Zauberin von Darshiva
und Belgarath folgte ihr in der Haltung eines Schuljungen, der Schelte erwartet – oder Schlimmeres.
»Endlich!« Polgara seufzte erleichtert.
»Was geht vor, Lady Polgara?« erkundigte sich Ce’Nedra verwirrt.
»Meine Mutter und mein Vater werden sich aussöhnen«, antwortete Polgara glücklich. »Meine Mutter starb – oder vielleicht auch nicht – bei unserer Geburt, der von meiner Zwillingsschwester Beldaran und mir.
Mein Vater gab sich immer die Schuld daran, weil er nicht dabei war, als er ihr hätte helfen können. Er und Bärenschulter und die anderen waren unterwegs nach Cthol Mishrak zu Torak, um das Auge Aldurs zurückzuholen. Mutter selbst gab ihm nie die Schuld daran, weil sie wußte, wie wichtig es war, was sie taten. Aber Vater kann sich nicht so leicht vergeben und bestraft sich schon all diese Jahrhunderte selbst dafür. Mutter ist das endlich leid, deshalb wird sie etwas unternehmen, um die Sache in Ordnung zu bringen.«
»Oh!« hauchte Ce’Nedra. »Wie schön!« Plötzlich glänzten Tränen in ihren Augen.
Wortlos zog Sammet ein hauchdünnes Tüchlein aus ihrem Ärmel, tupfte sich damit selbst die Augen trocken, dann reichte sie es an Ce’Nedra weiter.
Etwa eine Stunde später kehrte Belgarath zurück. Er war allein, aber ein sanftes Lächeln und ein verschmitzter Zug um die Augen verjüngte sein Gesicht. Niemand hielt es für angebracht, ihm irgendwelche Fragen zu stellen. »Was meinst du, wie spät ist es?« wandte er sich an Durnik.
Der Schmied blinzelte zum Himmel, wo der Wind die letzten Wolken-fetzen ostwärts trieb und die Sterne funkelten. »Ich würde sagen, noch zwei Stunden bis es hell wird, Belgarath«, antwortete er. »Der Wind ist aufgekommen, und es riecht nach Morgen.«
»Ich glaube, wir würden ohnehin keinen Schlaf mehr finden«, meinte der alte Mann. »Wie wäre es, wenn wir die Pferde satteln und beladen, während Pol uns ein paar Eier zum Frühstück macht?«
Polgara blickte ihn mit einer hochgezogenen Braue an.
»Du hattest doch nicht vor, uns ohne Frühstück aufbrechen zu lassen, oder, Pol?« fragte er spaßhaft.
»Nein, Vater, wirklich nicht.«
»Das hätte ich dir auch nicht zugetraut.« Er lachte und schlang die Arme um sie. »O meine Pol!« rief er glücklich.
Ce’Nedras Augen füllten sich aufs neue mit Tränen, und Sammet griff wieder nach ihrem Tüchlein.
»Wenn sie so weitermachen, wird das dünne Tuch bald zerschlissen sein«, bemerkte Silk.
»Macht nichts«, antwortete Garion. »Ich habe Ersatz in meinem Sattelbeutel.« Da erinnerte er sich plötzlich. »Großvater«, sagte er, »fast hätte ich in all der Aufregung etwas vergessen. Ehe sie sich in den Drachen verwandelte, hörte ich, wie Zandramas mit Naradas sprach.«
»Oh?«
»Er war in Gandahar und brachte ein Regiment Elefantenreiterei zum Kampfplatz.«
»Das dürfte die Dämonen nicht weiter stören.«
»Sie sind nicht mehr dort. Zandramas hat einen anderen Dämonenherrscher beschworen – Mordja heißt er – , dem ist es gelungen, Nahaz vom Schlachtfeld wegzulocken. Sie kämpfen irgendwo anders gegeneinander.«
Belgarath kratzte sich an einer bärtigen Wange. »Wie gut ist diese Elefantenreiterei aus Gandahar?« fragte er Silk.
»Fast unschlagbar«, antwortete Silk. »Sie hüllen ihre Tiere in Kettenrü-
stung und trampeln mit ihnen durch feindliche Truppen. Wenn die Dä-
monen das Schlachtfeld tatsächlich verlassen haben, hat Urvons Armee keine Chance.«
»Es sind ohnehin zu viele Leute in diesem Rennen«, brummte Belgarath.
»Überqueren wir den Magan und überlassen sämtliche Armeen sich selbst.«
Sie frühstückten und verließen den Hof, als das erste Grau den Osthori-zont färbte. Seltsamerweise fühlte sich Garion nicht müde, obwohl er in dieser Nacht kaum geschlafen hatte. So viel war seit Sonnenuntergang geschehen, und er mußte sich viel durch den Kopf gehen lassen.
Die Sonne war aufgegangen, als sie den Magan erreichten. Toths gesti-kulierten Anweisungen folgend, ritten sie langsam südwärts und hielten Ausschau nach einem Dorf, wo sie vielleicht ein Boot finden konnten, das groß genug war, sie nach Darshiva überzusetzen. Der Tag war warm, und Gras und Bäume waren durch das Gewitter des vergangenen Abends von frischem Grün.
Sie erreichten eine kleine Ortschaft mit lehmverputzten Hütten auf Pfählen und wackligen Bootsstegen, die weit in den Fluß hinausragten. Ein einsamer Fischer saß auf einem Steg und hielt eine lange Rohrangel vor sich
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