Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
konnte.
Torg beobachtete ihn, während er an die Tür klopfte und auf die knappe Aufforderung seines Vaters eintrat.
Kyle Haven saß bereits an einem kleinen Tisch. Ein weißes Tischtuch lag darauf, und einige Servierschüsseln waren auf dem Tisch verteilt. Es war für zwei Personen gedeckt, und einen unangenehmen Moment blieb Wintrow in der Tür stehen und fragte sich, ob er ein privates Treffen störte.
»Komm rein«, sagte sein Vater verärgert. »Und schließ die Tür«, fügte er etwas freundlicher hinzu.
Wintrow gehorchte ihm, blieb aber an der Tür stehen. Was erwartete man jetzt von ihm? War er gerufen worden, um seinen Vater und einen Gast zu bedienen? Sein Vater war gut gekleidet, fast formell. Er trug eine enge blaue Hose und eine blaue Jacke über einem cremefarbenen Hemd. Sein Haar war frisch geölt und glänzte wie Gold in dem Licht der Lampe.
»Wintrow, mein Sohn, komm, setz dich und leiste mir Gesellschaft. Vergiss einen Moment, dass ich der Kapitän bin, lass es dir schmecken und lass uns offen miteinander reden.«
Kyle Haven deutete auf den Teller und den Stuhl ihm gegenüber und lächelte herzlich. Doch Wintrow wurde nur noch misstrauischer, als er sich dem Tisch näherte und sich vorsichtig hinsetzte. Er roch das geröstete Lamm, das Rübenmus mit Butter und Apfelsoße und Erbsen mit Minze. Es war schon verblüffend, wie scharf die Nase wahrnahm, wenn man einige Tage nur trockenes, hartes Brot und fettiges Fleisch zu essen bekam. Trotzdem hielt er sich zurück, zwang sich dazu, die Serviette auf seinem Schoß zu entfalten, und wartete auf das Zeichen seines Vaters, sich selbst zu bedienen. Er sagte »bitte«, als sein Vater ihm Wein anbot, und »danke« für jede Schüssel, die ihm gereicht wurde. Er spürte, wie sein Vater ihn beobachtete, machte jedoch keine Anstalten, ihn anzusehen, während er sich den Teller füllte und ihn leerte.
Sollte sein Vater beabsichtigt haben, ihn mit diesem zivilisierten Mahl und dem ruhigen Moment zu bestechen oder ihm damit ein Friedensangebot unterbreiten, war er schlecht beraten. Denn obwohl die Nahrung seinen Bauch füllte und die Umgebung ihn wieder mit einem Gefühl von Normalität erfüllte, spürte Wintrow, wie eine kalte Wut in ihm aufstieg. Da er nicht wusste, was er dem Mann sagen sollte, der seinen Sohn anlächelte, während der wie ein ausgehungerter Hund sein Mahl herunterschlang, zwang er sich zum Schweigen. Er versuchte sich an all das zu erinnern, was man ihn im Kloster über den Umgang mit feindlichen Situationen gelehrt hatte, erinnerte sich daran, dass er Urteil und Handlung vermeiden sollte, bis er die Motivation seines Gegenübers verstand. So aß und trank er schweigend und beobachtete seinen Vater unauffällig unter gesenkten Wimpern. Sein Vater stand tatsächlich selbst auf, um die Teller auf eine Anrichte zu stellen, und bot Wintrow dann eine Schale mit Vanillesoße und Früchten an. »Danke«, sagte Wintrow, der sich mühsam zur Ruhe zwang, während sein Vater ihm die Schüssel vorsetzte.
Etwas an der Art, wie sein Vater sich auf seinem Stuhl zurechtsetzte, sagte ihm, dass jetzt der Moment nahte, wo Sinn und Zweck dieser ganzen Übung verkündet wurden.
»Du hast einen gesunden Appetit entwickelt«, bemerkte Kyle herzlich. »Harte Arbeit und Seeluft bewirken das bei einem Mann.«
»So scheint es«, erwiderte Wintrow gleichmütig.
Sein Vater lachte rau. »Aha. Wir reden immer noch klug, ja?
Komm schon, Junge, ich weiß, dass dies hier hart für dich ist, und vielleicht bist du selbst jetzt noch wütend auf mich. Aber du musst begreifen, dass du dafür bestimmt bist, dies zu tun.
Ehrliche, harte Arbeit, die Gesellschaft anderer Männer und ein wunderschönes Schiff unter vollen Segeln… Aber ich nehme an, dass du das ganze Ausmaß dessen noch nicht begriffen hast. Ich möchte nur, dass du weißt, dass ich das nicht aus Grobheit oder Böswilligkeit mache. Irgendwann wirst du mir dafür danken. Das verspreche ich dir. Wenn wir mit dir fertig sind, kennst du dieses Schiff, wie ein wahrer Kapitän es kennen sollte, denn du wirst jeden Zentimeter auf ihr bearbeitet haben, und es wird keine einzige Aufgabe geben, die du nicht selbst bewältigt hättest.«
Sein Vater hielt inne und lächelte bitter. »Im Gegensatz zu Althea, die nur vorgibt, dieses Wissen zu haben, wirst du es tatsächlich lernen, und zwar nicht nur, wenn es dir gefällt. Sondern so wie ein richtiger Seemann, der jede Minute seiner Wache beschäftigt ist und die
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