Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
Körpers. Paragon hielt schützend die Hände unter sie.
Als Mutter wieder an die Reling getreten war, hatte sie zustimmend geknurrt. Seitdem verfolgte sie interessiert den Fortgang der Arbeit. Was einige Hingabe erforderte, denn Amber arbeitete Tag und Nacht. Sie begann mit Säge und Meißel und entfernte große Stücke seines Gesichts. Dann machte sie sich an Brust und Oberarme. »Nur um die Proportionen zu wahren«, erklärte sie. Seine suchenden Finger ertasteten nur raue Oberfläche. Die sich schnell veränderte, denn Amber arbeitete mit einer Besessenheit, die Paragon noch nie erlebt hatte. Weder Regen noch Wind konnte sie abschrecken. Wenn es dunkel wurde, hängte sie Laternen auf und arbeitete dann weiter.
Als Brashen sie einmal davor warnte, nachts zu arbeiten, erwiderte sie, dass die Arbeit ihre Seele besser erfrischte, als jeder Schlaf es konnte. Das langsame Heilen ihrer Verletzungen konnte sie ebenfalls nicht bremsen.
Aber sie benutzte nicht nur ihre Werkzeuge, sondern hatte auch den Trick heraus, ihre Finger einzusetzen. Eine solche Berührung hatte er noch nie erlebt. Ein Druck ihrer Fingerspitzen konnte eine Linie seines Gesichts glätten, und als sie ein raues Stück erwischte, tupfte sie gegen die Fasern seines Gesichts, und sie ordneten sich unter ihrer kribbelnden Berührung.
»Du hast ihn geliebt, stimmt's? Der, nach dem du mich schnitzt.«
»Natürlich habe ich ihn geliebt. Und jetzt hör auf, weiter zu bohren.«
Manchmal, wenn sie an seinem Gesicht arbeitete, konnte er ihre Liebe zu den Zügen spüren, die sie schnitzte. Er hatte jetzt keinen Bart mehr und sah jugendlicher aus. Sein Aussehen passte mehr zu seiner Stimme und zu dem, der zu sein er empfand. Dennoch quälte ihn die Neugier, da es das Gesicht von jemandem war, den Amber liebte. Sie sprach zwar nicht von ihm, aber wenn ihre Finger sanft über sein Gesicht glitten, sah er in ihrem Kopf den Mann, an den sie dachte.
»Jetzt bin ich Schicht auf Schicht auf Schicht«, bemerkte er, als er sie zur Reling hinauf hob. »Drache und Drache unter Paragon Ludluck unter… Wer auch immer das sein mag. Wirst du mir auch seinen Namen geben?«
»Paragon passt besser zu dir als jeder andere Name.« Sie schwieg einen Moment. »Drache und Drache?«, fragte sie ruhig.
»Sehr gut, danke, und wie geht es dir heute?« Er grinste, als er es sagte. Aber seine Höflichkeit verdeckte seine Absicht natürlich nicht im Geringsten. Die Drachen waren seine Angelegenheit, genauso wie die Identität des Mannes, dessen Gesicht er trug, die von Amber war.
Brashen war auf das Vordeck gekommen. Als Amber von der Reling herunterstieg, ermahnte er sie ernst: »Ich mag es nicht, dass du hier ohne eine Leine arbeitest. Wir segeln so schnell, dass wir zu spät merken würden, dass du weg bist.«
»Fürchtest du immer noch, dass ich sie unbemerkt fallen lassen könnte, Brashen?«, fragte Paragon ernst.
Brashen betrachtete die geschlossenen Augen von Paragon.
Seine jungenhafte Stirn war ohne Falten, als er auf Brashens Antwort wartete. Nach, einem kurzen, aber unbehaglichen Schweigen erklärte Brashen schließlich: »Dem Kapitän obliegt die Pflicht, alle Möglichkeiten zu bedenken, Schiff.« Dann wechselte er das Thema und sprach Amber an. »Hübscher Ohrring. Heißt das, du bist fast fertig?«
»Ich bin fertig. Bis auf einige kleine Glättungen an seinem Gesicht.« Sie spitzte nachdenklich die Lippen. »Und ich möchte auch noch einige kleinere Verzierungen auf seiner Ausrüstung anbringen.«
Brashen beugte sich über die Bugreling und musterte kritisch die Galionsfigur. Amber hatte in erstaunlich kurzer Zeit bemerkenswerte Arbeit geleistet. Aus ihren Zeichnungen schloss er, dass sie das schon seit ihrer Abfahrt aus Bingtown geplant hatte. Zusätzlich zu dem Ohrring hatte sie die Hexenholzabfälle zu einem Kupferarmband und einem ledernen Brustpanzer verarbeitet. Von einer Schlaufe hing eine kurzstielige Streitaxt herunter.
»Sehr gut aussehend«, bemerkte Brashen und fragte Amber leiser: »Wirst du seine Nase noch reparieren?«
»An seiner Nase gibt es nichts zu reparieren«, erwiderte Amber warnend.
»Mmh.« Brashen betrachtete den schiefen Nasenrücken.
»Nun, ich denke, ein Seemann sollte ein oder zwei Narben im Gesicht haben. Außerdem verleiht die gebrochene Nase ihm ein sehr entschlossenes Aussehen. Warum hat er eine Axt?«
»Ich musste das Holz verbrauchen«, erwiderte Amber ausweichend. »Es ist nur ein Schmuckgegenstand. Er hat ihm zwar die
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