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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Wintrow, wenn du an Land gehst, sei vorsichtig.«
    »Warum?«
    »Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht. Ich glaube, dass dein Vater und dein Großvater das eine Vorahnung genannt hätten.«
    Viviace klang so anders als sonst, dass Wintrow aufstand und sie über den Bug hinweg anschaute. Sie sah zu ihm hoch.
    Jedesmal, wenn er glaubte, dass er sich an sie gewöhnt hatte, gab es einen solchen Moment. Heute herrschte ein ungewöhnlich klares Licht. Fast wie das Licht eines Malers, dachte Wintrow.
    Vielleicht war das dafür verantwortlich, dass sie ihm so durchscheinend vorkam. Ihre grünen Augen, der Glanz ihres ebenholzschwarzen Haares, ihre fein gemaserte Haut. Letztere glänzte wie gut poliertes Holz und gesunde Hautfarbe gleichzeitig. Sie errötete, als er sie anstarrte, und er empfand daraufhin wieder einmal den Widerspruch seiner Liebe zu ihr und seine gleichzeitige völlige Ahnungslosigkeit darüber, was sie eigentlich wirklich war. Es erschütterte ihn, wie immer.
    Wie konnte er eine solche… Leidenschaft empfinden, wenn er dieses Wort zu benutzen wagte, und das für ein Geschöpf aus Holz und Magie? Seine Liebe hatte keine nachvollziehbaren logischen Wurzeln. Sie konnten niemals heiraten und Kinder bekommen, konnten keine körperliche Befriedigung aneinander finden, und es gab keine lange Geschichte gemeinsamer Erfahrungen, die die Wärme und Intimität erklärt hätten, die er für sie empfand. Es ergab einfach keinen Sinn.
    »Ist es so abstoßend für dich?«, fragte sie flüsternd.
    »Es liegt nicht an dir«, versuchte er zu erklären. »Es ist nur so, dass mir dieses Gefühl so unnatürlich vorkommt. Fast so, als wäre es mir aufgedrängt worden, statt etwas zu sein, das ich wahrhaftig empfinde. Wie ein Zauber«, fügte er zögernd hinzu. Die Anhänger Sas leugneten keineswegs die Realität der Magie. Wintrow hatte sogar schon gesehen, wie sie angewendet wurde. Selten zwar, aber immerhin, kleine Zaubersprüche, die eine Wunde heilten oder ein Feuer entfachten. Aber es waren Akte eines ausgebildeten Willens gewesen, der sich der natürlichen Gabe bediente, eine konkrete Wirkung erzeugen zu können. Diese plötzliche Emotion, die seines Wissens nur durch eine Gemeinschaft erzeugt werden konnte, war eine ganz andere Angelegenheit.
    Er mochte Viviace. Das wusste er und das konnte er auch verstehen. Es gab viele Gründe, sie zu mögen. Sie war schön und freundlich und mitfühlend zu ihm. Außerdem war sie intelligent, und es war eine Freude, mit anzusehen, wie sie diese Intelligenz benutzte, um zu denken. Sie war wie eine unausgebildete Akolythe, offen und bereit für jede Lehre. Wer würde ein solches Wesen nicht mögen? Die Logik gebot, dass er das Schiff mögen sollte, und er tat es auch. Aber das war nicht das Gleiche wie das fast schmerzhaft intensive Gefühl, das ihn in Momenten wie diesem durchströmte. Für ihn wurde sie wichtiger als Heim und Familie, ja selbst wichtiger als sein Leben im Kloster. In solchen Augenblicken konnte er sich kein besseres Ende für sein Leben vorstellen, als sich auf ihr Deck zu werfen und sich von ihr aufsaugen zu lassen.
    Doch nein. Das Ziel eines gutgelebten Lebens war es, eins mit Sa zu werden.
    »Du fürchtest, dass ich den Platz deines Gottes in deinem Herzen einnehme.«
    »Ich glaube, das kommt dem ziemlich nahe, wovor ich Angst habe«, stimmte er ihr zögernd zu. »Gleichzeitig glaube ich nicht, dass dies etwas ist, was du, Viviace, mir aufdrängst.
    Es hängt wohl mit dem zusammen, was ein Zauberschiff ausmacht.«
    Er seufzte. »Wenn mich jemand dazu verdammt hat, dann war es meine Familie – und meine Ur-Ur-Großmutter, als es ihr gefiel, ein Zauberschiff bauen zu lassen.
    Du und ich sind wie Knospen an einem Baum. Wir können wachsen, wie es uns möglich ist, aber nur so sehr, wie es uns unsere Wurzeln gestatten.«
    Der Wind frischte plötzlich auf, als wolle er das Schiff im Hafen willkommen heißen. Wintrow stand auf und reckte sich.
    Er merkte die Veränderungen in seinem Körper deutlicher.
    Zwar wurde er nicht wirklich größer, aber seine Muskeln waren eindeutig ausgebildeter als vorher. Ein Blick in einen Spiegel hatte ihm verraten, dass er auch den Babyspeck in seinem Gesicht verloren hatte. Veränderungen. Ein schlankerer, muskulöserer Körper und neun Finger an den Händen. Aber es waren immer noch nicht genug Veränderungen, dass sie seinem Vater gefallen hätten. Als sein Fieber endlich gesunken war und seine Hand gut heilte, hatte sein Vater ihn zu

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