Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
verspreche ich Euch.«
Das wenigstens stimmte. Sie hatte vor, sich mächtig zu beeilen. Ihre Absicht war, das Bingtowner Schiff zu überzeugen, nur sie und den Satrapen in ihre Stadt mitzunehmen. Es war sinnlos, die anderen Höflinge des Satrapen dabei zu haben. Ihre Geschichten sorgten vielleicht nur für Verwirrung unter den Händlern. Sie wollte, dass ihre Geschichte zuerst erzählt wurde und so am überzeugendsten war. Serilla richtete sich auf und hüllte sich fester in ihren Umhang. Sie hatte ihre Kleidung sorgfältig ausgesucht und sich sogar die Zeit genommen, ihr Haar zu frisieren. Sie wollte gebieterisch erscheinen und dennoch sachlich wirken. Zusätzlich zu dem spärlichen Schmuck, den sie trug, hatte sie an den Spitzen ihrer Schuhe einige der wertvollsten Ohrringe des Satrapen befestigt. Was auch immer aus ihr werden sollte, sie hatte nicht vor, noch einmal in Armut zu beginnen.
Sie ignorierte den chalcedeanischen Kapitän, der mürrisch neben ihnen stand, und trat an die Reling. Sie blickte über den Zwischenraum, der die beiden Schiffe trennte, und versuchte, Augenkontakt zu der Gruppe von Männern aufzunehmen, die sich auf dem anderen Schiff befanden. Die geschnitzte Galionsfigur starrte sie wütend an. Als sie trotzig die Arme vor der Brust verschränkte, stieß Serilla einen leisen Schrei aus. Ein Lebensschiff. Ein echtes Zauberschiff. In all den Jahren in Jamaillia-Stadt hatte sie noch nie eines gesehen. Die chalcedeanische Mannschaft neben ihr murmelte, und einige Matrosen machten Handzeichen, die ihrer Meinung nach Zauberei abhielten. Ihre abergläubische Furcht machte Serilla nur noch stärker. Solche Ängste hegte sie nicht. Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf, holte tief Luft und legte alle Kraft in ihre Stimme.
»Ich bin Serilla, die Herzensgefährtin von Magnadon Satrap Cosgo. Mein Fachgebiet ist Bingtown und seine Geschichte. Er hat mich auserwählt, ihn hierher zu begleiten. Da er jetzt von einer Krankheit geschwächt ist und leidet, hat er mich auserkoren, zu Euch zu kommen und Euch seine Grüße zu übermitteln. Schickt Ihr mir ein Boot?«
»Natürlich!«, rief ein korpulenter Mann mit einer weiten gelben Weste, aber ein bärtiger Mann schüttelte den Kopf.
»Schweigt, Restate! Ihr seid nur aufgrund meiner Gefälligkeit hier. Ihr da! Gefährtin! Ihr sagt, Ihr wollt zu uns kommen! Ihr allein?«
»Ich allein. Um Euch den Willen des Satrapen zu übermitteln!« Sie hob die Arme und öffnete ihren Umhang. »Ich bin eine Frau und unbewaffnet. Lasst Ihr mich zu Euch kommen und hört Euch meine Worte an? Sie könnten ein großes Missverständnis zwischen uns klären.«
Sie beobachtete, wie sie konferierten, aber sie vertraute darauf, dass sie sie holen würden. Das Schlimmste, was ihr passieren konnte, war, von ihnen als Geisel genommen zu werden. Und selbst dann würde sie endlich von diesem höllischen Schiff herunterkommen. Sie stand ruhig da, und der Wind zerzauste allmählich ihr sorgfältig gelegtes Haar. Sie wartete.
Der bärtige Mann trat wieder an die Reling. Er war offenbar der Kapitän des Lebensschiffes. Er deutete auf den chalcedeanischen Kapitän. »Schickt sie in Eurem Boot herüber! Zwei Seeleute am Ruder, nicht mehr.«
Der Kapitän sah sie tatsächlich an, bevor er sich an den Satrapen wandte. Ein Schauer des Triumphs durchfuhr sie. Hatte ihr Vergewaltiger letztendlich doch begriffen, dass sie auch ein Stück der Macht für sich selbst errungen hatte? Sie ermahnte sich zur Vorsicht und senkte den Blick. Zum ersten Mal hasste sie ihn genauso wie sie ihn fürchtete. Irgendwann bin ich vielleicht sogar stark genug, um dich zu töten, dachte sie.
Nachdem sich die beiden Kapitäne geeinigt hatten, ging alles sehr schnell. Sie wurde in das Boot hinuntergelassen, als wäre sie ein Frachtstück und kein Mensch. Das Boot selbst war beängstigend klein und tanzte auf den Wellen. Während sie zu dem Bingtowner Schiff hinüberruderten, schlugen die Wellen gegen die Ränder, und eine beträchtliche Menge Wasser schwappte hinein. Als sie das andere Schiff erreichten, stieg ein junger Seemann die Leiter herunter. Das Schlimmste an der ganzen Episode war der Moment, als sie in dem Boot aufstehen musste. Als eine Welle den kleinen Kahn weit genug emporhob, beugte sich der Seemann herunter und nahm sie in die Arme wie eine Katze, die eine Maus unter einem Schrank fängt. Er sagte kein Wort, und Serilla kam nicht einmal dazu, sich sicher zu fühlen, als er auch schon die Leiter
Weitere Kostenlose Bücher