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Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler

Titel: Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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in der Vergangenheit, den er dafür am häufigsten besuchte. Allerdings war er nicht ganz sicher, warum er dort so oft Zuflucht suchte. Seit ihm seine Logbücher fortgenommen worden waren, hatte sich seine Erinnerung gestreckt und war dünner geworden. Jetzt klafften gewaltige Lücken darin, Orte, an denen er die Ereignisse eines Jahres nicht mit denen des nächsten Jahres in Verbindung bringen konnte. Manchmal glaubte er, dass er vielleicht dankbar dafür sein sollte.
    Also döste er in der Sonne und erinnerte sich an Zufriedenheit und Wärme. Das sanfte Kratzen des Sandes unter seiner Hülle übersetzte sich in eine schwer fassbare, ähnliche Situation, die sich nicht komplett in sein Gedächtnis rufen lassen wollte. Aber er versuchte es auch nicht sonderlich stark. Es reichte ihm, sich an einen uralten Augenblick von Zufriedenheit und Wärme zu klammern.
    Die Stimmen der Männer rissen ihn aus dieser Träumerei.
    »Das ist es? Das liegt hier seit, was sagtest du? Seit dreißig Jahren?«
    Die Worte schwangen in einem unverwechselbaren Akzent. Jamaillianer, dachte Paragon. Und dazu auch noch aus der Hauptstadt Jamailliastadt. Die aus den südlicheren Provinzen verschluckten die Endsilben. Dann erinnerte er sich unwillkürlich an die Quelle seines Wissens.
    »Das ist es«, erwiderte eine andere Stimme. Sie klang älter.
    »Das liegt niemals dreißig Jahre hier«, widersprach der Jüngere. »Ein Schiff, das man aus dem Wasser zieht und dreißig Jahre auf einem Strand lässt, wäre ein wurmstichiger Haufen voller Entenmuscheln.«
    »Es sei denn, es ist aus Hexenholz gemacht«, antwortete der Ältere. »Zauberschiffe verrotten nicht, Mingsleh. Und weder Muscheln noch Holzwürmer finden sie sonderlich appetitlich. Das ist nur einer der Gründe, warum diese Schiffe so teuer sind – und so begehrt. Sie halten Generationen lang, mit erheblich weniger Wartung des Rumpfes, als ein gewöhnliches Schiff benötigt. Sie schreien einen Steuermann an, wenn sie ein Hindernis vor sich sehen. Einige von ihnen segeln nahezu selbständig. Welches andere Schiff kann dich schon warnen, dass sich die Ladung verschoben hat oder dass du Gefahr läufst, es zu überladen? Ein Schiff aus Hexenholz auf See ist ein wahres Wunder! Welches andere Schiff…«
    »Klar doch. Dann sag mir einfach, warum man dies hier herausgezogen und verlassen hat?«
    Die Stimme des Jüngeren klang außerordentlich skeptisch. Er traute seinem älteren Führer nicht, soviel war klar.
    Paragon konnte beinahe hören, wie der ältere Mann mit den Schultern zuckte. »Du weißt ja, wie abergläubisch Seeleute sind. Das Schiff hat den Ruf, Unglück zu bringen. Und zwar schlimmes Unglück. Ich kann es dir ruhig erzählen, denn wenn du es nicht von mir erfährst, dann von jemand anderem. Er hat eine Menge Leute getötet, der Paragon . Einschließlich seines Besitzers und dessen Sohn.«
    »Hm.«
    Mingsleh schien nachzudenken. »Wenn ich es dir abkaufen würde, dann wohl kaum als ein intaktes Schiff. Und ich würde ganz bestimmt nicht erwarten, den Preis für ein intaktes Schiff dafür bezahlen zu müssen. Ehrlich gesagt bin ich nur an dem Holz interessiert. Ich habe eine Menge merkwürdiger Dinge darüber gehört, und zwar nicht nur, dass Zauberschiffe erwachen und sich dann bewegen und sprechen können. Das habe ich schon unten am Hafen gesehen.
    Allerdings ist so ein Emporkömmling wie ich an der Nordwand, wo die Zauberschiffe ankern, nicht gerade gern gesehen. Aber ich habe miterlebt, wie sie sich bewegen und sprechen. Wenn man eine ganze Galionsfigur dazu bringen kann, dann denke ich mir, dass man das auch mit einem kleineren geschnitzten Stück aus demselben Holz machen kann. Weißt du, wieviel sie für so etwas in Jamailliastadt bezahlen würden? Eine Schnitzerei, die sich bewegt und auch noch sprechen kann?«
    »Ich habe keine Ahnung«, erwiderte der Ältere bescheiden.
    Der Jüngere lachte verächtlich. »Natürlich nicht! Das ist dir nie in den Sinn gekommen, oder? Komm schon Mann, sei ehrlich zu mir! Warum hat das noch nie zuvor jemand getan?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Der Ältere sprach zu hastig, um aufrichtig zu sein.
    »Klar doch«, erwiderte Mingsleh ungläubig. »All die Jahre liegt Bingtown nun schon an den Verwunschenen Ufern, und keiner hat jemals daran gedacht, Hexenholz an jemand anderen als an die Einwohner von Bingtown zu verkaufen. Und dann auch nur als Schiffe. Was ist der eigentliche Haken? Muss es erst so groß sein, bevor es erwacht? Oder muss es

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