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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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helfen?«
    Amber lächelte immer noch. »Dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen.«

    Wintrow schöpfte mit beiden Händen lauwarmes Wasser aus dem Bottich und spritzte es sich ins Gesicht. Seufzend senkte er die Hände ganz hinein und genoss es, wie das Wasser sie kühlte.
    Aufgeplatzte Blasen, so hatte sein Vater ihm versichert, waren nur der Anfang von Schwielen. »Wir haben deine Priesterhände in einer Woche abgehärtet. Du wirst schon sehen«, hatte sein Vater jovial versprochen, als er das letzte Mal von der Existenz seines Sohnes Notiz genommen hatte. Wintrow hatte nicht antworten können.
    Er wusste nicht, wann er das letzte Mal so müde gewesen war.
    Sein Verstand sagte ihm, dass der tiefste Rhythmus seines Körpers gebrochen war. Statt bei Morgengrauen aufzustehen und bei Einbruch der Dämmerung schlafen zu gehen, zwangen ihm sein Vater und der Erste und Zweite Maat einen neuen Rhythmus auf, der aus Wachen und Glocken bestand. Dabei war ihre Grausamkeit vollkommen unnötig. Das Schiff lag immer noch verankert und gut vertäut am Pier, aber trotzdem bestanden sie darauf. Was er zu lernen hatte, war nicht schwer, wenn sie ihn nur zwischen den Lektionen hätten ausruhen lassen. Stattdessen weckten sie ihn zu Zeiten, die keinen Sinn machten, ließen ihn Masten hinauf-und hinunterklettern, Knoten knüpfen und Segeltuch nähen und schrubben und scheuern. Und immer, immer, mit einem Grinsen im Gesicht, mit einem gewissen Hohn bei jedem Befehl. Er war davon überzeugt, dass er mit allem, was sie ihm zumuteten, gut zurechtgekommen wäre, wenn sie ihn nur nicht diesem ständigen Hohn ausgesetzt hätten. Er zog die schmerzenden Hände aus dem Eimer und trocknete sie behutsam an einem zerlumpten Lappen ab.
    Dann sah er sich in dem Kettenschrank um, der mittlerweile sein Heim geworden war. Eine Hängematte aus groben Tauen baumelte quer über eine Ecke. Seine Kleidung teilte sich die Haken mit Leinen. Und selbst das kleinste Stück Tau war jetzt ordentlich zusammengelegt und verstaut. Die aufgeplatzten Blasen an Wintrows Händen legten Zeugnis über seine wiederholten Versuche ab.
    Er holte sein sauberstes Hemd hervor und schlüpfte rasch hinein. Die Hose zu wechseln lohnte sich nicht, obwohl er kurz mit dem Gedanken gespielt hatte. Er hatte seine andere Hose gestern gewaschen, aber in dem engen Umfeld des Lagerraums trocknete sie nur langsam und nahm einen stockigen Geruch an. Er hockte sich hin, weil er nirgendwo bequem sitzen konnte, und stützte den schmerzenden Kopf in die Hände. So wartete er auf den Knall an der Tür, der ihn an den Tisch des Kapitäns rufen würde. Seit er gestern einfach versucht hatte, von dem Schiff wegzugehen, schloss Torg ihn während seiner Ruhezeit in seinem Quartier ein.
    Unglaublicherweise gelang es ihm, trotz seiner hockenden Haltung einzudösen, und er zuckte heftig zusammen, als die Tür aufgerissen wurde. »Der Käpt’n will dich sehen«, begrüßte ihn Torg. Als er sich ab wandte, fügte der haarige, affenähnliche Mann hinzu: »Obwohl es mir ein Rätsel ist, warum dich überhaupt jemand sehen will.«
    Wintrow ignorierte den Seitenhieb und den Aufschrei seiner schmerzenden Gelenke, als er aufstand und dem Mann folgte.
    Während er hinter dem Zweiten Maat herging, versuchte er, seine Schultern zu lockern. Es tat gut, wieder vollkommen aufrecht stehen zu können. Torg warf ihm einen Blick zu. »Beeil dich! Wir haben keine Zeit für deine Trödeleien!«
    Es war mehr sein Körper als sein Geist, der reagierte und versuchte, Schritt zu halten. Obwohl Torg ihm schon mehrmals mit einem geknoteten Seil gedroht hatte, hatte er es dennoch noch nie eingesetzt. Und die Tatsache, dass er ihm nur damit drohte, wenn weder sein Vater noch der Erste Maat an Bord waren, ließ Wintrow vermuten, dass Torg es zwar gern getan hätte, es aber nicht wagte. Trotzdem, es jagte ihm einen Schauer über den Rücken, allein die Fähigkeit zur Grausamkeit in diesem Mann zu spüren.
    Torg führte ihn direkt bis zur Tür des Kapitäns, als könnte er dem Jungen nicht trauen, sich selbst zu melden. Wintrow vermutete, dass er damit ganz recht hatte. Obwohl sein Vater ihn wiederholt daran erinnert hatte, dass Sas Gebote auch Gehorsam und Ehre seinen Eltern gegenüber einschlossen, war Wintrow fest entschlossen, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit das Schiff zu verlassen und auf irgendeinem Weg in sein Kloster zurückzukehren. Manchmal war diese Entschlossenheit das einzige, an dem er sich festhalten

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