Zauberschiffe 04 - Die Stunde des Piraten
zu demütigend. Kennit rappelte sich mühsam hoch.
So schnell der Tumult begonnen hatte, so unvermittelt endete er auch. Seine Männer standen noch. Jeder von der Meute, der ernstlich gekämpft hatte, lag am Boden. Der Rest der Männer hatte sich in sichere Entfernung zurückgezogen. Irgendwie war es Sorcor gelungen, sich durch das dichteste Gewühl zu schlagen, wie immer. Als Kennit das Gleichgewicht verlor und wieder in den Schlamm sank, ließ Sorcor achtlos einen verwundeten Mann aus Divvytown fallen, überwand rasch die Entfernung zwischen sich und seinem Herrn und streckte die Hand aus, die von Blut und Schlamm bedeckt war. Bevor Kennit widersprechen konnte, hatte Sorcor ihn an der Jacke gepackt und wieder auf die Füße gezogen. Etta suchte seine Krücke und hielt sie ihm hin. Sie war ebenfalls schlammüb er sät. Kennit nahm das schmutzige Ding und versuchte so unbeteiligt wie möglich auszusehen, als er sie unter die Schulter schob.
Wintrow hatte sich mittlerweile wieder etwas erholt und kniete. Er hielt sich den linken Arm mit der Rechten, ließ dabei aber das Messer nicht los. Als Etta das bemerkte, lachte sie stolz. Ohne auf sein Stöhnen zu achten, packte sie ihn am Kragen und zerrte ihn hoch. Zu Kennits Überraschung umarmte sie den Jungen sogar. »Nicht schlecht fürs erste Mal. Duck dich das nächste Mal tiefer.«
»Ich glaube, mein Arm ist gebrochen«, erwiderte er keuchend.
»Lass mal sehen.« Sie packte seinen Arm und tastete ihn mit den Fingern ab. Wintrow schrie unwillkürlich auf und versuchte von ihr wegzurücken, aber sie hielt ihn fest. »Er ist nicht gebrochen. Wenn er gebrochen wäre, dann wärst du ohnmächtig geworden, als ich das getan habe. Aber vielleicht ist er ein bisschen angeknackst. Jedenfalls wirst du es überstehen.«
»Hilf mir auf festeren Boden«, befahl ihr Kennit, aber es war Sorcor, der seinen Arm packte und dem Befehl Folge leistete. Etta und Wintrow folgten ihm gemeinsam. Einen Moment wurmte ihn das. Doch dann rief er sich wieder ins Gedächtnis, dass genau dies ja seine Absicht gewesen war. Er wollte Etta und Wintrow zusammenbringen. Sie gingen an einigen Männern vorbei, die gefallen waren. Einer saß da und betrachtete verwundert seinen aufgeschlitzten Bauch. Die anderen Einwohner von Divvytown hatten sich in respektvollem Abstand zurückgezogen. Einer seiner Leute blutete aus einer Schnittwunde am Bein, aber die meisten waren unverletzt geblieben. Dieses Ergebnis überraschte Kennit nicht besonders. Seine Männer hatten den Vorteil von vollen Bäuchen und vernünftigen Waffen genossen, waren erfahrene Kämpfer gegen einen Haufen Stadtschläger. Nur der pure Zufall hatte gegen ihn gestanden, doch ein paar Tote hatten die Karten rasch neu gemischt.
Sobald er wieder allein stehen konnte, wischte sich Kennit die Hände an der Vorderseite seiner hoffnungslos ruinierten Hose ab. Er sah an den Matrosen vorbei, die ihn schützend umringten, auf die verkohlten Reste der Stadt. Nirgendwo konnte er ein Bad nehmen, nirgendwo in Ruhe etwas trinken, nirgendwo seine Beute verkaufen. Von Divvytown war nichts mehr übrig. Es war sinnlos zu bleiben. »Machen wir, dass wir hier wegkommen«, befahl er Sorcor. »In Bullenbach gibt es einen Kerl, der Beziehungen nach Candeltown hat. Als wir das letzte Mal dort waren, hat er damit geprahlt, uns bessere Konditionen für unsere Beute bieten zu können. Vielleicht versuchen wir es mit ihm.«
»Sir«, bestätigte Sorcor den Befehl. Dann senkte er den Kopf, als würde er den Sand zwischen seinen Stiefeln mustern. »Sir, ich nehme Alyssum mit.«
»Wenn es sein muss«, erwiderte Kennit gereizt. Als der große Mann den Blick hob, bemerkte Kennit das ärgerliche Funkeln in den Augen des Piraten. »Und natürlich muss es sein«, fuhr der Piratenkapitän schnell fort und schüttelte traurig den Kopf. »Was bleibt dem armen Mädchen hier denn noch? Du bist der einzige Beschützer, den sie jetzt noch hat, Sorcor. Ich betrachte es als deine Pflicht. Du musst es tun.«
Sorcor nickte gewichtig. »Genauso sehe ich das auch, Sir.«
Kennit warf einen angewiderten Blick auf den Schlamm, durch den er auf dem Weg zurück zum Boot waten musste. Irgendwie musste er das so schaffen, dass es für ihn nicht schwieriger aussah als für alle anderen. Er umklammerte die schlammige Krücke fester. »Gehen wir. Hier bleibt uns nichts mehr zu tun.«
Er bedachte die Leute, die in kleinen Gruppen herumstanden, mit einem misstrauischen Blick. Sie starrten die
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