Zauberin von Darshiva
erwiderte er. »Keiner von ihnen wird imstande sein, zu erkennen, wer so laut denkt. Sie werden alle annehmen, daß es irgendeiner der ihren ist.«
Langsam ritten sie dahin, und alle blickten immer wieder auf den alten Zauberer. »Norden!« rief er plötzlich. »Beldin hat die Schlucht gefunden, wo sie den Hinterhalt vorbereiten. Sie liegt hinter uns. Wenn wir jetzt scharf weiterreiten, sind wir bald außer Reichweite beider Armeen.«
»Warum tun wir es dann nicht?« meinte Silk.
23
ie galoppierten südwärts durch die trostlose Landschaft von SWestdarshiva, und Sammet führte wieder Ce’Nedras Pferd. Die kleine Königin klammerte sich mit einer Hand an die Wagenseite, mit der anderen hielt sie das Amulett. »Die Darshiver wissen immer noch nicht, daß Urvons Armee ihnen auflauert«, rief sie.
»Ich nehme an, das werden sie bald genug herausfinden«, rief Silk zu-rück.
»Wie weit ist es bis zur Grenze von Gandahar?« fragte Garion Zakath.
»Etwa sechzig Meilen, schätze ich.«
»Großvater«, fragte Garion, »müssen wir wirklich so weit nach Süden?«
»Wahrscheinlich nicht«, antwortete der alte Mann. »Beldin fliegt voraus.
Sobald wir an Urvons Kundschaftern vorbei sind, führt er uns in die Berge. Ich habe keine große Lust auf einen Abstecher nach Gandahar, du?«
»Wahrhaftig nicht.«
Sie ritten weiter.
Die Wolkendecke wurde zusehends dicker, und Garion spürte bereits die ersten Tropfen eiskalten Regens im Gesicht.
Als sie einen Kamm erreichten, richtete sich Belgarath in seinen Steigbü-
geln auf, um besser sehen zu können, was vor ihnen lag. »Dort!« Er deutete. »Er kreist!«
Garion spähte über das flache Tal auf der anderen Seite des Kammes.
Ein Vogel, kaum mehr als ein winziger schwarzer Punkt in der Ferne, kreiste einsam, fast gemächlich in der Luft. Sie ritten den Hang hinunter, da flog der Vogel mit langsamen Flügelschlägen westwärts. Sie wendeten und folgten.
Der leichte Regen wurde zu eisigem Nieseln, das die Gegend in einen feinen Schleier hüllte.
»Ist es nicht ein wahres Vergnügen, im Regen zu reiten?« sagte Silk ironisch.
»Unter den Umständen, ja«, erwiderte Sadi. »Regen ist zwar nicht ganz so geeignet wie Nebel, aber auch er beschränkt die Sicht, und immerhin halten alle möglichen Leute nach uns Ausschau.«
»Da habt Ihr auch wieder recht«, gab Silk zu und zog den Umhang enger um sich.
Das Gelände wurde zusehends schroffer, und überall ragten verwitterte Felsblöcke aus dem Boden. Nach etwa einer halben Stunde führte Beldin sie in eine enge Klamm, deren Wände, je weiter sie kamen, immer steiler und höher wurden, und bald ritten sie eine schmale, felsige Kluft hinauf.
Inzwischen war es Nachmittag, und sie alle waren durchnäßt. Garion wischte sich das Gesicht ab und spähte voraus. Im Westen schien der Himmel heller zu werden; es versprach aufzuklaren. Er war sich vielleicht gar nicht wirklich bewußt gewesen, wie sehr das allgegenwärtige Grau in Darshiva ihn bedrückt hatte. Er trieb Chretienne an. Irgendwie hatte er das Gefühl, daß sie in Sicherheit sein würden, sobald sie Sonnenschein erreichten.
Er kam um eine Biegung der Kluft und sah Beldin ein Stück entfernt auf dem Weg stehen. Das filzige Haar hing in triefenden Strähnen um seine Schultern, und auch von seinem Bart troff es. »Ihr reitet jetzt besser langsamer«, brummte er, als sie ihn erreichten. »Ich konnte euch schon aus einer Entfernung von einer Meile hören, und wir sind hier im Vorgebirge nicht allein.«
Bedauernd zügelte Garion Chretienne.
»Wo führt diese Kluft eigentlich hin?« fragte Belgarath den Buckligen.
»Sie schlängelt sich ein gutes Stück dahin, aber schließlich kommt man zu einem Grat, der von Norden nach Süden verläuft. Wenn wir ihm nordwärts folgen, gelangen wir zur Hauptroute der Karawanen. Das ist der schnellste Weg hinunter nach Dalasien.«
»Aber das wissen auch alle anderen!«
»Stimmt. Doch werden wir wenigstens einen Vorsprung von einem Tag haben. Sie müssen erst noch ihre Schlacht schlagen.«
»Wirst du wieder vorausfliegen?«
»Nicht, solange es so regnet. Meine Federn sind naß. Um mich vom Boden zu kriegen, brauchte man einen Bockkran. Übrigens, wenn wir diesen Grat erreichen, müssen wir sehr vorsichtig sein. Etwa sechs Meilen im Norden führt der Weg nur mit etwa einer Meile Abstand an der Stelle vorbei, wo Nahaz seinen Hinterhalt bereitet hat.«
»Deine Wahl unserer Strecke läßt eine Menge zu wünschen übrig«, rüg-te
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