Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
Mannschaft der Marietta war der der Sicerna zahlenmäßig mindestens dreifach überlegen. Die Verteidiger, die sich dem Kampf stellten, waren zwar gut bewaffnet, aber sehr ungeschickt im Umgang mit ihren Waffen. Kennit zog sein Schwert und sprang über den schmalen Spalt, der die beiden Schiffe trennte. Er landete und trat einem Seemann ins Gesicht, während der noch mit seinem eigenen Bogen kämpfte. Ein Pfeil steckte in seiner Schulter. Der Mann ging zu Boden, und einer von Kennits Leuten erstach ihn. Kennit wirbelte zu ihm herum.
»Lasst drei am Leben!«, fauchte er ihn wütend an. Ansonsten stellte sich ihm niemand entgegen, und mit gezogenem Schwert suchte er den Kapitän des Sklavenschiffes.
Er fand ihn auf der anderen Seite. Er, der Maat und zwei weitere Seeleute versuchten hastig, das Rettungsboot zu Wasser zu lassen. Es schwang an einem Davitshaken über der Wasseroberfläche, aber eine der Leinen klemmte. Kennit schüttelte den Kopf. Das ganze Schiff war verwahrlost. Es war nicht überraschend, dass ein Flaschenzug klemmte, wenn sie nicht einmal ihr Deck sauber halten konnten.
»Er klemmt!«, rief er lächelnd.
»Bleibt weg!«, warnte ihn der Kapitän der Sicerna und hob eine Armbrust.
Kennit verlor sofort jeglichen Respekt vor ihm. Es hätte ihn weit mehr beeindruckt, wenn der Mann sofort gehandelt hätte, statt erst lange zu drohen. Und dann erhob sich der geschwungene Hals der Seeschlange aus den Fluten. Vielleicht wollte der Mann seinen Bolzen nicht verschießen, bevor er nicht wusste, welches Ziel gefährlicher war. Als der Kopf der Seeschlange auftauchte, sah Kennit den Leichnam eines Sklaven zwischen ihren Fängen. Zwei Ketten hingen von ihm herunter.
Auf der einen Seite umschlang eine Kette immer noch Hand und Arm des Unglücklichen. Die andere Fessel war leer.
Plötzlich schüttelte die Seeschlange den Körper und warf ihn dann kurz hoch. Die großen Kiefer packten ihre Beute fester und trennten die gefesselten Arme in Ellenbogenhöhe ab. Die Kette fiel platschend ins Wasser. Die Schlange warf den Kopf in den Nacken und verschlang den Rest des Leichnams. Als die nackten Füße in ihrem Schlund verschwanden, schüttelte sie erneut den Kopf. Dann beäugte sie interessiert die Männer in dem Boot.
Einer der Seeleute schrie entsetzt auf. Der Kapitän zielte mit der Armbrust auf das große Auge des Monsters.
Als die Armbrust nicht mehr auf seine Brust gerichtet war, sprang Kennit vor und setzte die Klinge an die blockierende Leine, die das Boot hielt. »Legt die Waffe weg und kommt zurück an Bord!«, befahl Kennit dem Kapitän. »Oder ich verfüttere Euch sofort an die Seeschlange!«
Der Mann spie nach Kennit und feuerte den Bolzen unbeirrt in das grüne Auge der Schlange. Der Bolzen drang bis in das Gehirn der Kreatur. Kennit vermutete, dass der Mann nicht seine erste Seeschlange erschossen hatte. Als die Kreatur um sich schlug und kreischte, zog der Mann sein Schwert und begann, unmittelbar über dem Haken des Boots auf die Leine einzuschlagen. »Wir versuchen lieber unser Glück mit den Seeschlangen, du Mistkerl!«, schrie er Kennit zu, während das Biest im Meer versank. »Rodel, kapp das Seil!«
Rodel jedoch schien den Optimismus seines Kapitäns, was Seeschlangen anging, nicht zu teilen. Der Seemann stieß einen entsetzten Schrei aus und warf sich aus dem Boot an Deck.
Kennit setzte ihn mit einem Streich über die Beine außer Gefecht und widmete seine Aufmerksamkeit dann wieder dem Beiboot. Er ignorierte die Schreie des Seemanns, der sich an Deck wand und vergeblich versuchte, die Flut von Blut einzudämmen, die aus den klaffenden Wunden an seinen Beinen strömte.
Mit einem Satz sprang Kennit in das schwankende Boot und setzte dem Kapitän die Klinge an den Hals. »Zurück«, befahl er mit einem Lächeln. »Oder sterbt auf der Stelle!«
Plötzlich gab der Flaschenzug nach. Ein Ende des Boots senkte sich abrupt herunter, und die Seeleute fielen ins Meer. Im gleichen Moment tauchte die Seeschlange noch einmal auf.
Kennit war behende wie eine Katze und hatte Glück. Er konnte sich aus dem fallenden Boot retten. Er packte die Reling der Sicerna zunächst mit einer und dann auch mit der anderen Hand. Gerade wollte er seine frei baumelnden Beine an Bord ziehen, als die Seeschlange auftauchte und ihn betrachtete. Aus ihrem zerstörten Auge rannen Eiter und Blut. Sie riss ihr Maul auf und kreischte. Es war ein wütendes und verzweifeltes Geräusch. Ihr blindes Auge war den Männern
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