Zauberschiffe 01 - Der Ring der Händler
niemals geschätzt habe«, sagte er leise, als antworte er damit auf ihre Gedanken.
»Unseren Erstgeborenen dem Dienst an Sa zu weihen… Das können sich die reichen Familien aus Jamaillia leisten. Sie zeigen, wie wohlhabend sie sind, indem sie die Arbeitskraft eines Sohnes aufgeben und sich nichts dabei denken. Bei uns ist das aber nicht der Fall, Liebes. Aber ich wusste, wie gern du es wolltest, also habe ich versucht, dir deinen Willen zu lassen.
Wir haben den Jungen ins Kloster geschickt. Und wenn dein Vater noch ein paar Jahre gelebt hätte, hätten sie ihn von mir aus auch behalten können. Aber das hat er nicht. Seiden ist noch zu jung, um mitzusegeln. Die einfache und schlichte Wahrheit ist, dass diese Familie Wintrow viel mehr braucht als irgendein Kloster in Jamaillia. Sa sorgt für uns, sagst du immer.
Nun, dann sieh es doch ganz einfach so: Er hat uns einen Sohn geschenkt, vor dreizehn Jahren. Und jetzt brauchen wir ihn.«
»Aber wir haben ihn doch versprochen«, entgegnete sie leise. In ihr tobte ein Tumult. Es hatte ihr soviel bedeutet, dass Wintrow Priester wurde und Sa geweiht wurde. Nicht alle Jungen, die man darbot, wurden auch akzeptiert. Einige wurden mit dem Dank des Klosters an die Eltern zurückgegeben, aber ein höflicher Brief erklärte dann, dass ihr Sohn nicht so recht für eine Priesterschaft geeignet wäre. Wintrow war nicht zurückgegeben worden. Nein, man hatte ihn von Anfang an geschätzt, er hatte schon bald seine braune Novizenrobe bekommen und war von dem abgelegenen Kloster Kali nach Kelpiton gebracht worden, auf der Halbinsel Marrow. Die Priester schickten nicht oft Berichte, aber diejenigen, die sie erhielten, waren glänzend. Sie verwahrte sie in einer Ecke in ihrer Kleiderkiste, zusammengebunden mit den goldenen Schleifen, mit denen sie ursprünglich versehen worden waren.
»Du hast ihn versprochen«, sagte Kyle. »Nicht ich. So. Lass mich aufstehen.«
Er löste sich aus ihren Armen und stand auf.
Sein Körper glänzte im Mondlicht wie geschnitztes Elfenbein. Er suchte am Fußende nach seinem Nachthemd und zog es sich über den Kopf.
»Wohin gehst du?«, fragte sie ruhig. Sie wusste, dass ihr Kommentar ihn verstimmt hatte, aber noch nie hatte er ihr Bett verlassen, um woanders zu schlafen.
Er kannte sie so gut. Als ob er ihre Sorge spürte, bückte er sich und strich ihr das Haar aus dem Gesicht. »Ich komme zurück. Ich sehe nur einmal in Altheas Zimmer nach, ob sie schon da ist.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich kann ihre Verrücktheit kaum fassen. Hoffentlich macht sie heute Nacht in Bingtown kein Schauspiel aus sich. Wenn sie ein bisschen getrunken hat, dann ist sie fähig, beinahe alles auszusprechen. Und ein Skandal ist so ziemlich das Letzte, was wir jetzt brauchen können. Die Familie muss als stabil und einig angesehen werden, bis wir diese finanziellen Probleme unter Kontrolle bekommen. Wildes Geschwätz von Althea kann dazu führen, dass unsere Gläubiger plötzlich in Panik geraten und denken, dass sie lieber aus uns herausholen, was geht, solange sie es noch können. Ach, was soll’s? Wir hatten heute Nacht genug Sorgen und Leid. Versuch zu schlafen. Ich bin gleich wieder da, so oder so.«
Brashen fürchtete eine Weile, dass Althea sein Angebot, sie zu begleiten, ablehnen würde. Sie schwankte leicht, als sie ihn mit trübem Blick musterte. Er erwiderte ihn gelassen. Sa, sie war vielleicht ein Anblick! Ihr Haar hatte sich gelöst und hing ihr über Stirn und Schultern. Ihr Gesicht war von Staub und Tränen verschmiert. Nur ihr Kleid verriet eine gewisse Vornehmheit. Im Moment, dachte er gereizt, sieht sie eher aus wie ein Flittchen, das auf einen Streit aus ist, als wie die stolze Tochter einer alten Händler-Familie aus Bingtown. Wenn sie versuchte, allein nach Hause zu gehen, konnte ihr auf dem rauhen Nachtmarkt alles mögliche zustoßen.
Aber dann seufzte sie laut. »Aye«, sagte sie und hakte sich mit einem weiteren Seufzer bei ihm ein. Sie stützte sich schwer auf ihn, und er war froh, dass er seinen Seesack schon früher am Abend verstaut hatte. Der Tavernenwirt, der ihn für ihn aufbewahrte, kannte ihn gut, und er hatte sich von einigen kleineren Münzen getrennt, um seine Sicherheit zu garantieren.
Er mochte gar nicht daran denken, wieviel Geld er ausgegeben hatte, während er ihr von Taverne zu Taverne gefolgt war.
Sicher mehr, als er ursprünglich vorgehabt hatte, aber immer noch weniger, als er für eine normale Nacht in der Stadt
Weitere Kostenlose Bücher