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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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raschelten im Wind. Girlanden über Torbögen waren nur noch kahle Zweige, deren Blätter auf dem Boden verrotteten. Tische, Stühle und das Podest standen immer noch da. Auf einigen Tischen stand sogar noch Geschirr.
    Ronica sah sich mit wachsendem Ekel um. Wo waren die Händler, die die Halle für die Versammlung vorbereiten sollten? Was war aus den Händlern geworden, die für den Zustand der Halle die Verantwortung trugen? Kümmerte sich jeder nur noch um sein eigenes Wohlergehen?
    Eine Weile wartete sie einfach in der dämmrigen, kalten Halle. Dann raubten ihr Unordnung und Schmutz die Ruhe. In ihrer Jugend hatten Ephron und sie eine Weile die Verantwortung als Hallenhüter getragen. Es versetzte ihr einen seltsamen Stich ins Herz, als sie sich daran erinnerte, dass Davad und Dorill mit ihnen zusammen gearbeitet hatten. Sie waren immer früher zu den Treffen gekommen, um die Öllampen zu füllen und die Feuer zu entfachen, und waren länger geblieben, um die Holzbänke mit geölten Lappen abzuwischen und den Boden zu fegen. Damals war das eine einfache, erfreuliche Arbeit gewesen, die sie gemeinsam mit anderen jungen Händlerpaaren erledigt hatten.
    Sie fand die Besen, die Kerzen und das Lampenöl dort, wo sie immer gewesen waren. Es besserte ihre Laune ein wenig, als sie feststellte, das der kleine Lagerraum nicht geplündert worden war. Das bedeutete, dass die Sklaven oder die Neuen Händler die anderen Plünderungen begangen haben mussten, denn jede Händlerfamilie wusste, wo sie nach den Vorräten hätte suchen müssen. Sie konnte die Halle zwar nicht vollkommen in Ordnung bringen, aber sie konnte zumindest damit anfangen.
    Zuerst brauchte sie Licht. Sie stieg auf einen Stuhl, um die Wandlaternen zu füllen und zu entzünden. Die Flammen flackerten im Wind und beleuchteten noch deutlicher den Schmutz und die Blätter, die mit dem eingebrochenen Teil des Daches in die Halle gefallen waren. Sie sammelte das herumliegende Geschirr in einen Waschzuber und stellte ihn zur Seite. Dann zog sie die feuchten Bänder und entlaubten Girlanden von den Wänden und häufte sie in einer Ecke auf. Der Besen wirkte winzig gegen den riesigen Haufen Dreck in der großen Halle, aber sie machte sich dennoch unverzagt ans Werk. Es fühlte sich gut an, körperlich zu arbeiten. Sie summte sogar das alte Besenlied, als sie den Schmutz über den Boden schob.
    Beinahe glaubte sie Dorills Altstimme zu hören, die den Antwortvers sang.
    Das Kratzen des Besens übertönte die leisen Schritte. Ronica bemerkte die anderen erst, als sich zwei Frauen ebenfalls mit Besen bewaffnet an die Arbeit machten. Erschreckt hielt sie inne und sah sich um. Eine Gruppe von Händlern scharte sich am Eingang zusammen. Einige starrten Ronica mit leeren Blicken an, aber andere schoben sich an den Gaffern vorbei. Die Männer schleppten Ladungen von Feuerholz herein, und eine Gruppe jüngerer Leute schaffte vereint die stinkenden Bänder und Girlanden hinaus. Plötzlich löste sich auch die Anspannung bei den Wartenden, und sie strömten in die Halle. Einige begannen, Bänke und Stühle ordentlich aufzustellen. Es wurden noch mehr Lampen entzündet, und das Summen von Gesprächen erfüllte den Raum. Als zum ersten Mal jemand lachte, erstarb die Unterhaltung, als würde dieses fremdartige Geräusch sie erschrecken. Dann jedoch wurden die Gespräche fortgesetzt, und es kam Ronica so vor, als wären sie lebhafter als zuvor.
    Sie betrachtete ihre Nachbarn und Freunde. Die sich jetzt versammelten, waren Abkömmlinge der Siedler, die zuerst an die Verwunschenen Ufer gekommen waren. Sie hatten wenig mehr als Landschenkungen und eine Charta vom Satrapen Esclepius besessen. Ihre Vorfahren waren Ausgestoßene, Gesetzlose und jüngere Söhne gewesen. Sie konnten nur wenig Hoffnung hegen, in Jamaillia ein Vermögen zu erlangen, und beschlossen, ihr Glück an den geheimnisvollen Verwunschenen Ufern zu suchen. Ihre ersten Siedlungsversuche waren gescheitert, von dem geheimnisvollen Bösen in den Untergang gerissen, das den Regenwildfluss hinabzuströmen schien. Sie waren immer weiter von dem ursprünglich so viel versprechenden Wasserweg abgerückt, bis sie schließlich an der Bucht von Bingtown gesiedelt hatten.
    Einige ihrer Verwandten waren geblieben, um den Widrigkeiten des Lebens am Regenwildfluss zu trotzen. Der Fluss hatte diejenigen gezeichnet, die an seinen Ufern lebten, aber kein echter Händler hatte jemals die Tatsache aus den Augen verloren, dass sie alle

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