Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
drängten Cosgo dazu, an Bingtown ein Exempel zu statuieren, das aufrührerische Gerede der Händler nicht zu tolerieren und sie mit eiserner Faust zu zerschmettern. Sie erzeugten in dem Satrapen ein Gefühl von Rechtschaffenheit und Wut, das Serilla vollkommen unberechtigt fand. Sie versuchte nicht länger, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. Die Chalcedaner schrien sie ohnehin nieder, lachten sie aus und verhöhnten sie sogar. Letzte Nacht hatte Cosgo sie sogar angewiesen zu schweigen, wie es sich gezieme. Bei dem Gedanken an diese öffentliche Demütigung kochte ihr Blut.
Der Chalcedaner, der das Schiff befehligte, akzeptierte zwar die seltenen Weine, die Cosgo ihm servierte, aber er verabscheute offensichtlich die Gesellschaft des jungen Herrschers. Er berief sich auf die Verantwortung seines Kommandos, aber Serilla sah deutlich die Verachtung in dem Blick des Älteren. Je mehr Cosgo versuchte, ihn zu beeindrucken, desto deutlicher ignorierte ihn der Kapitän. Cosgos Versuche, den schwankenden Gang und die aggressive Art des Chalcedaners nachzuahmen, waren beschämend für jeden Zuschauer. Es schmerzte Serilla, mit ansehen zu müssen, wie Kekki ihn darin noch ermunterte, als hätte seine jugendliche Aufdringlichkeit etwas mit Männlichkeit zu tun. Cosgo nahm an allem Anstoß, was nicht ganz genau seinen Befehlen entsprach. Sein Benehmen erinnerte Serilla an das eines verwöhnten Kindes. Nichts konnte ihn wirklich erfreuen. Cosgo hatte Gaukler und Musiker mitgenommen, aber ihre Kunststücke wurden schnell langweilig. Der Satrap wurde immer unberechenbarer. Die kleinste Missachtung seines Willens löste einen grässlichen Wutanfall aus.
Serilla seufzte. Sie wanderte in dem Raum umher und blieb schließlich am Tisch stehen. Sie spielte mit dem bestickten und mit Quasten verzierten Tischtuch. Müde räumte sie etwas von dem schmutzigen Geschirr weg. Dann setzte sie sich an den Tisch und wartete. Sie sehnte sich danach, in ihre winzige Kajüte zurückzukehren, aber da Cosgo sie unter dem Vorwand herbefohlen hatte, dass er ihren Rat brauchte, konnte sie nicht gehen, bis er sie entließ. Und wenn sie ihn weckte, um seine Erlaubnis einzuholen, würde er sie ihr sicher verweigern.
Sie hatte versucht, ihn von dieser Reise abzubringen. Er hatte vermutet, dass sie allein verreisen wollte, was auch stimmte. Sie würde viel lieber allein nach Bingtown segeln, mit Vollmachten ausgestattet, die sie zu Entscheidungen über ein Land berechtigten, das sie viel besser kannte als er. Aber er war zu eifersüchtig auf seine Macht bedacht, um so etwas zu erlauben. Er, der regierende Satrap, würde sich höchstpersönlich nach Bingtown begeben, mit all seiner Macht und Herrlichkeit, und die Leute mit seiner Pracht einschüchtern. Die Bingtown-Händler würden zur Raison gebracht und daran erinnert werden, dass er sie durch die Gnade Sas regierte. Sie hatten nicht das Recht, das zu bestreiten.
Sie war sicher gewesen, dass der Rat der Edlen ihm das ausreden würde. Doch ihr war beinahe übel vor Staunen geworden, als der Rat seine Reise auch noch unterstützte. Seine chalcedanischen Bundesgenossen hatten ihn ebenfalls ermutigt. Bevor die Reisevorbereitungen anfingen, hatten sie viele Nächte lang getrunken. Serilla hatte ihre Prahlereien und Versprechungen gehört. Sie wollten ihn unterstützen. Sollte er doch diesen Bingtown-Emporkömmlingen zeigen, wer Jamaillia regierte. Seine chalcedanischen Freunde würden ihn stützen. Er brauchte diese widerlichen Rebellen nicht zu fürchten. Wenn sie es wagten, eine Hand gegen ihren rechtmäßigen Herrscher zu erheben, würden Herzog Yadfin und seine Söldner ihnen einen richtigen Grund geben, ihr Land die Verwunschenen Ufer zu nennen. Selbst jetzt noch musste Serilla den Kopf schütteln, wenn sie daran dachte. Erkannte Cosgo denn nicht, dass er wahrscheinlich als Köder in einer Falle benutzt wurde? Wenn die Chalcedaner die Alten Händler soweit provozieren konnten, ihn zu töten, dann hätten sie genau den Grund, den sie brauchten, um ganz Bingtown zu plündern und zu zerstören.
Auf dem trägen Flaggschiff drängten sich außer den Höflingen des Satrapen auch noch mehrere seiner Gefährtinnen, ein ganzes Regiment Diener und sechs Adlige mit ihrem Anhang, denen der Satrap befohlen hatte, ihm zu folgen. Sie waren mit dem Versprechen in dieses Abenteuer gelockt worden, dass ihre Söhne Landschenkungen in Bingtown bekämen, wenn ihre Familien in diese Expedition investierten. Serilla hatte
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