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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dunkelblauen Robe in einer entfernten Ecke des Saals erhob.
    »Händlersohn Grag Tenira«, stellte er sich selbst vor. »Und ich habe eine schriftliche und beglaubigte Vollmacht, für meine Familie zu sprechen. Ich spreche für Tomie Tenira.«
    »Dann sprecht«, forderte Dwicker ihn auf.
    Der Händlersohn zögerte einen kurzen Moment. »Ich schlage vor, dass wir drei Händler bestimmen, die den Tod von Händler Restate und den Zustand seines Besitzes untersuchen. Ich erhebe Anspruch in dieser Angelegenheit, weil der Tenira-Familie Gelder aus dem Vermögen zustehen.«
    Roed Caern war sofort auf den Beinen. Aber diesmal war er etwas zu hastig. »Ist das wirklich ein wichtiges Anliegen?«, verlangte er zu wissen. »Das Schuldenproblem wurde bereits am Anfang des Treffens besprochen. Außerdem, wie soll der Tod eines Mannes eine Schuld beeinflussen?«
    Grag Tenira wirkte jedoch nicht sonderlich beeindruckt. »Eine Erbschaft ist keine Schuld, denke ich. Falls der Besitz konfisziert wurde, müssen wir alle Hoffnung aufgeben, wiederzubekommen, was man uns schuldet. Falls der Besitz jedoch vererbt wird, dann haben wir ein Interesse daran, dafür zu sorgen, dass er an den rechtmäßigen Erben übergeben wird, bevor er –heruntergewirtschaftet ist.« Er sagte »heruntergewirtschaftet«, aber das Wort, das darunter mitklang, war »ausgeplündert«.
    Serilla konnte nicht verhindern, dass sie rot anlief. Ihr Mund war trocken, und sie brachte kein Wort heraus. Das hier war noch viel schlimmer, als ignoriert zu werden; er hatte sie quasi des Diebstahls beschuldigt.
    Händler Dwicker schien ihre Bestürzung nicht zu bemerken.
    Ihm war offenbar nicht einmal bewusst, dass eigentlich sie hätte antworten müssen. Stattdessen lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück und sagte ernst: »Dass eine Gruppe von drei Händlern diese Angelegenheit untersucht, scheint mir eine vernünftige Forderung zu sein. Vor allem, weil bereits ein anderes Mitglied einer Händlerfamilie seine Besorgnis darüber geäußert hat. Würden bitte Freiwillige ohne Verbindung zu dieser Angelegenheit aufstehen?«
    Es ging alles unglaublich schnell. Serilla verstand nicht einmal die Namen der Händler, die Dwicker auswählte: eine junge Frau mit einem zappelnden Kleinkind im Arm und einen alten Mann mit einem faltigen Gesicht, der sich auf eine Krücke stützte. Wie sollte sie Einfluss auf solche Leute ausüben? Sie hatte das Gefühl, als würde sie in ihren Stuhl versinken, als eine Welle aus Niedergeschlagenheit und Scham über sie hinwegspülte. Die Intensität der Scham verblüffte sie und ließ Verzweiflung zurück. Irgendwie war alles miteinander verbunden. Das war die Macht, die Männer über sie ausüben konnten:
    Sie erhaschte einen kurzen Blick auf Ronica Vestrits Gesicht.
    Das Mitleid in den Blicken der alten Frau entsetzte Serilla. War sie so tief gesunken, dass selbst ihre Feinde sie bemitleideten, während sie sie in Stücke rissen?
    Ronica saß unauffällig und ruhig da. Sie würden für Grag Tenira tun, was sie ihr verweigerten. Sie würden Davads Tod untersuchen. Das war das Entscheidende.
    Als sie sah, wie blass die Gefährtin geworden war, lenkte sie das von ihren Gedanken ab. Würde die Frau ohnmächtig werden? In gewisser Weise tat sie ihr Leid. Sie war fremd hier und in den Wirren dieser Bürgerstreitigkeiten gefangen, ohne jede Hoffnung, sich daraus befreien zu können. Sie schien sogar in ihrer Rolle als Gefährtin gefangen zu sein. Trotzdem fiel es ihr schwer, jemanden zu bemitleiden, der so darauf versessen war, um jeden Preis Macht für sich zu gewinnen.
    Ronica saß da und beobachtete sie so eindringlich, dass sie nicht merkte, wie die Zusammenkunft endete. Händler Dwicker hatte sie zu einem letzten Gebet vereint, in dem er Sa um Stärke bat und sich bei der Gottheit für ihr Überleben bedankte.
    Die Stimmen, die antworteten, waren eindeutig kräftiger als diejenigen, die ihm bei seinem Einführungsgebet geantwortet hatten. Es war ein gutes Zeichen. Alles, was hier passiert war, war gut gewesen, gut für Bingtown.
    Gefährtin Serilla ging hinaus, nicht mit Händler Drur, sondern am Arm von Roed Caern. Der große, gut aussehende Händlersohn funkelte alle finster an, während er sie aus der Halle führte. So mancher Händler neben Ronica schaute dem Paar nach. Sie wirkten beinahe wie ein Ehepaar am Rand eines handfesten Krachs. Die Beunruhigung auf der Miene der Gefährtin gefiel Ronica gar nicht. Bedrängte Caern sie?
    Ronica hatte nicht

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