Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
glaubt mir keiner an Bord. Kennit hat sie alle mit seiner vornehmen Art beeindruckt. Selbst mein eigenes Schiff zweifelt an mir.«
Wintrows Mund war trocken. »Althea, ich zweifle nicht an dir.« Es waren mit die schmerzlichsten Worte, die er je gesagt hatte.
Ihr Blick brach ihm beinahe das Herz. »Du hast dich aber auch niemals für mich eingesetzt«, beschuldigte sie ihn.
»Es hätte nichts genützt.« Die Worte klangen feige, sogar für seine eigenen Ohren. Er senkte den Blick und sagte aufrichtig:
»Ich glaube dir, weil Etta mir gesagt hat, dass sie dir glaubt. Deshalb hat sie das Schiff verlassen. Weil sie nicht als Zeugin dessen, was er getan hatte, weiter hier bleiben mochte. Sa steh mir bei, ich bin geblieben, und ich habe geschwiegen.«
»Warum?« Diese einfache Frage stellte nicht seine Tante, sondern seine Schwester. Er musste sich zwingen, Malta anzusehen.
»Ich kenne Kennit«, antwortete er schließlich. Die Wahrheit einzugestehen, zerriss ihn jetzt beinahe. »Er hat gute Dinge bewirkt, sogar große Dinge. Ein Grund, warum er sie tun konnte, ist der, dass er sich nicht an Regeln hält.« Sein Blick glitt von Maltas zweifelndem Gesicht zu Altheas versteinerter Miene. »Er hat viel Gutes erreicht«, wiederholte er leise. »Ich wollte daran teilhaben. Also bin ich ihm gefolgt. Und habe all die bösen Dinge übersehen, die er getan hat. Ich wurde sehr gut darin, zu ignorieren, was ich nicht hätte ertragen können. Und als er schließlich seine Bosheit direkt gegen eine von meinem Blut richtete, war es immer noch einfacher, es nicht laut einzugestehen.« Seine Stimme wurde zu einem Flüstern.
»Selbst jetzt werde ich ein Teil davon, indem ich es eingestehe. Das ist der schwierigste Teil. Ich wollte an dem Ruhm teilhaben, den er durch das Gute errang, das er tat. Aber wenn ich das beanspruche, dann…«
»Du kannst nicht mit Scheiße spielen und hoffen, dass du nicht stinkst«, erklärte Jek nachdrücklich.
Sie legte ihre große Hand auf Altheas Knie. »Es tut mir Leid«, sagte sie einfach.
Wintrow schämte sich. »Es tut mir auch Leid, Althea. Unendlich Leid. Und zwar nicht nur, dass ich dir das angetan habe, sondern auch, dass du mein Schweigen ertragen musstest.«
»Wir müssen ihn umbringen«, fuhr Jek fort, als weder Althea noch Malta etwas sagten. »Ich sehe da keine Alternative.«
Einen eisigen Augenblick lang glaubte Wintrow, sie meinte ihn. Althea schüttelte langsam den Kopf. Sie hatte Tränen in den Augen, aber sie rannen ihr nicht über die Wangen. »Ich habe auch daran gedacht. Zuerst habe ich ausschließlich daran gedacht. Ich würde es sofort tun, wenn ich es bewerkstelligen könnte, ohne das Schiff zu verletzen. Bevor ich jedoch diesen Schritt unternehme, muss sie ihn als das sehen, was er ist. Wintrow, willst du mir dabei helfen Viviace dazu zu bringen, ihn als das zu erkennen, was er tatsächlich ist?«
Wintrow hob das Kinn. »Das muss ich. Nicht für dich und auch nicht für das Schiff. Sondern für mich selbst.«
»Aber was ist mit Vater?«, fragte Malta leise. Sie klang gequält. »Althea, ich bitte dich, bedenke das. Wenn nicht für seine Kinder, dann für Keffria, deine Schwester. Was du auch immer von Kyle hältst, bitte gefährde die Rückkehr meines Vaters nicht. Halte dich in Bezug auf Kennit zurück, wenigstens so lange bis…«
Ein langes tiefes Geräusch vibrierte plötzlich durch das ganze Schiff. Althea konnte es hören, und ihre Knochen vibrierten bei dem Geräusch. Eine Bedeutung, die sie beinahe erkennen konnte, durchströmte sie, und sie bekam eine Gänsehaut. Sie vergaß alles andere und suchte danach.
»Das ist Viviace«, erklärte Wintrow überflüssigerweise.
Maltas Miene wurde starr. »Sie ruft die Seeschlangen«, sagte sie leise.
Althea und Wintrow starrten Malta an. Ihre Augen waren groß und dunkel.
In dem folgenden Schweigen hörte man ein Schnarchen aus der Koje, in der der Satrap lag. Malta zuckte zusammen, als wache sie auf, und lachte dann kalt. »Das hört sich an, als könnte ich jetzt frei sprechen, ohne unterbrochen, korrigiert und des Hochverrats beschuldigt zu werden.« Zu Altheas Überraschung wischte sie sich die Tränen ab, die ihr plötzlich in die Augen getreten waren, verschmierte dabei ihre Schminke und holte zitternd Luft. Dann zog sie die Handschuhe aus. Ihre Hände waren rot von Verätzungen. Sie riss sich den Turban vom Kopf und warf ihn zu Boden. Eine erschreckende rote Narbe begann hoch auf ihrer Stirn und reichte bis in
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