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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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möglicherweise zwingt ihn seine eigene Vision dazu, Dinge zu tun, die anderen Menschen verboten sind.«
    Malta neigte den Kopf. »Reden wir immer noch davon, den Satrapen wieder auf seinen Thron zu setzen?«, fragte sie.
    »Oder versucht Ihr zu entschuldigen, was er meinem Vater angetan hat?« Und meiner Tante, fügte sie im Stillen hinzu.
    »Das Verhalten Eures Vaters bedarf wohl mehr der Entschuldigung als das von Kennit«, erwiderte Etta kalt. »Fragt Wintrow, wie es ist, Sklavenketten und Tätowierungen tragen zu müssen. Euer Vater hat bekommen, was er verdient.«
    »Vielleicht bekommen wir alle, was wir verdienen«, erwiderte Malta scharf. Sie musterte Etta und sah, dass die Frau vor Wut errötete. Doch als sie kurz unverhüllten Schmerz in Ettas Blick aufflammen sah, tat ihr die Piratenfrau Leid.
    »Vielleicht«, antwortete Etta. »Nehmt den Stuhl.« Eine armselige Rache, dachte Malta, als sie unbeholfen den schweren Stuhl trug und sich beim Gehen an den dicken Sprossen die Schienbeine stieß.

    Reyn Khuprus hielt sich im Hintergrund des Vordecks, wo er alles sehen konnte, ohne gesehen zu werden. Er beobachtete Malta. Der Schleier verdunkelte seine Sicht, aber er starrte sie sehnsüchtig an. Was er sah, schmerzte ihn, aber er konnte nicht wegsehen. Sie lächelte den Satrapen an, als sie ihm einen Stuhl hinstellte. Dann drehte sie sich zu der großen Frau an ihrer Seite um und deutete erfreut auf den roten Umhang, den diese in der Hand hielt. Das Gesicht des Satrapen hatte seinen stolzen Ausdruck nicht verloren. Er hob das Kinn an. Was dann passierte, war für Reyn wie ein Stoß mit dem Messer. Malta zog dem Satrapen den nassen Umhang aus und lächelte ihn dabei herzlich an. Er konnte ihre Stimme nicht hören, aber ihre zärtliche Sorge war nicht zu übersehen. Achtlos warf sie das nasse Kleidungsstück beiseite und hüllte den Satrapen dann in den großen roten Umhang. Sie zog die Kapuze hoch und befestigte sie um seinen Kopf. Mit leichten Berührungen ihrer Hand schob sie dem Satrapen die feuchten Locken aus der Stirn und von den Wangen. Als er sich schließlich gesetzt hatte, kümmerte sie sich um den Fall des Umhangs und kniete sich sogar hin, um die Falten zu richten.
    Jede ihrer Berührungen verriet Zärtlichkeit. Er konnte es ihr nicht vorwerfen. Der Satrap mit seinen blassen, edlen Gesichtszügen und seinem vornehmen Verhalten war eine wesentlich passendere Partie für Malta Vestrit als ein schuppiger und ramponierter Regenwildmann. Es versetzte ihm einen schmerzhaften Stich, als ihm wieder einfiel, dass sie mit diesem Mann ihren ersten Tanz auf ihrem Einführungsball getanzt hatte. Hatte ihr Herz schon damals angefangen, für ihn zu schlagen? Sie trat hinter den Stuhl des Satrapen und legte ihre Hände vertraulich auf die Lehne. Die Mühsal, die sie beide durchlitten hatten, hatte sie zweifellos zusammengeschweißt.
    Welcher Mann konnte dem Charme und der Schönheit dieser Frau schon lange widerstehen? Zweifellos war der Satrap sehr dankbar, denn allein hätte er wohl kaum überleben können.
    Reyn hatte das Gefühl, als wäre ihm das Herz aus der Brust gerissen worden und nur noch eine gähnende Leere zurückgeblieben. Kein Wunder, dass sie bei seinem Anblick geflohen war. Er schluckte schwer. Sie hatte kein Grußwort für ihn gehabt, nicht einmal als Freund. Fürchtete sie etwa, dass er sie an ihr Versprechen erinnern würde? Hatte sie Angst, dass er sie vor dem Satrapen demütigte? Er suhlte sich in dem Schmerz, sie zu beobachten. Sie würde ihm nie wieder gehören.

    Althea hatte ihrer Nichte geholfen, den schweren Stuhl auf das Vordeck zu tragen. Sie fand das Verhalten ihrer Nichte merkwürdig, und nichts davon machte irgendwie Sinn. Sie alle schienen in Kennits lächerlicher und gefährlicher Darbietung seiner Macht gefangen. Sie beobachtete, wie Malta dem Satrapen den nassen Umhang von den Schultern nahm und ihn in einen trockenen hüllte. Sie zog dem Mann die Kapuze fest um das Gesicht, als wäre es Selden. Als sich der Satrap auf dem improvisierten Thron zurechtsetzte, packte sie seinen Umhang noch fester um seine Beine und Füße. Es schmerzte Althea zu sehen, wie Malta einen so niederen Dienst erfüllte.
    Und noch schlimmer fand sie, dass Kennit die ganze Angelegenheit mit einem höhnischen Lächeln auf den Lippen beobachtete.
    Ihr Hass wurde so übermächtig, dass ihr kurz schwarz vor Augen wurde. Sie musste nach Luft schnappen, als sich ihre Fingernägel tief in ihre Handflächen gruben.

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