Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
aussehen, aber auch nicht anzüglich. Weder alt noch jung wollte sie wirken. Sie hatte sich mit dem Problem gequält, welche Kleidung sie gelehrt und trotzdem attraktiv wirken ließ. Schließlich hatte sie sich für einfache Kleider entschieden, die dezent geschnitten waren, aber die sie selbst reich bestickt hatte. Über Schmuck verfügte sie nicht. Der Tradition gehorchend, trug eine Gefährtin des Herzens nur die Juwelen, die der Satrap ihr schenkte. Der alte Satrap hatte ihr immer Bücher und Schriftrollen statt Juwelen geschenkt. Cosgo hatte ihr niemals etwas geschenkt, obwohl er die Gefährtinnen, die er für sich selbst auswählte, mit Juwelen geradezu überschüttete, als wären sie Kuchen, die er mit funkelndem Zucker bestreute. Serilla versuchte darüber hinwegzusehen, dass sie ungeschmückt vor die Bingtown-Händler treten musste. Sie hatte ohnehin nicht vor, Bingtown mit ihrem Schmuck zu beeindrucken. Sie wollte dorthin segeln, um endlich das Land und das Volk zu sehen, das sie mehr als ihr halbes Leben lang studiert hatte. Eine solche Vorfreude hatte sie nicht mehr erlebt, seit der alte Satrap sie das erste Mal bemerkt und sie eingeladen hatte, seine Gefährtin zu werden. Sie betete darum, dass dieser Besuch in Bingtown ein ähnlicher Anfang für sie sein würde.
Im Augenblick allerdings fiel es ihr schwer, sich an solchen Träumen festzuhalten. Noch nie hatte sie sich so elend und ekelhaft gefühlt wie jetzt. In Jamaillia war es ihr immer gelungen, sich von den entwürdigenden Praktiken des Hofes des Satrapen fern zu halten. Als der junge Satrap anfing, die Feste in Orgien des Fressens und der Hurerei zu verwandeln, war sie ihnen einfach ferngeblieben. An Bord dieses Schiffes jedoch konnte sie nirgendwohin fliehen. Wenn sie essen wollte, musste sie mit dem Satrapen essen. Wenn sie seine Kammer verließ und in der frischen Luft an Deck spazieren ging, provozierte sie nur anzügliche Bemerkungen der chalcedanischen Besatzung. Hier fand sie keine Zuflucht, obwohl sie Cosgos Erlaubnis hatte, seinen Raum zu verlassen.
Satrap Cosgo und seine Gefährtin Kekki lagen auf dem riesigen Diwan in der Kajüte. Sie waren beide beinahe betäubt von Lustkräutern und Rauch. Kekki hatte gejammert, dass sie nur so aufhören könnte, über ihre Übelkeit nachzudenken, und sie hatte sich lauthals beklagt, dass sie noch nie so seekrank gewesen wäre. Serilla war zu taktvoll gewesen, sie zu fragen, ob sie vielleicht schwanger war. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Satrap eine seiner Gefährtinnen des Herzens schwängerte, aber es wurde nach wie vor als taktlos angesehen. Die Kinder aus solchen Vereinigungen wurden sofort nach ihrer Geburt an die Diener des Sa weitergegeben, damit sie von ihnen zu Priestern erzogen wurden. Sie erfuhren niemals etwas von ihren Eltern. Der Satrap durfte nur von seiner gesetzmäßigen Gattin einen Erben bekommen. Cosgo hatte sich aber noch keine Frau genommen. Und Serilla bezweifelte, dass er es tun würde, bis der Adel ihn dazu zwang.
Falls er überhaupt so lange lebte. Sie betrachtete ihn, wie er halb über Kekki lag und geräuschvoll atmete. Eine andere Gefährtin lag, ebenfalls berauscht, auf den Kissen zu seinen Füßen. Sie hatte den Kopf zurückgeworfen, und ihr dunkles Haar breitete sich wie ein Fächer auf den Kissen aus. In ihren halb geschlossenen Augen sah man das Weiße, und ihre Finger krampften sich rhythmisch zusammen. Allein bei dem Anblick wurde Serilla übel.
Die gesamte Reise hatte bis jetzt nur aus Festen bestanden. Ihnen folgten Cosgos lange Phasen der Übelkeit und der Betäubung, die von zu viel Wein und Rauschmitteln herrührten. Dann rief er nach seinen Heilern, die ihn mit anderen Drogen vollstopften, bis er sich wieder gut genug fühlte, um sich erneut seinen Vergnügungen hinzugeben. Die anderen Adligen an Bord waren genauso genusssüchtig. Bis auf einige wenige, die Seekrankheit als Entschuldigung dafür vorschoben, dass sie in ihren Quartieren blieben.
Einige chalcedanische Adlige reisten ebenfalls mit nach Norden. Ihre Schiffe begleiteten das Flaggschiff des Satrapen. Und sie leisteten ihm häufig Gesellschaft beim Abendessen. Die Frauen, die sie mitbrachten, waren wie gefährliche Haustiere, wenn sie sich gegenseitig die Aufmerksamkeit derjenigen streitig machten, die sie für die Mächtigsten hielten. Sie entsetzten Serilla. Noch schrecklicher waren nur die politischen Diskussionen, die nach dem Essen geführt wurden. Die chalcedanischen Adligen
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