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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hinter dem Boot. Dann wischte er sich die Hände am Mantel ab. Langsam stakste er wieder zur Ruderbank zurück. Er nahm die Ruder in die Hand. Er hatte bereits Blasen an den Fingern, aber das machte nichts. Es würde wehtun, aber auch das machte nichts. Es war vorbei, und er würde leben. Er wusste es genau, so genau, wie er wusste, dass sein Glück ihn nicht verlassen hatte.
    Dann hob er den Blick und musterte prüfend den Horizont. Nicht mehr weit, und er war an der Stelle, wo die Männer auf den Schiffen ihn sehen konnten. Er lächelte. »Vermutlich sieht Viviace mich noch früher. Ich wette, dass sie schon jetzt weiß, dass ich zu ihr zurückkomme. Achte auf mich, Mylady! Öffne deine schönen Augen!«
    »Vielleicht sollte ich ihr ja stattdessen die Augen öffnen«, schlug eine leise Stimme vor. Kennit hätte beinahe die Ruder losgelassen. Er sah zu dem Amulett an seinem Handgelenk, das so lange geschwiegen hatte. Seine eigenen Gesichtszüge in Holz sahen zu ihm hinauf. Der kleine Mund öffnete sich, und eine winzige Zunge schoss heraus und leckte die Lippen, als wären sie trocken. »Was würde sie wohl von ihrem kühnen Kapitän halten, wenn sie dich so gut kennen würde, wie ich dich kenne?«
    Kennit grinste. »Ich denke, sie würde dich für einen Lügner halten. Sie war bei mir und kennt mein tiefstes Innerstes. Sie und der Junge, beide. Und sie lieben mich immer noch.«
    »Sie glauben, sie haben dein Innerstes gesehen«, stimmte das Amulett bitter zu. »Aber nur ein Wesen hat jemals den Boden deines dunklen, schmutzigen Herzens ergründet und ist immer noch loyal zu dir.«
    »Du redest wohl von dir selbst«, meinte Kennit. »In der Sache hast du wenig Alternativen, Amulett. Du bist an mich gebunden.«
    »So fest, wie du an mich gebunden bist«, antwortete das Amulett.
    Kennit zuckte mit den Schultern. »Also sind wir aneinander gebunden. So soll es sein. Ich schlage vor, dass du das Beste daraus machst und die Pflicht erfüllst, für die du geschaffen wurdest. Vielleicht leben wir beide so länger.«
    »Ich wurde niemals dafür geschaffen, irgendwelche Pflichten für dich zu erfüllen«, informierte ihn das Amulett. »Und mein Leben hängt auch nicht von dir ab. Aber für das Wohl von jemand anderem werde ich alles tun, was ich kann, um dich zu schützen. Jedenfalls für eine Weile.«
    Der Pirat schwieg. Die Blasen an seiner rechten Handfläche waren aufgeplatzt, und ein Ausdruck, der halb Grimasse, halb Grinsen war, hellte Kennits finstere Miene auf. Ein bisschen Schmerz war nichts. Sein Glück hielt an. Mit Glück konnte ein Mann viel erreichen.

18. Erfüllte Wünsche

    »Was habt Ihr mit meinem Vater gemacht?«
    Kennit sah von dem Essenstablett auf, das Wintrow gerade vor ihm abgestellt hatte. Der Pirat hatte sich umgezogen, gewaschen und frisiert. Diese letzte Anstrengung hatte ihn ziemlich erschöpft. Jetzt wollte er nur noch essen. Ettas Gejammer, wie viel Sorgen sie sich die ganze Zeit gemacht hatte, war schon anstrengend genug gewesen. Nachdem sie ihm frische Kleidung herausgelegt hatte, hatte er sie aus seiner Kajüte verbannt. Nichts ging ihm mehr auf die Nerven als Gejammer. Er wollte nicht in dieser Atmosphäre essen. Er ignorierte den Jungen einfach, nahm den Löffel in die Hand und rührte in der Suppe vor ihm. Karotten und Fischstücke kamen an die Oberfläche.
    »Ich bitte Euch, ich muss es wissen! Was habt Ihr mit meinem Vater gemacht?«
    Kennit sah den Jungen an, eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, hielt sie aber zurück. Wintrows Gesicht war so blass, wie ein gebräuntes, wettergegerbtes Gesicht nur werden konnte. Er stand sehr gerade und ruhig da. Doch sein schneller Atem und die Zähne, die sich in die Unterlippe gruben, verrieten ihn. Seine Augen blickten gehetzt. Vermutlich fühlte der Junge sich schlecht, aber man musste für seine Entscheidungen die Verantwortung übernehmen. »Ich habe nur das getan, worum du mich gebeten hast. Dein Vater ist jetzt woanders. Du musst dir keine Sorgen mehr um ihn machen; du brauchst ihn nicht zu sehen und dich auch nicht um ihn zu kümmern.« Bevor Wintrow weitere Fragen stellen konnte, fuhr Kennit fort: »Er ist in Sicherheit. Wenn ich ein Versprechen halte, dann nicht nur zur Hälfte.«
    Wintrow zuckte leicht nach vorn. Er sah aus, als habe man ihn in den Bauch geschlagen. »Ich wollte es nicht«, sagte er heiser. »Nicht so, dass er einfach verschwindet, während ich schlafe. Bitte, Sir, bringt ihn zurück. Ich kümmere mich um ihn und

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