Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
zu husten. Sie dachte, dass er sich langsam erholte, nur hatte er einfach nichts mehr tun können. Zuerst war er völlig außer Atem, wenn er das Haus durchquert hatte. Schon bald blieb er stehen und rang auf dem Weg zwischen der Schlafzimmertür und dem Salon nach Luft. Als es Frühling wurde, konnte er selbst diese Strecke nicht mehr zurücklegen, es sei denn, er stützte sich auf ihren Arm.
Wenigstens war er jetzt zur Blüte ihres Hochzeitsbaumes zu Hause. Und als es wärmer wurde, hatte der Baum Knospen getrieben. In den folgenden Wochen hatte sich Ephrons Zustand zwar nicht direkt verbessert, aber wenigstens auch nicht weiter verschlechtert. Sie saß in seinem Zimmer und nähte oder führte die Bücher, während er den Leuten zusah oder Strohmatten für die Türschwellen knüpfte. Sie hatten über die Zukunft gesprochen, und er hatte sich wegen seinem Schiff und seiner Tochter gegrämt. Wenn sie sich jemals uneinig waren, dann immer wegen Althea. Aber das war nichts Neues.
Sie hatten sich wegen ihr gestritten, seit sie das Kind bekommen hatten.
Ephron wollte einfach nicht zugeben, dass er ihr jüngstes Kind verzog. Die Blutpest hatte ihre Jungen dahingerafft, einen nach dem anderen, damals, in diesem höllischen Seuchenjahr. Selbst jetzt, fast zwanzig Jahre später, spürte Ronica einen Druck um ihr Herz, wenn sie daran dachte. Drei Söhne, drei kluge kleine Kerle, und alle wurden ihnen in weniger als einer Woche genommen. Keffria hatte die Seuche nur knapp überlebt. Ronica glaubte, sie würde verrückt werden, mitansehen zu müssen, wie der Familienstammbaum all seiner männlichen Blüten beraubt wurde. Stattdessen hatte Ephron plötzlich seine ganze Aufmerksamkeit und alle Hoffnung auf das Baby gerichtet, das geschützt in ihrem Leib heranwuchs. Er war so aufmerksam gewesen wie noch bei keiner anderen Schwangerschaft und hatte sogar das Schiff zwei Wochen länger an Land liegen lassen, nur um sicherzugehen, dass er bei der Entbindung dabei war.
Als das Baby sich als Mädchen herausstellte, hatte Ronica erwartet, dass Ephron verbittert reagieren würde. Doch im Gegenteil: Er hatte ihre junge Tochter mit Aufmerksamkeit geradezu überhäuft, als könnte er so irgendwie einen Mann aus ihr machen. Er hatte ihre Wildheit und Dickköpfigkeit unterstützt, bis Ronica fast an ihr verzweifelte. Dabei hatte Ephron immer abgestritten, dass es etwas anderes wäre als kindlicher Übermut. Er schlug ihr nichts ab, und als Althea eines Tages verlangte, mit ihm auf die nächste Reise gehen zu dürfen, hatte Ephron selbst diesem unerhörten Begehren nachgegeben.
Es war nur eine kurze Fahrt gewesen, und Ronica hatte das Schiff am Hafen erwartet. Sie war überzeugt, dass sie ein Mädchen zurückbekam, das mehr als genug von den rauhen Lebensbedingungen an Bord hatte. Stattdessen jedoch hatte sie ein wildes Äffchen in den Wanten herumklettern sehen, die ihr schwarzes Haar zu einem borstigen Gestrüpp gestutzt hatte und barfuß und mit nackten Armen herumturnte. Seit damals war sie immer wieder mit ihrem Vater mitgesegelt. Und jetzt segelte sie sogar ohne ihn.
Sie hatten sich auch darüber gestritten. Es hatte all ihre Überredungskünste gebraucht, bis sie ihn dazu brachte, eine Weile zu Hause zu bleiben. Ronica war natürlich davon ausgegangen, dass Althea ebenfalls zu Hause bleiben würde. Was blieb ihr schon auf dem Schiff ohne ihren Vater zu tun? Als sie das Ephron vorgeschlagen hatte, war er entsetzt gewesen.
»Unser Familienschiff soll den Hafen verlassen, ohne dass unser Blut an Bord ist? Weißt du denn nicht, was du damit für ein Unglück heraufbeschwörst, Frau?«
»Die Viviace ist noch nicht erwacht. Bestimmt genügt auch Kyle an Bord. Schließlich hat er in unsere Familie eingeheiratet. Er ist seit fast fünfzehn Jahren Keffrias Ehemann! Lass Althea eine Weile zu Hause. Es würde ihrem Haar und ihrer Haut unendlich guttun und ihr eine Chance bieten, sich in der Stadt sehen zu lassen. Sie kommt allmählich in das heiratsfähige Alter, Ephron, oder zumindest sollte sie sich den Hof machen lassen. Aber dafür muss sie sich auch zeigen. Sie taucht nur ein-oder zweimal auf, ein Frühlingsball in dem einen Jahr, ein Erntedankball im nächsten. Die Leute erkennen sie nicht einmal, wenn sie über die Straße geht. Und wenn die jungen Männer der alten Händlerfamilien sie sehen, dann trägt sie Hose und Jacke, hat ihr Haar zu einem Zopf gebunden, und ihre Haut sieht aus wie gebräuntes Leder. Es ist nicht gerade
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