Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
er zu müde wurde, konnte er seinen Mantel an ein Ruder binden und winken. Jemand auf der Marietta oder der Viviace würde ihn sehen. Sie suchten sicher schon nach ihm.
»Solche Schimpfworte von einem Priester! Du vergisst dich. Na gut. Ich rudere ein wenig, während du dich erholst.«
Das beruhigte ihn. Sa'Adar stand von der Ruderbank auf. Halb gebückt wartete er darauf, dass Kennit mit ihm den Platz tauschte, während er sich den schmerzenden Rücken rieb. Kennit versuchte, von seiner Bank aufzustehen, fiel aber wieder zurück. Das Boot schwankte gefährlich, und Sa'Adar schrie auf und hielt sich am Dollbord fest. »Steif«, sagte Kennit verlegen. »Der heutige Tag hat mich mehr erschöpft, als ich dachte.« Er seufzte schwer und kniff die Augen zusammen, als der Priester ihn verächtlich ansah. »Trotzdem, ich habe gesagt, dass ich rudere, und ich rudere.« Er nahm die Krücke fest in die Hand und richtete sie mit der Spitze auf Sa'Adar. »Wenn ich es sage, dann ziehst du mich hoch. Sobald ich aufgestanden bin, kann ich mich allein bewegen.«
Sa'Adar packte das Ende der Krücke. »Jetzt«, sagte Kennit und versuchte aufzustehen. Erneut ließ er sich fallen. Entschlossen biss er die Zähne zusammen. »Noch mal!«, befahl er dem Priester. »Und du musst dein ganzes Gewicht mit hineinlegen.«
Der erschöpfte Mann packte die Krücke mit beiden Händen. Kennit umfasste sie noch fester. »Jetzt!«, befahl er. Als der Priester zog, stürzte sich der Pirat plötzlich vor und drückte mit aller Kraft gegen die Krücke. Sie traf den Priester an der Brust, und er segelte hintenüber. Kennit hatte gehofft, dass er gleich über Bord gehen würde. Stattdessen fiel der Mann über das Dollbord. Er hing zwar fast außen, klammerte sich aber noch fest. Schnell wie ein Tiger warf sich Kennit nach vorn, packte Sa'Adars Füße und hob sie hoch. Der Mann fiel über Bord, trat dabei aber mit den Füßen aus und traf Kennit mit seinem nackten Fußballen im Gesicht. Kennits Kopf ruckte nach hinten, und er spürte Blut auf seinem Gesicht. Hastig wischte er es mit dem Ärmel ab, kletterte auf die Bank und packte die Ruder. Er schob sie in die Ruderdollen und fing an, mächtig zu ziehen.
Einen Moment später tauchte der Kopf des Priesters aus dem Wasser auf. »Verdammt sollst du sein!«, brüllte er. »Sa verdamme dich!«
Kennit erwartete, dass der Mann erneut untergehen würde. Doch stattdessen schwamm er mit kräftigen Zügen dem Boot hinterher. Er konnte also schwimmen. Damit hatte Kennit nicht gerechnet. Schade nur, dass das Meer hier in den Inselgewässern wärmer war. Er konnte nicht darauf zählen, dass es den Mann schnell töten würde. Also musste er es wohl doch selbst erledigen.
Kennit beeilte sich nicht. Stattdessen legte er ein gleichmäßiges Tempo vor und zog ruhig an den Rudern. Er hatte Sa'Adar nicht angelogen. Er war wirklich steif, aber diese Arbeit lockerte ihn auf. Der Priester schwamm mit den schnellen, heftigen Schwimmzügen eines verzweifelten Menschen. Er verkürzte den Abstand zu dem kleinen Boot, weil sein Körper den Wellen weniger Widerstand bot als das leichte Boot. Als er bis auf zwei Züge herangekommen war, legte Kennit die Ruder sorgfältig ins Boot und zog den Dolch heraus. Er kroch ans Heck und wartete. Er versuchte erst gar nicht, einen tödlichen Stich zu landen. Dafür müsste er sich zu weit hinauslehnen und lief Gefahr, von dem Priester ins Wasser gezogen zu werden. Jedes Mal, wenn der Ertrinkende das Boot packte, schnitt Kennit ihm in die Hände. Er zerschnitt ihm die Handflächen und die Finger, wenn er das Heck umfasste. Kennit war der schweigende Tod selbst, während der Priester ihn zunächst verfluchte, dann schrie und schließlich um sein Leben bettelte. Als er stur die Seite des Bootes festhielt, riskierte Kennit einen Hieb ins Gesicht des Mannes. Trotzdem hielt er die Seite des Bootes umklammert und bettelte um sein Leben. Das machte Kennit wütend. »Ich habe versucht, dich am Leben zu lassen!«, brüllte er ihn an. »Du hättest nur tun müssen, was ich wollte. Du hast dich geweigert! Also!«
Er riskierte einen Stich, und der Dolch drang dem Priester in die Seite des Halses. Sofort wurden Kennits Hände glatt und warm von Blut, das dicker und salziger war als das Meerwasser. Der Priester sank plötzlich vom Rand weg. Eine oder zwei Wellen lang schwamm er mit dem Kopf nach unten im Wasser. Dann verschlang ihn das Meer.
Kennit blieb eine Weile sitzen und beobachtete das leere Wasser
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