Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
Begleitung des Satrapen von Jamaillia.« Sie holte tief Luft und mäßigte ihren Tonfall. »Da wir alle hier festsitzen und warten müssen, kannst du mir eigentlich erzählen, wie du hierher gekommen bist. Wie hast du überhaupt Bingtown verlassen?«
Malta wollte nicht als Erste sprechen. Ein winziger Seitenblick zum Satrapen machte Wintrow auch den Grund für ihr Zögern deutlich. Althea bemerkte ihn nicht. Aber Maltas Tante war noch nie besonders subtil gewesen. Sie runzelte wegen des Zögerns ihrer Nichte nur die Stirn. Malta war erleichtert, als Wintrow ihr zu Hilfe kam. »Ich war der Erste, der Bingtown verlassen hat. Althea weiß ein bisschen von dem, was ich durchgemacht habe, aber Malta weiß noch gar nichts. Althea hat Recht. Wenn wir warten müssen, können wir die Zeit auch sinnvoll nutzen. Ich werde euch erst von meinen Reisen berichten.« Sein Blick war sowohl mitfühlend als auch beschämt, als er hinzufügte: »Ich weiß, wie sehnsüchtig du auf Nachrichten von unserem Vater wartest. Ich wünschte, ich könnte dir Besseres berichten.«
Er begann mit einem kurzen, aber ehrlichen Bericht von den Ereignissen, die in der Zwischenzeit geschehen waren. Malta mochte es kaum glauben, dass er auf Befehl ihres Vaters tätowiert und versklavt worden war. Was war aus seiner Tätowierung geworden? Sie biss sich auf die Zunge, damit sie ihn keinen Lügner nannte. Die Geschichte vom Verschwinden ihres Vaters war genauso unwahrscheinlich wie die, dass Wintrow eine Seeschlange gerettet hatte. Als er berichtete, wie das Schiff ihn geheilt und die Narbe ausgemerzt hätte, war sie zwar skeptisch, schwieg aber.
Altheas Miene machte deutlich, dass auch sie noch keinen vollständigen Bericht über Wintrows Reise gehört hatte. Sie zumindest wirkte vollkommen bereit zu glauben, dass Kyle Haven zu allem fähig war. Als Wintrow davon berichtete, wie Kennit seinen Vater hatte verschwinden lassen, schüttelte sie nur den Kopf. Jek, die große Frau aus den Sechs Herzogtümern, hörte gebannt zu, als wüsste sie ein gutes Seemannsgarn zu schätzen. Der Satrap saß neben Malta und aß und trank, ohne auf die anderen zu achten. Noch bevor Wintrow zu Ende gesprochen hatte, legte sich der Herrscher von Ganz-Jamaillia wieder in die Koje und drehte sich zur Wand um.
Als Wintrow schließlich verstummte, sah Althea Malta erwartungsvoll an. Aber die meinte nur: »Wir wollen unsere Geschichten der Reihe nach erzählen. Du hast Bingtown als Nächste verlassen.«
Althea räusperte sich. Wintrows einfache Geschichte hatte sie mehr bewegt, als sie sich anmerken lassen wollte.
Entscheidungen, die sie ihm vorgeworfen hatte, waren jetzt verständlich geworden. Sie hätte ihm wirklich vorher ermöglichen sollen, ihr all das zu erzählen. Und sie schuldete ihm eine Entschuldigung. Später. Nach allem, was er mit Kennit erlebt hatte, war es kein Wunder, dass er sich auf die Seite des Mannes geschlagen hatte. Es war sehr verständlich, wenn nicht sogar verzeihlich. Sie merkte, dass sie ihn schweigend anstarrte. Sein Gesicht war gerötet. Althea blickte zur Seite und versuchte, ihre eigenen Gedanken zu ordnen. Es gab so viel, was sie diesen Jugendlichen nicht mitteilen mochte. Schuldete sie Malta die Wahrheit über ihre Beziehung zu Brashen? Sie konnte ihnen die Tatsachen schildern, aber ihre Gefühle würde sie für sich behalten. Die gehörten ihr allein.
»Malta wird sich noch an den Tag erinnern, als wir Bingtown auf dem Paragon verlassen haben. Das Schiff segelte gut, und die ersten Tage lief alles glatt. Aber dann…«
»Warte«, unterbrach Wintrow seine Tante. »Fang bei dem Tag an, an dem ich dich das letzte Mal gesehen habe. Ich möchte alles hören.«
»Einverstanden«, willigte Althea mürrisch ein. Eine Weile betrachtete sie den Himmel vor dem Bullauge. Wintrow spürte, dass sie überlegte, wie viel sie ihm mitteilen sollte. Als sie schließlich begann, schilderte sie die Dinge auf eine kühle, trockene Art. Ihre Stimme wurde vollkommen teilnahmslos, als sie sich den letzten Ereignissen näherte. Vielleicht konnte sie nur so darüber sprechen. Sie sah Wintrow nicht an, sondern berichtete Malta davon, wie der Paragon mit Mann und Maus versenkt worden war, und von dem Tod Brashen Trells. Mit kalter, tonloser Stimme beschrieb sie ihre Vergewaltigung.
Wintrow senkte erschrocken den Blick, als er das Glühen des Verständnisses und des Hasses in Maltas Augen erkannte. Er unterbrach sie nicht und schwieg, bis Althea sagte: »Natürlich
Weitere Kostenlose Bücher