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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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»Sei vorsichtig, Althea, und komm schnell zurück. Ich weiß nicht, ob deine Heimkehr uns Erlösung oder Katastrophen bringt. Ich weiß nur, dass ich froh bin, dass du noch lebst.«
    Althea nickte kurz und schlüpfte aus dem Zimmer. Sie nahm nicht denselben Weg zurück, den sie gekommen war, sondern verließ das Haus durch die Vordertür. Sie grüßte einen Diener, der Blütenblätter von den Stufen fegte. Die gewaltigen Hyazinthen an der Treppe verströmten einen betäubenden Duft. Als sie die Auffahrt zur Straße nach Bingtown hinunterlief, wünschte sie sich fast, einfach nur Athel zu sein, der Schiffsjunge. Es war ein wundervoller Frühlingstag, ihr erster Tag an Land in ihrem Heimathafen seit beinahe einem Jahr. Sie wünschte, sie könnte sich darüber freuen.
    Sie lief die gewundene Straße zum Stadtkern Bingtowns entlang und bemerkte, dass der Besitz der Vestrits nicht der einzige war, der Zeichen von Verfall zeigte. Einige andere große Villen, an denen sie vorbeiging, zeigten deutlich die Vernachlässigungen, die eine schmale Börse mit sich brachte. Bäume waren nicht beschnitten worden und die Schäden der Winterstürme nicht repariert. Als sie durch die geschäftigeren Straßen von Bingtowns Marktviertel ging, kam es ihr so vor, als sähe sie viele unbekannte Gesichter. Gut, sie war in den letzten Jahren so oft von Bingtown entfernt gewesen, dass sie nicht erwartete, viele Freunde oder Nachbarn zu sehen. Aber diese Fremden sprachen, als kämen sie aus Jamaillia-Stadt, und kleideten sich wie Chalcedaner. Die Männer wirkten alle jung, Mitte zwanzig bis Anfang dreißig. Sie trugen breite Schwerter in ziselierten Scheiden und hatten ihre Börsen an ihren Gürteln hängen, als wollten sie mit ihrem Reichtum protzen. Die prächtigen Röcke der Frauen, die ihnen folgten, waren geschlitzt, um ihre dünnen Unterröcke zu enthüllen. Ihre bunte Schminke verhüllte ihre Gesichter eher, als dass sie sie betonte. Die Männer sprachen lauter, als es nötig war, als wollten sie so viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen wie möglich. Und meistens war ihr Tonfall arrogant und überheblich. Ihre Frauen bewegten sich wie nervöse Stutfohlen, zuckten mit den Köpfen und gestikulierten, während sie sprachen. Sie trugen starke Parfüms, und ihre Ohrringe waren groß. Neben ihnen wirkten die Kurtisanen von Bingtown wie langweilige Hühner neben einem Pfau.
    Und es gab noch eine zweite Sorte unbekannter Menschen auf den Straßen. Sie trugen Sklaventätowierungen neben ihren Nasen. Ihr Verhalten zeigte deutlich, dass sie am liebsten unbeobachtet geblieben wären. Die Zahl der Sklaven in Bingtown hatte sich vervielfacht. Sie trugen Pakete und hielten die Pferde fest. Ein Junge folgte zwei kleinen Mädchen, die kaum älter waren als er selbst, und hielt einen Sonnenschirm über sie, damit sie von den Strahlen der milden Frühlingssonne verschont blieben. Als das jüngere der beiden Mädchen ihn schlug und ihn schalt, dass er den Sonnenschirm nicht richtig hielt, konnte Althea kaum den Drang unterdrücken, ihr eine Ohrfeige zu geben. Der Junge war viel zu jung, um so ehrfürchtig zu kuschen. Er ging barfuß auf den kalten Pflastersteinen.
    »Es bricht dir das Herz, wenn du dich darauf einlässt. Aber diese beiden hat man gelehrt, überhaupt kein Herz zu haben.«
    Althea zuckte zusammen, als die leise Stimme direkt neben ihr ertönte. Sie wirbelte herum. Amber stand direkt hinter ihr. Sie sahen sich an, und Amber hob wissend eine Braue. Hochmütig sagte sie: »Ich gebe dir ein Kupferstück, Bursche, wenn du mir dieses Holz trägst.«
    »Zu Euren Diensten«, antwortete Althea und nickte, wie ein Seemann es tat. Sie nahm Amber das lange Stück Holz aus den Armen und stellte fest, dass es viel schwerer war, als sie erwartet hatte. Sie bemerkte den fröhlichen Blick in den topasfarbenen Augen ihrer Freundin. Sie folgte ehrerbietig zwei Schritte hinter Amber vom Markt zur Regenwild-Straße.
    Hier hatte sich auch einiges geändert. Einige Geschäfte hatten schon immer Nachtwächter beschäftigt, und einige stellten sogar bei Tage Wächter an. Jetzt schmückte sich beinahe jeder Laden mit einem säuerlich dreinblickenden Türsteher, der ein Kurzschwert oder einen Langdolch an der Hüfte trug. Die Türen standen nicht mehr einladend offen, und die Güter wurden auch nicht mehr in Regalen oder auf Tischen vor den Geschäften ausgestellt. Die faszinierenden und beinahe magischen Waren, die aus der Regenwildnis nach Bingtown importiert worden

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