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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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auf dem Vordeck.
    Er besaß doch tatsächlich die Frechheit, sie freundlich anzulächeln und willkommen zu heißen. Allerdings trat er von der Leiter weg, als sie sich näherte. Vermutlich wusste er, dass sie versuchen würde, ihn umzuwerfen und ihm das Genick zu brechen, wenn er ihr zu nahe kam.
    »Jetzt beweg deinen anderen Fuß«, sagte Jek ruhig. »Und setz ihn auf die nächste Sprosse.«
    »Was?« Wovon redete sie?
    »Hier«, sagte Jek und hob Althea auf die Leiter. Sie griff danach, hielt sich fest, und dann schob Jek sie ohne viel Federlesens den Rest hinauf. Althea krabbelte auf Händen und Füßen auf das Vordeck. Sie wusste zwar, dass daran irgendwas nicht stimmte, aber sie wusste nicht, wie sie es sonst hätte bewerkstelligen sollen. Dann stand Jek neben ihr und zog sie hoch.
    »Lass mich los!«, befahl ihr Althea. »Ich will alleine gehen.«
    »Es geht Euch nicht gut«, sagte Kennit mitfühlend. »Ich werfe Euch nichts von dem hier vor.«
    »Du Mistkerl!«, fuhr sie ihn an. Einen Moment glaubte sie, dass er näher getreten wäre. Sie holte aus und schlug nach ihm, doch dann stand er wieder da, wo er zuvor gestanden hatte, der Feigling. »Ich werde dich umbringen«, versprach sie ihm.
    »Aber nicht hier, wo du auf mein Deck bluten kannst.«
    »Althea!«
    Die geliebte Stimme klang erschrocken vor Sorge um sie, aber da schwang auch noch etwas anderes mit, etwas, was Althea nicht genau benennen konnte. Sie drehte sich um, und nachdem sich ihre Sicht wieder geklärt hatte, sah sie Viviace, die sie musterte. Sie hätte fröhlich aussehen müssen, nicht besorgt. »Es wird alles gut«, sagte sie leise. »Ich bin ja da.« Sie versuchte, zu ihr zu laufen, aber sie stolperte nur. Jek war plötzlich wieder neben ihr und half ihr zur Reling. »Ich bin jetzt hier, Schiff«, erklärte sie. Endlich, nach all den Monaten.
    »Was hat er dir angetan? Warum hat er dir das angetan?«
    Es war Viviace, und sie war es auch wiederum nicht. Alle Gesichtszüge hatten sich unmerklich verändert. Ihre Augen waren zu grün, und der Schwung ihrer Brauen war zu deutlich.
    Ihr Haar war wie eine Mähne und hing ihr wild ins Gesicht.
    Doch abgesehen von all dem war der Hauptunterschied das, was sie fühlte, während sie die Reling umklammerte. Sie hatten einmal wie zwei Stücke eines Puzzles zusammengepasst und sich vollkommen ergänzt. Jetzt war es jedoch, als umfasse sie Jeks Hände oder Paragons Reling. Es war zwar Viviace, aber sie war auch ohne Althea vollkommen.
    Nur war Althea nicht vollkommen ohne sie. Die Stellen in ihr, die das Schiff hätte füllen sollen, blieben leer und schmerzten nun schlimmer als je zuvor.
    »Ich bin jetzt eins«, bestätigte das Schiff leise. »Die Erinnerungen deiner Familie haben sich mit denen des Drachen vermischt. Es musste sein, Althea. Ich konnte sie nicht verleugnen, ebenso wenig wie sie ohne mich weitermachen konnte. Du nimmst mir das doch nicht übel, oder? Ich meine, dass ich jetzt vollkommen bin?«
    »Aber ich brauche dich!« Die Worte brachen aus Althea heraus bevor sie noch ganz erfasst hatte, was sie bedeuteten. Es war schrecklich, mit einer solchen Wahrheit herauszuplatzen, die man zuvor selbst niemals erkannt hatte. »Wie soll ich ohne dich ich selbst sein?«
    »So wie vorher auch«, antwortete das Schiff. Althea hörte die Klugheit ihres Vaters aus dieser Antwort heraus, und noch eine andere, uralte Weisheit.
    »Aber ich bin verletzt«, hörte sich Althea sagen. Die Worte sprudelten aus ihr heraus wie Blut aus einer Wunde.
    »Du wirst wieder gesund werden«, versicherte ihr Viviace.
    »Du brauchst mich nicht…« Diese Erkenntnis ließ Althea taumeln. Da war sie so weit gekommen, hatte so viel durchgemacht und so unendlich viel verloren, nur um das herauszufinden.
    »Liebe existiert auch ohne Bedürfnisse«, erklärte Viviace freundlich. In den Fluten um das Schiff herum tauchten mehrere Köpfe von Seeschlangen auf, die sie ernst beobachteten. Entweder spielten ihre Augen ihr immer noch einen Streich, oder die Gelb-Grüne war verkrüppelt.
    Von irgendwoher tauchte Wintrow auf und umklammerte jetzt die Reling neben ihr. »O Schiff, du bist wunderschön!«, rief er. Althea spürte seine merkwürdige Ausstrahlung. »Du… Du ergibst endlich Sinn. Du bist vollständig.«
    »Geh weg!«, befahl Althea ihm nachdrücklich.
    »Du musst dich ausruhen«, riet er ihr freundlich. Höfliche, hohle Freundlichkeit, wie die von Kennit.
    Sie schlug nach ihm, aber er zuckte mit dem Kopf zurück.
    »Geh

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