Zauberin von Darshiva
Elefanten sich bewegten, als wäre der Kettenpanzer leicht wie Spinnweben. Die segelähnlichen Ohren der Tiere baumelten beim Gehen, und ihre pendelnden Rüssel hingen herab, aber dann und wann rollte der eine oder andere Elefant seinen Rüssel nach oben, berührte damit die Stirn, und dann erklang dieses erschreckende Trompeten.
Männer in einfacher Rüstung saßen auf diesen riesigen, schwerfälligen Tieren. Die mit den Fackeln hockten mit verschränkten Beinen auf den gewaltigen Tiernacken, während andere, mit Speeren, Schleudern und kleinen Bogen bewaffnet, hinter ihnen ritten.
An der Spitze des Zuges, rittlings auf dem Nacken eines Elefanten, der gut drei Fuß größer war als die übrigen, saß ein Mann in schwarzem Grolimgewand.
Garion schlich vorsichtig näher. Seine Pfoten verursachten keinen Laut in dem regennassen Gras. Er war zwar überzeugt, daß die Elefanten ihn mühelos wittern konnten, aber er hoffte, daß solche Giganten nicht wirklich auf ein so verhältnismäßig kleines Raubtier achteten, das keine Bedrohung für sie war. Ihnen gegenüber fühlte er sich winzig, unbedeutend wie ein Floh. Das war kein angenehmes Gefühl, schließlich wog er fast zweihundert Pfund, aber das Gewicht eines Elefanten wird in Tonnen gemessen, nicht in Pfunden.
Auf leisen Sohlen rannte er in einem Abstand von etwa fünfzig Metern neben dem Zug her. Seine Aufmerksamkeit galt hauptsächlich dem schwarzgewandeten Grolim auf dem Nacken des Leittieres.
Da erschien plötzlich auf dem Weg vor dem Leitelefanten eine Gestalt in glänzendem, schwarzem Satin, der im Fackelschein schimmerte. Der Zug hielt an, und Garion schlich näher.
Die Gestalt in Satin strich die Kapuze mit einer Hand zurück, die mit wirbelndem Licht gefüllt zu sein schien. Garion hatte in Ashaba und in Zamad ebenfalls flüchtig das Gesicht der Entführerin seines Sohnes gesehen, doch diese Begegnungen mit der darshivischen Zauberin waren so unheilschwanger gewesen, daß er nicht dazu gekommen war, sich ihr Gesicht wirklich einzuprägen. Doch nun, aus dieser Nähe, konnte er es betrachten, da es vom Fackelschein beleuchtet wurde.
Sie hatte regelmäßige, ja schöne Züge, glänzend schwarzes Haar, und ih-re Haut war fast so hell wie die seiner Base Adara. Doch das war die einzige Ähnlichkeit. Zandramas war eine Grolim, und ihre dunklen Augen waren leicht schräg wie die aller Angarakaner. Sie hatte eine nicht unschöne Hakennase, eine breite, glatte Stirn und ein spitzes Kinn, was ihr Gesicht leicht dreieckig machte.
»Ich habe auf dich gewartet, Naradas!« sagte sie mit barscher Stimme.
»Wo warst du so lange?«
»Verzeiht mir, Gebieterin«, entschuldigte sich der Grolim, der auf dem Nacken des Leitelefanten saß. »Die Hirten hielten sich weiter südlich auf, als man uns meldete.« Er schob seine Kapuze zurück. Sein Gesicht wirkte grausam, und seine weißen Augen glänzten im flackernden Fackellicht.
»Wie steht der Kampf gegen die Knechte des Jüngers?«
»Nicht sehr gut, Naradas«, antwortete sie. »Seine Tempelwachen und die Chandim und das Lumpenpack aus Karanda sind unseren Streitkräften zahlenmäßig weit überlegen.«
»Ich habe ein Regiment Elefantenreiterei mitgebracht, Gebieterin«, berichtete ihr Naradas. »Sein Einsatz wird das Blatt wenden. Das Gras von Mittelpeldane wird mit dem Blut von Urvons Tempelwachen, Chandim und Karandesern getränkt werden. Wir werden sie zurückwerfen und Darshiva sicher für alle Zeit machen!«
»Darshiva ist mir gleichgültig, Naradas. Ich will die Welt! Das Schicksal eines kleinen Landes am Ostrand von Mallorea ist völlig unbedeutend.
Möge es bestehen oder fallen: Es hat seinen Zweck erfüllt, und ich bin seiner überdrüssig. Wie lange wirst du brauchen, bis du mit den Elefanten das Schlachtfeld erreichen kannst?«
»Im Höchstfall zwei Tage, Gebieterin.«
»Dann reite weiter. Sobald du sie meinen Generalen unterstellt hast, folgst du mir nach Kell. Ich kehre jetzt nach Hemil zurück und hole Otrath und Belgarions Balg. Wir erwarten dich im Schatten des heiligen Berges der Seher.«
»Ist es wahr, daß Urvon den Dämonenherrscher Nahaz und seine Horden mitgebracht hat, Gebieterin?«
»Es stimmt, aber das stört uns nicht mehr. Es ist nicht sehr schwierig, Dämonen zu beschwören, und Nahaz ist nicht der einzige Dämonenherrscher in der Hölle. Lord Mordja hat sich bereit erklärt, uns mit seinen Horden beizustehen. Er und Nahaz sind Erzfeinde. Nun bekämpfen sie einander, ohne sich um
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