Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
ausmacht, gut für das zu zahlen, was Ihr da bekommt. Sie haben dort Musiker und eine Frau, die singt.
Und in den besten Zimmern haben sie sogar Kamine, hab ich jedenfalls gehört. Und in einigen Zimmern sogar auch Glasfenster.«
Ach ja. Das Goldene Pferd. Dort hatte sie mit ihrem Vater zu Abend gegessen. Gegrilltes Schwein mit Erbsen. Sie hatte ihm einen komischen kleinen Wachsaffen geschenkt, den sie in einem Laden gekauft hatte, und er hatte ihr erzählt, dass er zwanzig Fässer erstklassiges Öl gekauft hatte. Es kam ihr wie ein anderes Leben vor. Es war Altheas Leben, nicht Athels.
»Nein. Das klingt zu teuer. Irgendetwas Billiges und Ruhiges.«
Sie runzelte die Stirn. »Weiß nicht. Die meisten Seeleute wollen es nicht ruhig, wisst Ihr.«
Sie sah Althea an, als wäre die ein bisschen merkwürdig. »Es gibt auch die Rote Traufe. Ich weiß nicht, ob die da ein Bad haben, aber es ist ruhig. Ruhig wie in einer Gruft, munkelt man.«
»Davon habe ich schon gehört«, erwiderte Althea. »Gibt es noch etwas anderes?«
»Das ist alles. Wie ich sagte, die meisten Seeleute suchen nicht gerade nach Ruhe.«
Sie warf Althea einen ungnädigen Blick zu.
»Von wie vielen Kneipen soll ich Euch denn noch erzählen«, fragte sie, nahm die Münze für das Bier und schlenderte davon.
»Gute Frage«, murmelte Althea und trank einen Schluck Bier.
Ein Mann, der übel nach Erbrochenem roch, ließ sich neben ihr auf die Bank plumpsen. Es wurde Abend, und die Taverne füllte sich allmählich. Der Mann rülpste heftig, und Althea zuckte zusammen, als ihr der Geruch in die Nase drang. Er grinste, als er ihren Widerwillen bemerkte, und beugte sich vertraulich zu ihr herüber. »Siehst du die da?«, fragte er und deutete auf eine Frau mit gelblicher Gesichtshaut, die einen Tisch abwischte. »Ich hab’s ihr dreimal besorgt. Dreimal, und dabei hat sie nur das erste Mal berechnet.«
Er lehnte sich gemütlich an die Wand und grinste Althea an. Zwei Vorderzähne waren abgebrochen. »Du solltest sie mal ausprobieren, Junge. Sie wird dir ein paar Sachen beibringen können, da wett ich drum.«
Er zwinkerte kumpelhaft.
»Ich bin sicher, dass Ihr diese Wette gewinnen würdet«, stimmte Althea liebenswürdig zu. Sie trank ihr Bier aus, stand auf und schulterte ihren Seesack. Draußen hatte es wieder angefangen zu regnen. Außerdem hatte der Wind aufgefrischt, und der kündigte einen heftigeren Regenfall an. Sie entschloss sich für die einfachste Lösung. Sie würde sich zuerst ein ordentliches Zimmer suchen, es im voraus bezahlen und ausschlafen. Morgen war immer noch früh genug für irgendwelche bedeutsamen Entscheidungen. Zum Beispiel, eine Stelle auf einem Schiff zu finden, das sie so schnell wie möglich wieder zurück nach Bingtown brachte.
Bingtown. Das stand für Heimat. Und gleichzeitig auch für das Ende ihres Traumes, die Viviace zurückzugewinnen. Althea schob den Gedanken unwirsch beiseite. Sie hatte sechs Pensionen abgeklappert, als es vollkommen dunkel wurde, und fast alle Zimmer befanden sich über Tavernen oder Schankräumen. Jedes einzelne von ihnen war laut und rauchig gewesen, und in einigen hatten auch Huren gearbeitet, die denen zu Diensten waren, die dort übernachteten. Diejenige, für die sie sich entschied, unterschied sich in nichts von den anderen. Nur hatte es dort gerade eine Prügelei gegeben, und die Stadtwachen hatten die lebhafteren Gäste vorübergehend vertrieben. Die nach der Prügelei noch blieben, waren entweder ohnmächtig oder betrunken. Drei Musiker spielten in einer Ecke. Da jetzt die zahlungskräftigeren Kunden fort waren, spielten sie hauptsächlich für sich selbst. Sie redeten miteinander und lachten leise und hielten manchmal mitten in einem Stück inne, um es noch einmal von vorn zu beginnen und dabei etwas anderes auszuprobieren. Althea saß dicht genug bei ihnen, dass sie ihr Gespräch belauschen konnte. Sie beneidete sie. Werde ich jemals solche Freunde haben? dachte sie. Sie hatte die Jahre mit ihrem Vater auf dem Schiff genossen, aber sie hatte auch einen Preis dafür gezahlt. Ihr Vater war ihr einziger richtiger Freund gewesen. Die Tochter des Kapitäns und Besitzers konnte niemals an der engen Freundschaft der Mannschaft aus dem Vorschiff teilhaben. Und zu Hause war es dasselbe. Sie hatte schon vor langer Zeit den Kontakt mit den Mädchen aufgegeben, mit denen sie als kleines Kind gespielt hatte. Die meisten von ihnen sind sicher schon verheiratet, dachte sie.
Vermutlich mit den
Weitere Kostenlose Bücher