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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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verringerte allmählich den Abstand zwischen den beiden Schiffen, und der Gestank des Sklavenschiffes wurde vom Wind zur Marietta herübergeweht. Kennit zog ein lavendelgetränktes Taschentuch aus dem Ärmel und hielt es sich an die Nase, um den üblen Geruch zu überdecken.
    »Sorcor! Ich will mit dir reden!«, rief er.
    Der Maat tauchte fast augenblicklich an seiner Seite auf.
    »Käpt’n?«
    »Ich glaube, ich sollte diesmal die Männer anführen. Sag es ihnen. Und ich will mindestens drei Mannschaftsmitglieder lebend in die Finger bekommen. Möglichst die Maate. Ich will ihnen ein paar Fragen stellen, bevor wir sie an die Seeschlangen verfüttern.«
    »Ich gebe es an die Mannschaft weiter, Sir. Aber es wird nicht leicht sein, sie zurückzuhalten.«
    »Ich vertraue fest darauf, dass sie es schaffen«, bemerkte Kennit. Sein Tonfall ließ keinen Zweifel über die Konsequenzen bei Ungehorsam.
    »Sir«, erwiderte Sorcor und teilte den Leuten auf Deck und der Entermannschaft, die unter Deck wartete, Kennits Befehl mit.
    Etta wartete, bis Sorcor außer Hörweite war. »Warum wollt Ihr Euer Leben riskieren?«, fragte sie dann leise.
    »Riskieren?«
    Er dachte einen Moment nach. »Warum interessiert dich das?«, stellte er dann eine Gegenfrage.
    »Fürchtest du, was dir widerfährt, wenn ich getötet werde?«
    Sie presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und drehte sich von ihm weg. »Ja«, sagte sie leise.
    »Aber nicht so, wie Ihr glaubt.«
    Sie waren in Rufweite herangekommen, als der Kapitän der Sicerna etwas zu ihnen herüberschrie.
    »Bleibt weg!«, brüllte er. »Wir wissen, wer Ihr seid, ganz gleich, welche Flagge Ihr zeigt.«
    Kennit und Sorcor wechselten einen Blick. Kennit zuckte mit den Schultern.
    »Die Maskerade endet diesmal früh.«
    »Alle Mann an Deck!«, brüllte Sorcor. »Holt die Schleppanker ein!«
    Die Decks der Marietta hallten von den Schritten der eifrigen Matrosen wider. Die Piraten drängelten sich an der Reling und hielten Enterleinen und Bögen bereit. Kennit formte mit den Händen einen Trichter vor seinem Mund. »Ihr könnt Euch ergeben!«, rief er dem Mann zu, als sich die schnellere Marietta ihrer Beute näherte.
    Statt einer Antwort bellte der Mann selbst einen Befehl. Sechs kräftige Seeleute packten einen Anker, der an Deck gelegen hatte. Schreie ertönten, als sie ihn über Bord hievten. Er riss eine Gruppe von Menschen mit sich. Es sah fast so aus, als wären sie freiwillig gesprungen. Sie verschwanden sofort, und ihre Schreie erstarben. Sorcor erschrak. Selbst Kennit musste die Rücksichtslosigkeit des Kapitäns unwillkürlich bewundern.
    »Das waren fünf Sklaven!«, schrie der Kapitän der Sicerna . »Bleibt zurück! An der nächsten Kette hängen zwanzig Sklaven!«
    »Wahrscheinlich die Kranken, die seiner Meinung nach die Fahrt ohnehin nicht überstehen«, vermutete Kennit. Vom Deck des anderen Schiffes drangen Schreie herüber. Einige klangen flehentlich, andere entsetzt oder wütend.
    »In Sas Namen, was sollen wir tun?«, meinte Sorcor. »Diese armen Teufel!«
    »Wir geben nicht nach!«, erwiderte Kennit ruhig. »Sicerna!« , rief er laut. »Wenn diese Sklaven über Bord gehen, zahlt Ihr mit Eurem eigenen Leben dafür!«
    Der andere Kapitän warf den Kopf in den Nacken und lachte so schallend, dass das Geräusch klar und deutlich über das Wasser drang. »Als wenn Ihr einen von uns am Leben lassen würdet! Lasst es bleiben, Pirat, sonst sterben auch diese zwanzig!«
    Kennit sah die Qual in Sorcors Gesicht. Er zuckte mit den Schultern. »Schließt auf! Enterleinen auswerfen!«, schrie er.
    Seine Männer gehorchten. Sie konnten die Unentschlossenheit im Gesicht des Ersten Maats nicht sehen, aber sie alle hörten die Schreie der zwanzig Unglücklichen, als der zweite Anker über Bord rasselte. Er riss ein großes Stück Reling mit sich in die Tiefe.
    »Kennit!«
    Sorcor stöhnte ungläubig. Sein Gesicht war weiß vor Entsetzen und Schrecken.
    »Wie viele Ersatzanker kann er schon dabei haben?«, fragte Kennit, während er sich an die Spitze der Entergruppe stellte.
    »Du warst es doch, der gesagt hat, dass du den Tod der Sklaverei vorgezogen hättest«, betonte er. »Hoffen wir, dass das auch ihre Einstellung war!«
    Seine Männer holten bereits die Enterleinen ein und zogen das andere Schiff näher heran. Die Bogenschützen ließen einen Pfeilhagel auf die Verteidiger herabprasseln, die versuchten, die Enterhaken zu lösen und sie über Bord zu werfen. Die

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