Zauberhafte Versuchung
Aber wir wurden älter.« Ein Schatten fiel über sein Gesicht. »Wir ließen uns in unserem Haus auf dem Land nieder, und ich wurde fortgeschickt, um eine Schule zu besuchen. Meine Schwester und meine Mutter blieben allein zurück, während mein Vater weiter seiner Obsession nachjagte.«
Fielding leerte sein Glas, dann beugte er sich vor und stützte seine Ellbogen auf die Knie. »Abgesehen davon, dass mein Vater ständig abwesend war, um diesem verdammten Schatz nachzujagen, fing er damit an, das Familienvermögen durchzubringen.«
Noch immer hatte er nichts über seinen Onkel gesagt. Esme hütete sich jedoch, Fieldings Bericht zu unterbrechen.
»Natürlich wussten wir nichts davon, bis er bei einem Unglück umkam. Es geschah bei Ausgrabungen in einer Höhle nördlich des Hadrianswalls. Die Decke stürzte ein.« Fielding biss sich auf die Lippen. »Die Gläubiger begannen, ihr Geld zurückzufordern, sie rannten uns buchstäblich die Türen ein und schickten Mahnungen über Mahnungen. Mein Vater hatte alles verloren. Unsere Häuser und die Ländereien, die Mitgift meiner Schwester. Einfach alles.« Erst jetzt sah Fielding Esme an und schenkte ihr ein müdes Lächeln. »Ich war damals siebzehn und verließ die Schule, um für meinen Onkel zu arbeiten. Damals schien es mir das Einfachste zu sein.« Er schwieg einen Moment, bevor er fortfuhr: »Obwohl mein Onkel und mein Vater sich nie verstanden hatten, glaubte ich, keine andere Wahl zu haben. Wer sonst hätte einen mittellosen Viscount eingestellt?«
Fielding stand auf und ging zum Fenster. Er starrte in die Dunkelheit hinaus und schwieg einige Minuten lang, ehe er weitersprach. »Ich habe nie genau gewusst, welcher Art das Problem zwischen den beiden war, aber vermutlich hatte es mit dem Erfolg meines Onkels zu tun.« Als wollte er eine böse Erinnerung abschütteln, schüttelte er den Kopf, bevor er sich wieder Esme zuwandte.
Obwohl er Esme ansah, schien sein Blick durch sie hindurchzugehen.
»Mein Onkel wollte es nie zugeben, aber ich weiß, wie sehr er eine Mitgliedschaft bei Solomon's anstrebte. Er hatte meinen Vater gebeten, ihn zu nominieren, was dieser auch tat. Doch die Mitglieder verweigerten meinem Onkel die Aufnahme in ihren Club. Sie meinten, er sei mehr an kostbaren Artefakten interessiert und daran, welche am meisten Geld einbrächten, als an der Erforschung einer spezifischen Legende. Er war furchtbar wütend und fest davon überzeugt, mein Vater hätte seine Aufnahme mit voller Absicht hintertrieben.«
Esme sagte nichts, aber sie konnte nicht umhin, daran zu denken, dass sie erst vor Kurzem über dieses Thema eine Auseinandersetzung gehabt hatten. Sie begriff jetzt, dass Fieldings Interesse, Antiquitäten nur des Profits wegen aufzuspüren, etwas sehr viel Tieferem entsprang als nur dem Bestreben, Geld damit zu machen.
»Ich vermute, dass er auf seine Weise Rache nahm, denn nicht lange danach begann mein Onkel als der Rabe bekannt zu werden.« Fielding zuckte die Schultern und wirkte für einen Moment fast so entspannt, als erzählte er ihr lediglich eine humorvolle Anekdote. Dann verdüsterten sich seine Augen wieder. »Ich weiß nur, was man mir erzählt hat, da ich ungefähr um diese Zeit geboren wurde. ›Ein skrupelloser Schatzsucher, der nur des Profits wegen Antiquitäten aufspürt und stiehlt‹, das sagte mein Vater immer über den Raben.«
Esme stellte ihr noch unberührtes Brandyglas auf den Tisch neben sich und beugte sich gespannt zu Fielding vor.
»Mein Vater verabscheute das Tun meines Onkels und die Tatsache, dass er Antiquitäten nur dazu benutzte, ein Vermögen zu verdienen. Vater hatte eine ganz klare Meinung, was das betraf. ›Antiquitäten sind dazu da, mit der Welt geteilt zu werden, und nicht, um Geld zu machen‹, pflegte er zu sagen. Hinzu kam, dass mein Onkel die Antiquitäten nur selten auf ehrliche Art erwarb. Meist waren seine Geschäfte mit Bestechung, Konspiration und Diebstahl oder Raub verbunden.« Fielding schenkte Esme ein leichtes Lächeln. »Wahrscheinlich habe auch ich mich an meinem Vater gerächt«, gab er mit unüberhörbarer Verbitterung in der Stimme zu. »Habe ihn dafür bestraft, unser Vermögen vergeudet zu haben, indem ich es auf genau die Art und Weise zurückgewann, die er verabscheut hätte.«
Fielding hatte sie also nur vor der Hässlichkeit seiner Vergangenheit beschützen wollen. Esme spürte, wie sehr seine Beichte ihr Herz berührte.
Nachdem er sich einen weiteren Brandy eingeschenkt
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