Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
ihm, den Blick gesenkt, und bejahte leise murmelnd seine Frage. Es schien ihr der bessere Weg zu sein, aber innerlich kochte sie.
Sie hatte ihre Lektion gelernt. Sie hatte gelernt, dass er sämtliche zivilisierten Manieren hinter sich gelassen hatte. Vorher war er noch jemand gewesen, der mit seinen Ausschweifungen nur spielte. Jetzt jedoch gab er sich völlig der Dekadenz hin. Sie beschloss, so bald wie möglich zu fliehen. Diesem Schwein schuldete sie nichts. Nur ihre Loyalität zur Satrapie machte ihrem Gewissen zu schaffen. Sie brachte es damit zum Schweigen, dass sie zu unbedeutsam war und ihren Verfall nicht aufhalten konnte.
Seit diesem Vorfall beobachtete der Satrap sie wie eine Katze und wartete nur darauf, dass sie ihn provozierte. Sie hatte es sorgsam vermieden, aber sie wollte auch nicht zu unterwürfig erscheinen. Sie biss die Zähne zusammen und war sowohl ehrerbietig als auch höflich, während sie ihn gleichzeitig so gut wie möglich mied. Als er sie heute Abend zu sich rief, befürchtete sie eine heftige Auseinandersetzung. Deshalb war sie heilfroh über Kekkis rasende Eifersucht. Kaum hatte Serilla die Erlaubnis bekommen, die Kajüte des Satrapen zu betreten, hatte die andere Gefährtin sofort alles unternommen, was in ihrer Macht stand, und den Satrapen vollkommen in Beschlag genommen. Mit sehr viel Erfolg. Cosgo war quasi bewusstlos.
Kekki kannte keine Scham. Sie war wegen ihrer Kenntnis der chalcedanischen Sprache und Sitten zu seiner Gefährtin berufen worden. Jetzt fiel Serilla auf, dass sie anscheinend auch ihre Kultur angenommen hatte. In Chalced genossen die Frauen Macht nur durch den Mann, den sie sich ergattern konnten. Heute hatte Kekki gezeigt, dass sie alles tun würde, um Cosgos Aufmerksamkeit zu behalten. Schade nur, dachte Serilla, dass Kekkis Weg die beste Methode war, Cosgos Zuwendung zu verlieren. Sie würde bald weggeschickt werden. Serilla hoffte nur, dass Kekkis Schmeicheleien ihn so lange unterhielten, bis sie Bingtown erreichten.
Serilla starrte die beiden immer noch an, als der Satrap die geröteten Augen öffnete. Sie wandte den Blick nicht ab, weil sie bezweifelte, dass er ihre Anwesenheit überhaupt wahrnahm.
Wie sich herausstellte, war das ein Irrtum.
»Kommt her!«, befahl er.
Sie überquerte rasch das mit einem dicken Teppich belegte Deck, wich den überall herumliegenden Kleidungsstücken und den schmutzigen Tellern aus. Sie blieb eine Armlänge vor dem Diwan stehen. »Ihr habt mich zu Eurer Beratung gerufen, Magnadon?«, fragte sie ihn förmlich.
»Komm her!«, wiederholte er gereizt. Mit dem Zeigefinger deutete er auf eine Stelle auf dem Diwan.
Diesen letzten Schritt konnte sie nicht tun. Ihr Stolz erlaubte es ihr einfach nicht. »Warum?«, wollte sie wissen.
»Weil ich der Satrap bin und es befehle!«, fuhr er sie an. Er wurde unvermittelt wütend. »Mehr Grund brauchst du nicht!« Er setzte sich abrupt auf und schob Kekki beiseite. Sie stöhnte mürrisch, rollte aber von ihm herunter.
»Ich bin keine Dienerin!«, erwiderte Serilla nachdrücklich. »Ich bin eine Gefährtin des Herzens.« Sie richtete sich auf und zitierte: »›Außer wenn ihm schmeichelnde Frauen den Kopf verdrehen, außer wenn seine Eitelkeit von denen gefördert wird, die sich davon einen Vorteil versprechen, soll er sich Gefährtinnen aussuchen, die neben ihm sitzen. Sie sollen nicht über ihm stehen und auch nicht unter ihm, sondern sie sollen ihre Weisheit offen aussprechen. Sie sollen den Satrapen nur in ihrem jeweiligen Fachgebiet beraten. Er soll keine Favoritinnen unter ihnen auswählen. Er soll sie weder nach Gefälligkeit noch nach Liebenswürdigkeit aussuchen. Seine Gefährtin soll ihn nicht loben und auch nicht auf seine Meinung warten, sie soll keine Furcht haben, mit ihm verschiedener Meinung zu sein, denn jedes dieser Dinge könnte die Ehrlichkeit ihres Rates mindern. Sie soll…‹«
»Die Klappe halten!«, kreischte Cosgo und lachte dann schallend über seinen eigenen Witz.
Serilla verstummte, aber nicht wegen seines Befehls. Sie rührte sich nicht von der Stelle.
Einen Moment lang beobachtete er sie schweigend. In seinem Blick zeigte sich ein merkwürdiges, belustigtes Funkeln. »Du närrisches Weib. Du bist so sehr von dir überzeugt, so sicher, dass ein paar Worte dich schützen können. ›Gefährtin meines Herzens.‹« Er stieß die Worte verächtlich hervor. »Das ist der Titel für eine Frau, die sich fürchtet, eine Frau zu sein.« Er lehnte sich gegen
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