Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
Kopf und warf Althea einen viel sagenden Blick zu.
Die jedoch hatte nur Augen für Wintrow. Kennits Arm lag über der Schulter ihres Neffen, und Wintrow hatte seinen Arm um die Hüfte des Piraten geschlungen, während er ihn mit Etta fortschleppte. Althea presste die Zähne zusammen. Der Mann hatte sie vergewaltigt, und Wintrow hatte trotzdem sein Leben für ihn riskiert. Der Satrap schnappte nach Luft. »Malta!«, rief er jammernd. »Ich blute! Ich sterbe! Wo bist du?«
Eine gute Frage, dachte Althea. Wo war ihre kleine Nichte?
Ihr Blick wanderte rasch über das Deck. Erstaunt sah sie, wie Malta und Reyn zusammen einen verwundeten Piraten unter Deck schleppten. Reyns linker Arm war mit einem dicken Verband versehen, und er ging unverschleiert. Malta trug keinen Turban mehr auf dem Kopf. Ihre rote Narbe glänzte im Sonnenlicht. Althea sah, wie sie sich umdrehte und kurz mit Reyn sprach. Der nickte ihr ohne zu zögern zu, legte den Arm um den Mann, dem sie geholfen hatten, und trug ihn nach unten. Malta eilte zum Satrapen, aber ihre ersten Worte galten Althea.
»Reyn findet mich wunderschön! Kannst du das glauben? Weißt du, was er über die Haut meiner Hände gesagt hat? Dass sie sehr wahrscheinlich bis zu meinem Ellbogen hinauf Schuppen bildet. Wenn ich das tote Gewebe abreibe, meint er, sehe ich die roten Schuppen durchschimmern. Er findet mich wunderschön!« Die Augen ihrer Nichte schimmerten vor Freude, als sie diese Worte hervorstieß. Oder war es mehr als nur Freude? Althea beugte sich ungläubig vor. Reyn hatte Recht. Maltas Augen hatten bereits den typischen Glanz der Regenwildaugen angenommen. Althea schlug vor Schreck die Hand vor den Mund.
Aber Malta schien das nicht aufzufallen. Sie schlang ihren Arm um den Satrapen, und ihre Miene wirkte plötzlich besorgt.
»Ihr seid ja verletzt!«, rief sie überrascht. »Ich dachte, Ihr wärt einfach nur… Kommt rasch mit. Ich bringe Euch nach unten und kümmere mich um Euch. Reyn! Reyn, ich brauche dich!«
Behutsam und aufmunternd auf ihn einredend, führte Malta den Satrapen von Ganz-Jamaillia weg.
Althea wandte den Blick von dem Schauspiel ab, das der unmaskierte Regenwildmann bot, der auf den gebieterischen Befehl ihrer Nichte herbeieilte. Und mit einem Stoß riss sie auch Jek aus ihrer Verblüffung. »Komm mit!«, sagte sie.
Sekunden später hasteten die beiden zum Vordeck und folgten Kennits Blutspur. Die Pfützen sahen irgendwie merkwürdig aus. Dann begriff sie plötzlich. Das Hexenholz sog sie nicht auf. Kennits Blut blieb auf dem Holz liegen, wie auch alles andere Blut, das heute vergossen worden war. Was bedeutete das? Wies Viviace den sterbenden Piraten zurück? Plötzlich keimte Hoffnung in ihr auf.
Einen Augenblick später jedoch wich diese Hoffnung dem Entsetzen, als es gewaltig platschte und sie vollkommen nass gespritzt wurde. »Das war knapp!«, rief Jek. Der nächste Stein traf Viviaces Rumpf. Das harte Holz dröhnte tief wie eine Glocke, und das Schiff vibrierte. Althea drehte sich um und suchte eine Lücke in dem Ring der Schiffe, die sie umgaben.
Aber da war keine. Die Marietta und die Motley waren ebenfalls eingekreist, auch wenn sie versuchten auszubrechen.
Ein anderes Katapult schleuderte einen Stein auf sie, als der Paragon um den Bug des jamaillianischen Schiffes trieb und in Sicht kam.
»Etta! Etta.« Sein Keuchen war kaum zu hören.
»Ja, Liebster. Ich bin hier. Ganz ruhig.« Es platschte wieder, und das Schiff schaukelte. »Wir bringen Euch zu Viviace. Ihr werdet wieder gesund.« Sie verstärkte ihren Griff um Kennit, während sie weitereilten. Sie wollte zwar behutsam mit ihm umgehen, aber sie mussten ihn schnellstens zum Vordeck bringen. Viviace würde ihm Kraft geben. Daran klammerte sich Etta, trotz der versteinerten Verzweiflung auf Wintrows Gesicht. Kennit würde gesund werden, er musste einfach gesund werden. Die Angst, ihn zu verlieren, ließ keinen Zweifel in ihrem Kopf oder in ihrem Herzen zu. Was interessierte es sie, was er anderen angetan hatte? Er hatte sie so geliebt wie kein anderer zuvor.
»Ich werde nicht mehr gesund, Liebes.« Sein Kopf war auf seine Brust gesunken, und seine glänzenden schwarzen Locken hingen ihm ins Gesicht. Er hustete leise. Blut sprühte durch die Luft. Sie wusste nicht, woher er die Kraft nahm zu sprechen.
Sein keuchendes, drängendes Flüstern klang verzweifelt.
»Meine Geliebte. Nimm das Hexenholzamulett von meinem Handgelenk ab. Trag es immer, bis du es irgendwann an unseren
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