Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
und ruhmbekränzt zurückkehren würde. Jeder Adlige wollte zweifellos selbst die Bedingungen aushandeln. Waren sie wirklich dumm genug, ihm eine Geisel von jedem Schiff zu schicken? Er hoffte es, aber ihm war auch klar, dass es heute trotzdem noch zu einem blutigen Kampf kommen konnte.
Als Malta floh, hatten Jek und Althea Reyn in Altheas Kabine getragen. Unterwegs war er zu sich gekommen. »Wo ist Malta?«, fragte er benommen. »Habe ich sie nicht gefunden?«
Blut drang aus einem Nasenflügel, und Wasser tropfte aus seinem Haar.
»Das habt Ihr«, beruhigte ihn Althea. »Aber Kapitän Kennit hat sie zu sich gerufen.«
Reyn schlug plötzlich die Hände vor sein nacktes Gesicht.
»Hat sie mich gesehen?«, fragte er entsetzt. Diese Frage verlangte nach einer ehrlichen Antwort.
»Ja, das hat sie«, antwortete Althea ruhig. Es hatte keinen Sinn zu lügen oder zu versuchen, seine Gefühle zu schonen.
Der Blick seiner kupferfarbenen Augen war nur schwer zu entziffern, aber sein zusammengepresster Mund sprach Bände.
»Sie ist noch sehr jung, Reyn«, entschuldigte Althea ihre Nichte. »Ihr wusstet das, als Ihr angefangen habt, um sie zu freien.« Sie versuchte, ebenso freundlich wie entschlossen zu klingen »Ihr könnt nicht erwarten, dass…«
»Lasst mich eine Weile allein. Bitte«, bat er ruhig.
Jek ging hinaus, ohne ihren Blick von ihm anzuwenden, und ließ die Tür offen. Althea folgte ihr. »Das sind Wintrows Kleidungsstücke auf dem Haken«, sagte sie beim Hinausgehen.
»Falls Ihr etwas Trockenes anziehen wollt.« Allerdings bestand nur wenig Hoffnung, dass die Dinge ihm passten. Trotz seines schuppigen Gesichts und seiner Vogelaugen war er ein sehr gut gebauter, männlicher Mann, groß und muskulös.
Jek schien ähnliche Gedanken zu haben. »Er sieht trotz seiner Schuppen nicht schlecht aus«, meinte sie leise.
Althea lehnte sich an die Wand vor der Kabine. Jek stand neben ihr. »Ich sollte eigentlich auf dem Vordeck sein, nicht hier unten«, sagte sie mürrisch zu ihrer Freundin.
»Warum? Du hast schwerlich irgendeine Kontrolle über das, was da oben passiert«, erwiderte Jek. Sie senkte plötzlich die Stimme. »Gib es einfach zu, Althea«, forderte sie ihre Freundin auf. »Wenn du die Schuppen auf seinem Gesicht ansiehst, dann fragst du dich doch unwillkürlich, wie der Rest wohl aussieht.«
»Nein, das tue ich nicht«, erwiderte Althea eisig. Sie wollte nicht darüber nachdenken. Der Mann kam aus der Regenwildnis, war ein Verwandter der Bingtown-Händler. Sie schuldete ihm Loyalität, keine müßigen Spekulationen über seinen Körper. Sie hatte schon früher Regenwildleute gesehen und war nicht schockiert gewesen. Sie konnten nichts gegen das tun, was die Regenwildnis aus ihnen machte. Der Khuprus-Clan war sowohl berühmt für seinen Reichtum als auch für sein Ehrgefühl. Reyn Khuprus war eine hervorragende Partie, Schuppen hin, Schuppen her. Und dass er seine Verlobte auf so eine Art und Weise gesucht hatte, war ein unbestreitbarer Beweis für seinen Mut. Trotzdem konnte sie Malta nicht vorwerfen, dass sie weggelaufen war. Vermutlich hatte sie ein gut aussehendes Gesicht hinter seinem Schleier erwartet. Es musste sie erschüttert haben, sich ihrem schuppigen Verlobten gegenüberzusehen.
Reyn zog sein nasses Hemd aus. Es fiel klatschend zu Boden auf den Haufen mit den anderen nassen Kleidungsstücken. Er holte tief Luft, obwohl sich ihm die Kehle zugeschnürt hatte, und zwang sich, in den Spiegel zu schauen, um zu sehen, was Malta erblickt hatte. Tintaglia hatte ihn nicht angelogen. Sein Kontakt mit ihr hatte die typischen Regenwildveränderungen beschleunigt. Er berührte die feinen Drachenschuppen auf seinem Gesicht und öffnete und schloss die kupfernen Reptilienaugen, die ihn anstarrten. Die schuppigen Flächen seiner nackten Brust glitzerten bronzefarben. Und die Haut darunter hatte einen bläulichen Schimmer. War das ein blauer Fleck oder die Ankündigung einer weiteren Veränderung? Er hatte Regenwildopas gesehen, die mit fünfzig nicht halb so viel Veränderungen aufgewiesen hatten wie er schon jetzt. Was würde aus ihm werden, wenn er älter wurde? Würden ihm sogar Drachenklauen wachsen, würden seine Zähne spitz und seine Zunge gespalten werden?
Das spielt alles keine Rolle mehr, sagte er sich. Er würde jetzt allein alt werden, die meiste Zeit ohnehin unter der Erde verbringen und nach Drachen graben. Wie er aussah, interessierte dann keinen mehr. Tintaglia hatte ihren Teil der
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