Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
sich gerufen.
    Nicht, um ihm zu sagen, wie erfreut er über Wintrows Mut gewesen war, oder ihn vielleicht danach zu fragen, wie es seiner Hand ging. Ganz zu schweigen davon, dass er ihm mitteilen wollte, dass er Wintrows steigende Fähigkeiten als Seemann bemerkt hätte. Nein. Er hatte ihm nur gesagt, wie dumm er gewesen war, die Chance in Cress auszuschlagen, endlich von der Mannschaft als zugehörig akzeptiert zu werden.
    Und er hatte sie einfach verstreichen lassen.
    »Es war ein Betrug«, erwiderte Wintrow. »Die ganze Geschichte mit dem Bären und dem Mann, der gewonnen hatte, war nur ein Köder. Das wusste ich sofort.«
    »Das weiß ich auch!«, entgegnete sein Vater ungeduldig.
    »Darum geht es nicht. Du musstest nicht gewinnen, du Idiot!
    Du musstest ihnen nur zeigen, dass du Mumm hast. Du hast gedacht, du beweist deinen Mut, wenn du ruhig bleibst, während Gantry deinen Finger amputiert. Ich weiß es, streite es nicht ab. Stattdessen hast du dich nur als eine Art… religiöser Verrückter entblößt. Wenn man Mut erwartet, bist du feige.
    Und wenn ein normaler Mann aufgeschrien und geflucht hatte, benimmst du dich wie ein Fanatiker. Wenn du so weitermachst, wirst du die Mannschaft niemals für dich gewinnen. Du wirst nie zu ihnen gehören, ganz zu schweigen davon, genug Respekt zu bekommen, um sie zu führen. Sicher, sie mögen so tun, als akzeptierten sie dich, aber das wird nicht echt sein. Sie warten nur darauf, dass du nicht aufpasst, damit sie es dir so richtig geben können. Und weißt du was? Du hast nichts anderes verdient. Und ich will verdammt sein, wenn ich nicht hoffe, dass du es auch bekommst!«
    Die Worte seines Vaters gingen ihm immer noch durch den Kopf. In den langen Tagen, die seitdem verstrichen waren, hatte er trotzdem einen widerwilligen Respekt in der Mannschaft ihm gegenüber gespürt. Mild war ebenso schnell im Verzeihen, wie man ihn beleidigen konnte, und hatte als erster angefangen, ihn normal zu behandeln. Aber Wintrow konnte sich nicht mehr entspannen und es akzeptieren. Manchmal, wenn er nachts seine alten Meditationen wieder aufnahm, überzeugte er sich, dass die ganze Situation gestellt war. Sein Vater hatte sein Verhalten allen anderen Mannschaftsmitgliedern gegenüber vergiftet. Sein Vater war es, der nicht wollte, dass sie ihn akzeptierten, deshalb würde er auch so gut er konnte dafür sorgen, dass Wintrow ein Außenseiter blieb. Und aus diesem Grund konnte er niemals der Akzeptanz und der Freundschaft der Mannschaft trauen.
    Zu dem Schluss kam er, nachdem er die verdrehte Logik dieses Wahnsinns erbarmungslos bis zu Ende gedacht hatte.
    »Jeden Tag«, sagte er ruhig, »fällt es mir schwerer zu wissen, wer ich bin. Mein Vater sät Zweifel und Verdacht in mir, das raue Leben an Bord dieses Schiffes stumpft mich gegen die gelegentlichen Grausamkeiten zwischen meinen Kameraden und sogar dir gegenüber ab, und selbst die Stunden, die ich mit dir verbringe und in denen du mich formst, entfernen mich immer weiter von meiner Priesterschaft. Und führen mich zu etwas anderem. Das ich vermutlich nicht sein möchte.«
    Es fiel ihm schwer, diese Worte auszusprechen. Sie verletzten ihn genauso, wie sie Viviace verletzten. Und das ließ sie schweigen.
    »Ich glaube nicht, dass ich es noch viel länger aushalte«, meinte er warnend. »Irgendetwas muss geschehen.«
    Er sah sie unverwandt an. »Ich lebe nur noch von einem Tag zum anderen.
    Und warte darauf, dass etwas die Situation verändert.«
    Er musterte sie aufmerksam, als er auf ihre Reaktion auf seine nächsten Worte wartete. »Ich glaube, ich muss eine Entscheidung treffen. Ich glaube, ich muss selbst die Initiative ergreifen.«
    Er wartete darauf, dass sie etwas sagte, aber ihr fiel dazu nichts ein. Was wollte er damit andeuten? Was konnte der Junge gegen die Dominanz seines Vaters ausrichten?
    »Heh, Wintrow! Hilf mir mal!«, rief einer weiter unten auf Deck.
    Der Ruf der Schinderei. »Ich muss gehen«, sagte er zu Viviace und holte tief Luft. »Richtig oder falsch, ich habe angefangen, dich zu lieben. Aber…«
    Er schüttelte den Kopf, als ihm die Worte ausgingen.
    »Wintrow! Jetzt!«
    Wie ein gut dressierter Hund gehorchte Wintrow. Sie beobachtete, wie er mit geübter Leichtigkeit in die Takelage kletterte. Diese Fähigkeit sagte genauso viel über seine Arbeit aus wie seine Liebe zu ihr. Er beschwerte sich, und zwar oft. Er litt immer noch unter den Qualen eines zerrissenen Herzens.
    Aber wenn er seinem Unglück Worte

Weitere Kostenlose Bücher