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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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von diesem Zeitvertreib ausgeschlossen, denn obwohl sie ihren Pflichten weiter nachgingen, warfen sie ständig sehnsüchtige Blicke in Richtung ihrer Kameraden. Als die Seeschlangen allmählich satt waren, nahm ihre Aggression ab, und sie waren damit zufrieden, sich abwechselnd füttern zu lassen.
    Noch während die letzten Leichname über Bord gingen, tauchten die ersten Sklaven auf Deck auf. Sie kamen aus den Laderäumen, husteten und blinzelten in die Morgensonne. Sie hüllten ihre Lumpen um ihre ausgemergelten Körper, um sich vor der kühlen Seeluft zu schützen. Je mehr Laderäume geöffnet wurden, desto entsetzlicher wurde der faulige Gestank, als wäre der Geruch ein böser Geist, der zu lange unter Deck eingeschlossen gewesen war. Kennit wurde beinahe übel, als er sah, in welch erbarmungswürdigem Zustand diese Menschen waren. Krankheiten waren ihm schon immer ein Horror gewesen, und er schickte schnell einen Mann zu Sorcor, um ihm zu sagen, dass es Zeit war, die beiden Schiffe voneinander zu lösen. Er wollte gutes, sauberes Meerwasser zwischen sich und dieser pestilenzbefallenen Schaluppe. Sein Bote sprang geradezu begeistert hinüber, weil er offenbar einen genaueren Blick auf das Massaker werfen wollte. Kennit verließ das Achterdeck und ging in seine Kajüte. Dort entzündete er Duftkerzen, um die schleichenden Gerüche von draußen fernzuhalten.
    Einige Augenblicke später klopfte Sorcor an die Tür.
    »Herein«, befahl Kennit barsch.
    Der stämmige Maat trat ein. Seine Hände waren rot, und seine Augen leuchteten. »Ein vollständiger Sieg«, erklärte er atemlos.
    »Ein vollständiger Sieg. Das Schiff ist unser, Sir. Und über dreihundertfünfzig Männer, Frauen und Kinder sind aus den schmutzigen Laderäumen befreit worden.«
    »Noch andere Fracht, die der Rede wert wäre?«, fragte Kennit trocken, als Sorcor Luft holen musste.
    Sorcor grinste. »Der Kapitän schien gute Kleidung zu lieben, Sir. Aber er war ziemlich korpulent, und sein Geschmack, was Farben anging, war eher wild.«
    »Dann entspricht die Kleidung des Toten wohl eher deinem Geschmack.«
    Bei der Kälte in Kennits Stimme nahm Sorcor Haltung an. »Wenn du dein Abenteuer beendet hast, schlage ich vor, dass wir eine kleine Mannschaft an Bord des Schiffes bringen und unsere ›Beute‹ in irgendeinen Hafen segeln. Mehr als diese hölzerne Hülle haben wir ja heute Nacht nicht anzubieten. Wie viele Männer haben wir verloren oder sind verletzt?«
    »Zwei tot, und drei sind ein bisschen zerschnitten.«
    Sorcor schien diese Frage nicht zu mögen. Offenbar war er dumm genug gewesen zu glauben, dass Kennit seinen Überschwang teilte.
    »Ich frage mich, wieviel wir wohl noch durch Krankheiten verlieren. Dieser Gestank allein reicht schon, um einem Ausfluss zu verursachen, ganz zu schweigen von den anderen ansteckenden Krankheiten, die in dieser Schüssel ausgebrütet worden sind.«
    »Es ist kaum die Schuld der Leute, die wir gerettet haben, Sir«, meinte Sorcor steif.
    »Das habe ich auch nicht gesagt. Ich würde es unserer eigenen Dummheit ankreiden. Nun. Wir haben ein Schiff für unsere Mühe bekommen, und vielleicht können wir es auch gegen einen kleinen Obolus verkaufen. Allerdings erst, nachdem wir uns seiner Fracht entledigt und dafür gesorgt haben, dass es gesäubert wird.«
    Er sah Sorcor an und lächelte leicht, als er dann die Frage stellte, auf die er sich schon gefreut hatte. »Was hast du mit diesen armseligen Gestalten vor, die du gerettet hast? Wo sollen wir sie absetzen?«
    »Wir können sie nicht einfach im nächsten Hafen absetzen, Sir. Das wäre Mord. Die eine Hälfte ist krank, die andere schwach, und wir können ihnen nichts dalassen, womit sie sich versorgen könnten, außer vielleicht Schiffszwieback.«
    »Mord?«, fragte Kennit liebenswürdig. »Verstehe, das scheint dir und mir ja etwas ganz Fremdes zu sein. Wenigstens habe ich nicht gerade Seeschlangen mit Menschen gefüttert.«
    »Sie haben bekommen, was sie verdienten.«
    Sorcor wirkte gereizt. »Und sogar noch ein besseres Schicksal als manch anderer, denn sie haben nicht lange leiden müssen!«
    Er schlug mit der Faust in seine Handfläche und starrte seinen Kapitän beinahe wütend an.
    Kennit seufzte leise. »Ach, Sorcor, das bestreite ich doch auch gar nicht. Ich versuche nur, dich daran zu erinnern, dass wir beide, du und ich, Piraten sind. Mörderische Schurken, die die Innere Passage nach Schiffen absuchen, sie entern, plündern und gegen ein Lösegeld

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