Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
Stadt, als wärst du selbst einer. Deshalb müssen die Leute einfach vermuten, dass du… seltsam bist.«
»Malta, das ist sowohl unverschämt als auch unwahr«, erklärte Ronica entschieden. Ihre Wangen waren gerötet. »Althea ist längst nicht zu alt zum Heiraten. Du weißt sehr genau, dass Grag Tenira mehr als nur flüchtiges Interesse an Althea hat.«
»Ach der. Wir wissen sehr genau, dass die Teniras ein noch größeres Interesse an der Fähigkeit der Vestrits haben, das Konzil von Bingtown auf ihre Seite zu ziehen. Seit sie ihr sinnloses Unterfangen im Zollhafen des Satrapen begonnen haben, versuchen sie, andere für ihre Sache zu…«
»Es ist alles andere als ein sinnloses Unterfangen. Das Prinzip von Bingtowns Autorität steht hier auf dem Spiel, wenn ich auch nicht erwarte, dass du das verstehst. Die Teniras verweigern dem Satrapen die Steuern, weil diese Steuern sowohl illegal als auch ungerecht sind. Allerdings bezweifle ich, dass du genug Hirn hast, um das zu begreifen. Außerdem habe ich keine Lust, den ganzen Nachmittag zuzuhören, wie ein Kind von Sachen plappert, von denen es keine Ahnung hat. Mutter, guten Tag.«
Mit hoch erhobenem Kopf und eisiger Miene ging Althea hinaus.
Malta hörte zu, wie ihre Schritte auf dem Flur verhallten. Wütend schob sie das Buch vor sich weg. Das Geräusch unterbrach die Stille in dem Raum.
»Warum hast du das gemacht?«, fragte ihre Großmutter sie ruhig. Ihre Stimme klang nicht ärgerlich, nur ein wenig neugierig.
»Ich habe nichts gemacht«, protestierte Malta. Bevor Ronica etwas dagegen einwenden konnte, fragte sie: »Warum darf Althea einfach so verkünden, dass sie keine Lust mehr hat, und in die Stadt gehen? Wenn ich das versuchen würde…«
»Althea ist älter als du. Sie ist reifer. Sie ist daran gewöhnt, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Und sie hat ihren Teil der Abmachung eingehalten, die wir getroffen haben. Sie lebt ruhig und anständig und hat keineswegs…«
»Wenn sie das nicht hat, woher kommen dann diese Gerüchte?«
»Ich habe keine Gerüchte gehört.« Ihre Großmutter nahm den leeren Blumenkorb und den Krug vom Tisch. »Außerdem habe ich für heute genug von dir«, sagte sie. »Guten Tag, Malta.« Wie zuvor klang sie nicht ärgerlich, sondern eher überdrüssig und resigniert. Ihre Miene war angewidert, als sie ohne ein weiteres Wort wegging.
Als sie um die Ecke gebogen, aber noch nicht außer Hörweite war, sprach Malta laut mit sich selbst. »Sie hasst mich. Die alte Frau hasst mich. Hoffentlich kommt Vater bald zurück. Er wird die Dinge hier schnell wieder richten.«
Ronica Vestrits Schritte wurden nicht einmal langsamer. Malta sank auf ihrem Stuhl zurück und schob den viel zu süßen Tee beiseite. Alles war so trübsinnig, seit Reyn abgereist war. Sie konnte nicht einmal ihre Verwandten zu einem Streit provozieren. Diese Langeweile brachte sie noch um. In letzter Zeit ärgerte sie die anderen nur, um sie ein wenig aufzurütteln. Sie vermisste die Aufregung und die Bedeutung von Reyns Besuch. Die Blumen waren längst verblasst und die Süßigkeiten aufgegessen. Wären da nicht seine heimlich geschmuggelten Kinkerlitzchen, sie könnte daran zweifeln, ob er überhaupt gekommen war. Was nützte einem ein Galan, der so weit weg wohnte?
Sie war wieder in der Grube des Gewöhnlichen gelandet. Jeder Tag war mit Arbeit und Pflichten nur so gespickt. Ihre Großmutter ermahnte sie ständig, den Erwartungen der Familie gerecht zu werden, während Tante Althea tun durfte, was sie wollte. Es lief alles auf dasselbe hinaus. Tu, was deine Mutter und Großmutter von dir verlangen. Sei eine kleine Marionette an ihren Fäden. Das wollte auch Reyn von ihr. Sie erkannte das vollkommen klar, selbst wenn er es nicht bemerkte. Er fühlte sich nicht nur zu ihr hingezogen, weil sie hübsch und charmant, sondern auch, weil sie jung war. Er glaubte, er könnte ihr Verhalten kontrollieren und sogar ihre Gedanken. Er würde feststellen, dass er sich da irrte. Sie würden alle feststellen, dass sie sich in ihr irrten.
Sie stand vom Tisch auf und ging ans Fenster. Von dort sah sie in den unordentlichen, wilden Garten. Althea und Ronica versuchten, ihn in Schuss zu halten, aber es bedurfte eines richtigen Gärtners und wenigstens eines Dutzends Helfer, um das Grundstück ordentlich zu pflegen. Am Ende des Sommers würde der Garten vollkommen ungepflegt aussehen, wenn es so weiterging. Natürlich würde es nicht dazu kommen. Bis dahin war ihr Vater
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