Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
durch Bingtown. Seine Seekiste quoll immer über von Geschenken für sie und die Kinder, und er hatte es immer geschafft, dass sie sich wie eine frisch verheiratete Braut fühlte. Seit er jedoch die Viviace übernommen hatte, war er so ernst geworden. Und so… so…
Sie versuchte, das passende Wort zu finden. »Habgierig«, schoss es ihr durch den Kopf, aber das wollte sie nicht gelten lassen. Er ist ganz einfach ein Mann, der Verantwortung übernimmt, sagte sie sich. Und seit dem Tod ihres Vaters hatte er das eben auf alles ausgeweitet. Nicht nur auf das Familienschiff, sondern auch auf den Haushalt, die Besitztümer, die Kinder und sogar, dachte sie traurig, auf ihre Schwester und ihre Mutter.
Früher hatten sie nachts lange geredet, lange Gespräche über nichts Besonderes geführt. Kyle liebte es, die schweren Vorhänge zurückzuziehen, damit das Mondlicht auf das Himmelbett scheinen konnte. Er hatte von der Macht der Stürme gesprochen, die er erlebt hatte, und von der Schönheit der vollen Segel, wenn der Wind richtig stand, während er sie mit den Händen und seinen Blicken liebkoste, die ihr sagten, dass er sie genauso faszinierend fand wie das Meer. Jetzt jedoch sprach er kaum noch über etwas, abgesehen davon, welche Fracht er verkauft und welche Güter er geladen hatte. Immer und immer wieder erinnerte er sie daran, dass der Untergang oder die Blüte des Familienvermögens der Vestrits jetzt auf seinen Schultern ruhte. Und genauso häufig schwor er ihr, dass er den Bingtown-Händlern einiges über scharfsinniges Unternehmertum und cleveren Handel zeigen würde. Die Nächte, in denen sie zusammen waren, gewährten ihr weder Ruhe noch Entspannung. Die Tage verbrachte er bei seinem Schiff im Hafen. Und sie musste verbittert zugeben, dass sie es kaum noch erwarten konnte, bis er endlich in See stach. Wenn er Anker lichtete, dann konnte sie wenigstens etwas vom Frieden eines geregelten Tagesablaufs genießen.
Sie blickte auf, als sie Schritte hörte. Sie hoffte und fürchtete gleichzeitig, dass sie die Rückkehr ihres Ehemanns ankündigten. Stattdessen trat ihre Mutter ein. Sie musterte Keffria und die Essensreste auf dem Tisch mit einem Blick, als wären es bloße Schatten. Dann glitt ihr Blick durch den Raum, als suchte sie nach etwas anderem. Oder jemand anderem.
»Guten Morgen, Mutter«, sagte Keffria.
»Guten Morgen«, antwortete ihre Mutter teilnahmslos. »Ich habe gehört, dass Kyle gegangen ist.«
»Also bist du heruntergekommen«, erwiderte Keffria bitter.
»Mutter, es schmerzt mich, dass du ihm aus dem Weg gehst. Es gibt Dinge, die besprochen werden müssen, Entscheidungen müssen getroffen werden…«
Ihre Mutter lächelte gepresst. »Und solange Kyle da ist, ist das unmöglich. Keffria, ich bin zu erschöpft und traurig, um besonders taktvoll zu sprechen. Dein Ehemann lässt keinen Raum für Diskussionen. Es hat keinen Sinn, dass ich meine Worte an ihn verschwende, weil wir nicht übereinstimmen, und er wird keine Argumente akzeptieren außer seine eigenen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Es scheint, dass ich im Moment nur zwei Gedanken fassen kann. Ich kann um deinen Vater trauern oder mich selbst für das Chaos tadeln, das ich aus dem gemacht habe, was er mir anvertraut hat.«
Trotz ihres eigenen Ärgers mit Kyle verletzten diese Worte Keffria. Als sie antwortete, klang ihre Stimme tief und verriet ihren Schmerz. »Er ist ein guter Mann, Mutter. Er tut nur das, was er für uns alle für das Beste hält.«
»Das mag stimmen, aber es ist nur ein schwacher Trost, Keffria.«
Ronica schüttelte erneut den Kopf. »Dein Vater und ich haben bestimmt geglaubt, dass er ein guter Mann ist, sonst hätten wir deiner Hochzeit mit ihm niemals zugestimmt. Aber damals haben wir nicht einmal die Hälfte von dem vorhersehen können, was jetzt eingetreten ist. Du hättest besser daran getan, einen Mann aus einer alten Händlersippe zu ehelichen. Wir alle wären besser dran, wenn du jemanden geheiratet hättest, dem unsere Lebensart vertraut ist.«
Ihre Mutter kam zu ihr und setzte sich an den Tisch. Sie bewegte sich langsam und steif wie eine alte Frau und wandte ihr Gesicht vom Fenster ab, als blende sie das grelle Sonnenlicht. »Sieh nur, was aus uns geworden ist, trotz Kyles Bemühungen, das Beste für uns zu tun. Althea ist immer noch verschwunden. Und der junge Wintrow wird gegen seinen Willen auf dem Schiff festgehalten. Das ist nicht gut. Weder für ihn noch für das Schiff. Wenn Kyle tatsächlich
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