Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
Ein Blick genügte, um Altheas voreiligen Entschluss, diese Freigiebigkeit abzulehnen, im Keim zu ersticken. Etwas an ihrer Vielfalt und ihren Formen zog unwillkürlich den Blick an, und sie verlangten geradezu, berührt zu werden. Sie schmeichelten der Hand. Was für eine Vielfalt von Farben, Maserung und Beschaffenheit! Es waren alles große Perlen, mindestens so groß wie Altheas Daumen.
Und jede schien einzigartig zu sein. Einige hatten einfache, abstrakte Formen, andere stellten Tiere oder Blumen dar. Blätter, Vögel, ein Laib Brot, ein Fisch, eine Schildkröte… Althea hatte den Korb genommen und durchwühlte seinen Inhalt, während Amber sie mit merkwürdig leuchtenden Augen betrachtete.
Eine Spinne, ein gewundener Wurm, ein Schiff, ein Wolf, eine Beere, ein Auge, ein pummeliges Baby. Jede einzelne Perle in dem Korb war wunderschön, und Althea begriff plötzlich den Charme dieser Kunstwerke. Es waren Perlen, die nur aus Holz und Kreativität bestanden. Ein anderer Künstler konnte sicher genausogut schnitzen, und auch so schönes Holz konnte woanders gekauft werden, aber noch nie zuvor hatte Althea eine solche Kunstfertigkeit auf so wunderschönem Holz mit einer solchen Präzision angewandt gesehen. Die Perle mit dem springenden Delphin hätte nur ein Delphin sein können: Keine Beere, keine Katze, kein Apfel verbarg sich in diesem Stück Holz. Nur der Delphin war darin enthalten, und nur Amber hatte ihn entdeckt und ihn aus seiner Verborgenheit erlöst.
Althea konnte sich nicht entscheiden, und trotzdem wühlte sie weiter in den Perlen. Sie suchte nach der perfekten Perle.
»Warum möchtest du mir ein Geschenk machen?«, fragte sie plötzlich. Ein kurzer Blick verriet ihr Ambers Stolz auf ihr Handwerk. Sie badete förmlich in Altheas Versunkenheit. Die gelblichen Wangen der Frau glühten beinahe warm, und ihre goldenen Augen leuchteten wie die einer Katze vor dem Feuer.
Als sie redete, drang diese Wärme auch aus ihren Worten. »Ich möchte dich gern zu meiner Freundin machen.«
»Warum?«
»Weil ich sehe, dass du ohne eine Freundin durchs Leben gehst. Du siehst den Fluss der Ereignisse, du kannst sogar erkennen, wie du dich am leichtesten anpassen könntest. Aber du wagst es, dich zu widersetzen. Und warum? Einfach nur, weil du hinsiehst und sagst: ›Dieses Schicksal gefällt mir nicht. Ich werde nicht zulassen, dass es mich ereilt‹.«
Amber schüttelte den Kopf, aber ihr Lächeln machte daraus eine Zustimmung.
»Ich habe immer Menschen bewundert, die das tun können. Es gibt nur so wenige, die es tun. Natürlich wehren sich viele gegen das Gewand, das das Schicksal für sie gewoben hat, rebellieren, aber sie nehmen es trotzdem an, und die meisten tragen es bis zum Ende ihrer Tage. Du dagegen… du würdest lieber nackt in den Sturm hinausgehen.«
Erneut lächelte sie, aber es erlosch genauso schnell, wie es sich gezeigt hatte. »Ich könnte nicht gutheißen, wenn du dies tätest. Deshalb biete ich dir eine Perle an, die du immer tragen kannst.«
»Du klingst wie eine Wahrsagerin«, beschwerte sich Althea, und dann berührten ihre Finger etwas auf dem Boden des Korbes. Sie wusste, dass dies die richtige Perle war, noch bevor sie sie zwischen Daumen und Zeigefinger nahm und herauszog.
Doch als sie sie hochhielt, hätte sie nicht sagen können, warum sie ausgerechnet diese gewählt hatte. Es war ein Ei. Ein einfaches hölzernes Ei, das durchbohrt war, damit man es an einem Band um den Hals oder ums Handgelenk tragen konnte.
Das Holz, dessen Art Althea nicht kannte, schimmerte in einem warmen Braun, und die Maserung lief eher um das Ei herum als von einem Ende zum anderen. Verglichen mit den anderen Schätzen im Korb war es einfach, und doch passte es perfekt in ihre Handfläche, als sie die Finger darum schloss. Es war ein angenehmes Gefühl, als wäre es ein Kätzchen, das gestreichelt werden wollte. »Darf ich diese Perle behalten?«, fragte sie leise und hielt den Atem an.
»Das Ei.«
Amber lächelte erneut. »Das Schlangenei. Ja, das darfst du behalten. Und ob du das darfst.«
»Bist du sicher, dass du nichts dafür haben möchtest?«, fragte Althea. Sie wusste, dass es eine peinliche Frage war, aber etwas an Amber riet ihr, dass es besser war, ihr eine direkte Frage zu stellen, als einen Schnitzer zu machen, wenn sie von einer falschen Voraussetzung ausging.
»Als Gegenleistung«, sagte Amber ruhig, »möchte ich nur, dass du mir erlaubst, dir zu helfen.«
»Wobei zu
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