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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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beendet hatte. Dann schüttelte er erneut den Kopf. »Kyle hätte niemals zu einem derartig zufälligen Schwur gestanden. Du hättest es vor das Händler-Konzil bringen müssen. Und auch wenn deine Mutter und dein Neffe sich für dich eingesetzt hätten, glaube ich nicht, dass sie dich ernst genommen hätten. Die Leute sagen eine Menge in der Hitze des Gefechts… Wenn das Händler-Konzil jeden Mann, der im Zorn einen Schwur getan hatte, dazu zwingen würde, den einzuhalten, läge halb Bingtown ermordet unter der Erde.«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Allerdings überrascht es mich nicht, dass du es versuchst. Ich habe immer geglaubt, dass du früher oder später alles daransetzen würdest, Kyle die Viviace wegzunehmen. Aber nicht so.«
    »Wie denn?«, begehrte sie auf. »Soll ich mich heimlich an Bord schleichen und ihm die Kehle durchschneiden, während er schläft?«
    »Aha. Das ist also auch dir schon in den Sinn gekommen«, bemerkte er trocken.
    Althea musste unwillkürlich grinsen. »Beinahe augenblicklich«, gab sie zu. Dann erlosch ihr Lächeln wieder.
    »Ich muss die Viviace zurückbekommen. Auch wenn ich jetzt weiß, dass ich noch nicht bereit bin, sie als Kapitän zu führen.
    Nein, lach mich nicht aus. Ich bin zwar vielleicht begriffsstutzig, aber ich lerne. Sie ist mein, und zwar auf eine Weise, auf die es kein anderes Schiff sein könnte. Aber das Gesetz ist gegen mich und meine Familie auch. Ich könnte das eine oder die andere bekämpfen, doch gegen beide gleichzeitig…«
    Sie verstummte und blieb eine Weile schweigend sitzen. »Ich habe viel Zeit damit verbracht, mich zu bemühen, nicht an sie zu denken, Brashen.«
    »Ich auch«, meinte er mitfühlend. Vermutlich sollte seine Bemerkung tröstend sein, aber Althea reagierte befremdet.
    Wie konnte er das sagen? Die Viviace war nicht sein Familienschiff. Wie konnte er ihr gegenüber Gefühle haben, die denen von Althea glichen? Sie schwiegen. Eine Gruppe Seeleute kam herein und ließ sich am Nebentisch nieder. Sie sah Brashen an und wusste nichts zu sagen. Die Tür öffnete sich erneut, und drei Hafenarbeiter stürmten in den Schankraum. Sie bestellten ihr Bier, noch bevor sie saßen. Die Musiker sahen sich um, als wachten sie auf, und begannen dann das kleine, wüste Liedchen zu spielen, an dem sie die ganze Zeit herumprobiert hatten. Schon bald würde es wieder laut und voll in der Schenke sein.

    Brashen zog in den feuchten Pfützen auf dem Tisch Kreise. »Was willst du denn jetzt unternehmen?«
    Das war genau die Frage, die sie schon den ganzen Tag quälte. »Ich glaube, ich gehe nach Hause«, sagte sie ruhig.
    »Wie du mir ja vor Monaten geraten hast.«
    »Warum?«
    »Vielleicht hattest du Recht. Vielleicht sollte ich mich dort lieber, so gut ich kann, um alles kümmern und einfach mein Leben leben.«
    »Du musst dein Leben nicht dort leben«, entgegnete er gelassen. »Es liegen noch viele andere Schiffe im Hafen, die zu vielen anderen Orten auslaufen.«
    Er versuchte beiläufig zu klingen, als er weitersprach. »Wir könnten nach Norden gehen.
    Wie ich dir gesagt habe. Dort oben in den Sechs Herzogtümern fragen sie nicht, ob man eine Frau oder ein Mann ist, solange man seine Arbeit tut. Allerdings sind sie nicht besonders zivilisiert. Dennoch kann es nicht viel schlimmer sein, als das Leben an Bord der Reaper .«
    Sie schüttelte den Kopf. Wenn sie darüber redete, fühlte sie sich noch schlimmer, aber sie riss sich zusammen und sprach die Worte aus. »Die Viviace läuft Bingtown an. Wenn alles andere nicht geht, kann ich sie da wenigstens ab und zu sehen.«
    Sie lächelte kläglich. »Und Kyle ist älter als ich. Vermutlich überlebe ich ihn. Wenn ich mich mit meinem Neffen gut verstehe, lässt er vielleicht seine verrückte alte Tante manchmal mitsegeln.«
    Brashen wirkte entsetzt. »Das meinst du doch nicht ernst!«, erklärte er. »Willst du dein Leben damit verbringen, darauf zu warten, dass jemand anderer stirbt?«
    »Natürlich nicht. Es war nur ein Scherz.«
    Aber sie hatte es ernst gemeint. »Es war ein entsetzlich anstrengender Tag«, verkündete sie unvermittelt. »Mir reicht es. Gute Nacht. Ich gehe nach oben ins Bett.«
    »Warum?«, fragte er leise.
    »Weil ich müde bin, Blödmann.«
    Das stimmte auch. Noch nie in ihrem Leben war sie so müde gewesen. Erschöpft bis auf die Knochen, bis ins Mark. Ermüdet von allem.
    Brashen schien am Ende seiner Geduld zu sein, als er weiterredete. »Nein. Das meine ich nicht. Warum bist du

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