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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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er wissen. ›Er sieht genauso aus wie meine Jungen, aber ist nur halb so groß! Gebt ihr ihm kein Fleisch? Isst er nicht gut?‹ Dann zog er mich zu sich und betastete meinen Arm, als müsste ich für ein Festmahl gemästet werden. Damals schämte ich mich wegen meiner Größe, als wäre sie ein Makel. Seit ich der Priesterschaft übergeben wurde, habe ich ihn weniger gesehen, aber mein Eindruck von ihm hat sich nicht geändert. Aber es ist nicht mein Großvater, den ich fürchte und auch nicht die Totenwache. Es ist das Heimkommen, Berandol. Es ist dort so… lärmig.«
    Berandol schnitt eine mitfühlende Grimasse.
    »Ich glaube, ich habe erst denken gelernt, nachdem ich hierhergekommen bin«, fuhr Wintrow fort. »Dort war es zu laut und zu geschäftig. Ich hatte nie die Zeit nachzudenken. Von dem Augenblick an, als uns unser Kindermädchen morgens aus dem Bett gescheucht hat, bis zum Abend, wenn wir gebadet, angezogen und wieder ins Bett gesteckt wurden, waren wir in Bewegung. Wir wurden angezogen und auf Ausflüge mitgenommen, wurden unterrichtet und bekamen zu essen, besuchten Freunde, wurden wieder umgezogen und bekamen noch mehr zu essen… es war endlos. Weißt du, als ich zuerst hierherkam, habe ich meine Zelle zwei Tage lang nicht verlassen. Ohne mein Kindermädchen oder meine Großmutter oder meine Mutter, die mich herumscheuchten, wusste ich nichts mit mir anzufangen. Und außerdem waren meine Schwester und ich so lange eine Einheit gewesen. ›Die Kinder‹ brauchten ihren Mittagsschlaf, ›die Kinder‹ brauchten ihr Mittagessen. Als man uns trennte, hatte ich das Gefühl, als verlöre ich die Hälfte meines Körpers.«
    Berandol lächelte anerkennend. »So ist es also, ein Vestrit zu sein. Ich habe mich immer gefragt, wie die Kinder der alten Händlerfamilien von Bingtown leben. Bei mir war es ganz anders und dennoch sehr ähnlich. Wir waren Schweinehirten, meine ganze Familie. Ich hatte weder Kindermädchen, noch wurde ich auf Ausflüge mitgenommen, aber es warteten immer genug Pflichten, die uns auf Trab hielten. Wenn ich zurückblicke, dann haben wir die meiste Zeit einfach versucht zu überleben. Wir haben das Essen gestreckt, Dinge repariert, die zu reparieren sich sonst längst niemand mehr die Mühe gemacht hätte, uns um die Schweine gekümmert… Ich glaube, das Borstenvieh hat eine bessere Behandlung bekommen als alle anderen. Und niemand verschwendete einen Gedanken daran, ein Kind für die Priesterschaft aufzugeben. Dann wurde meine Mutter krank und mein Vater legte ein Gelübde ab. Wenn sie überlebte, würde er eines seiner Kinder Sa schenken. Sie überlebte, und man schickte mich fort. Ich war sozusagen das Jüngste im Wurf. Das jüngste überlebende Kind und dann auch noch mit einem zurückgebliebenem Arm. Es war ein Opfer für sie, davon bin ich überzeugt, aber sicher war es nicht so groß, wie etwa einen meiner strammen Brüder zu verlieren.«
    »Du hattest einen schwachen Arm?«, fragte Wintrow überrascht.
    »Ja. Ich bin einmal darauf gefallen, als ich noch klein war, und es hat lange gedauert, bis er heilte. Danach war er nie mehr so stark, wie er hätte sein sollen. Aber die Priester haben mich kuriert. Sie steckten mich in die Bewässerungsmannschaft des Obstgartens. Der leitende Priester gab mir zwei unterschiedliche Eimer und ließ mich den schwereren mit meinem schwächeren Arm tragen. Erst dachte ich, er wäre verrückt. Meine Eltern hatten mich immer gelehrt, den stärkeren Arm für alles zu benutzen. Nun, das war meine erste Einführung in Sas Gebote.«
    Wintrow dachte einen Augenblick stirnrunzelnd nach und lächelte dann. »Denn der Schwächste muss nur versuchen, seine Stärke zu finden, und dann wird auch er stark werden.«
    »Ganz genau.«
    Der Priester deutete auf ein niedriges, langgestrecktes Gebäude vor ihnen. Die Zellen der Akolythen waren ihr Ziel gewesen. »Der Bote hierher wurde aufgehalten. Du musst schnell packen und sofort aufbrechen, wenn du den Hafen noch erreichen willst, bevor dein Schiff die Segel setzt. Es ist ein langer Marsch.«
    »Ein Schiff!«
    Die Verzweiflung, die kurzzeitig aus Wintrows Miene verschwunden war, überflutete ihn wieder. »Daran habe ich nicht gedacht. Ich hasse Seereisen. Aber wenn man von Jamaillia nach Bingtown kommen will, dann hat man natürlich keine andere Wahl.«
    Seine Miene wurde finsterer. »Zum Hafen gehen? Haben sie keinen Bediensteten mit einem Pferd für mich bereitgestellt?«
    »Kehrst du so schnell zu den

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