichts passiert.«
Aber Fielding sah, dass das nicht ganz die Wahrheit war, denn Esmes Augen waren groß vor Angst. Er legte den Arm um ihre Schultern und führte sie aus dem Lokal. Er hätte sie nicht allein lassen, sie gar nicht erst mitnehmen dürfen. Sie hatten schon halb die Straße überquert, bevor er wieder sprach.
»Warum bist du nicht in der Kutsche geblieben?«
»Weil er mich gefunden hat«, sagte sie. »Und er kennt auch Thea und weiß sogar, wo ihr Lieblingsplatz in der Bibliothek ist.«
Fielding half ihr in die Kutsche. »Wovon redest du, Esme? Dieser Lümmel kennt Thea ganz sicher nicht.«
Sie zitterte am ganzen Leib, als sie ihn ansah. Ihre grünen Augen schwammen in Tränen, auch wenn sie sichtlich bemüht war, sie zurückzuhalten. »Ich spreche vom Raben. Er kam zu mir in die Kutsche.« Sie schaute in das Innere der Kutsche, als erwartete sie ihn immer noch zu sehen.
Fielding fluchte. Wie hatte er nur so dumm sein können! Er war vorsichtig zu Werke gegangen, um dem Raben keinen Hinweis auf ihren Verbleib zu liefern, doch wie es aussah, war auch er auf der Suche nach Waters. Vermutlich hatte er dabei Esme entdeckt. Fielding machte sich die größten Vorwürfe. Wie hatte er vergessen können, wie rücksichtslos und raffiniert sein Onkel war? Fielding drückte Esmes Hand. Er hätte nicht so leichtsinnig werden dürfen.
Fielding wies den Droschkenfahrer an, einen langen Umweg zu Max' Haus zu fahren, wodurch es ihnen hoffentlich gelang, mögliche Verfolger abzuschütteln.
»Was hat er gesagt?«, wollte Fielding wissen, sobald sie unterwegs waren.
»Er wollte mir ein Geschäft anbieten. Er sagte, er wüsste eine Möglichkeit, wie er und ich bekommen könnten, was wir wollen.« Esme schüttelte den Kopf. »Ich wüsste nicht, wie das gehen sollte; es ist ja nicht so, als könnten wir die Büchse der Pandora in der Mitte durchschneiden.« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Er hat gedroht, meine Tante würde nicht mehr sicher sein, wenn ich ihm
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