Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
Arme der Frau gleiten ließ. Sanft legten sie ihn auf das Deck des Lebensschiffes.
»Jetzt du«, sagte Viviace plötzlich und streckte Etta die Hände entgegen. Sie trat in die Umarmung des Lebensschiffes.
Irgendwo in der Dunkelheit schlug eine Trommel. Es war ein unregelmäßiger Rhythmus, laut-leise, laut-leise, und unausweichlich langsamer werdend. Es gab noch andere Geräusche, Schreie, ärgerliches Rufen, aber sie spielten keine Rolle mehr. Näher an seinem Ohr sprachen vertraute Stimmen.
Wintrow murmelte etwas und sagte etwas zu jemand anderem.
»Es tut mir so Leid, Kennit, so Leid. Seid gefälligst vorsichtig, ich kann sein Bein nicht stützen, wenn ich ihn hochhebe…!«
Auf der anderen Seite sprach Etta. »… Shh. Spart Eure Kraft auf. Hier ist die Leiter, das ist das schwerste Stück, mein Liebster. Atmet weiter!« Er konnte sie ignorieren, wenn er wollte. Aber wenn er das tat, auf was sollte er sich dann konzentrieren? Was war noch wichtig?
Er fühlte, wie Viviace ihn in ihre Arme nahm. O ja, das war das Beste, das war das Einfachste. Er entspannte sich und versuchte, sich gehen zu lassen. Er spürte, wie das Leben aus seinem Körper rann, und wartete, wartete darauf zu sterben.
Aber sie hielt ihn noch, hielt das Leben in ihren Händen wie Wasser, und weigerte sich, ihn aufzunehmen. »Warte«, flüsterte sie ihm zu. »Halt noch etwas aus, noch einen kleinen Moment. Du musst nach Hause gehen, Kennit. Du gehörst nicht mir. Du hast niemals mir gehört, und wir beide wussten es. Du musst wieder ganz werden. Warte. Noch ein kleines Weilchen. Warte.« Dann rief sie laut: »Paragon, Schnell, beeil dich. Kennit gehört dir. Komm und nimm ihn!«
Paragon? Angst überkam ihn. Paragon war für ihn verloren, nicht mehr als ein Geist aus seiner Kindheit. Er hatte ihn getötet. Sein eigenes Schiff konnte nicht mehr zu ihm zurückkommen. Er konnte nicht mehr nach Hause gehen.
Paragon würde ihn wegwerfen, würde ihn einfach im Meer versinken lassen, so wie er es mit ihm getan…
Er kannte die Berührung der großen Hände, die ihn jetzt umfassten. Er hätte am liebsten geweint, aber er hatte keine Tränen mehr. Er versuchte, etwas zu sagen, laut auszusprechen, wie Leid es ihm tat. »Na, na«, sagte jemand beruhigend.
Paragon? Sein Vater? Jemand, der ihn liebte, sagte: »Keine Angst, ich habe dich jetzt. Ich lasse dich nicht mehr allein. Niemand wird dir mehr weh tun.«
Dann fühlte er einen Kuss, der ihm ohne jedes Urteil Absolution verhieß. »Komm zurück zu mir«, sagte er. »Komm heim.«
Die Dunkelheit war nicht mehr schwarz. Sie wurde immer silbriger, und als Paragon ihn umarmte und ihn nach Hause holte, verschwand sie in einem strahlenden Weiß.
18. Schwierige Entscheidungen
»Kommt mit unter Deck, damit ich Eure Wunde verbinden kann«, wiederholte Malta hartnäckig. »Erhabener, Ihr dürft kein Risiko eingehen.« Sie zuckte zusammen, als ein Felsbrocken hinter dem Heck im Wasser landete. Sie schaute zurück, und Reyn folgte ihrem Blick. Sie zielten immer besser.
Die jamaillianischen Schiffe rückten immer näher.
»Nein, noch nicht!« Der Satrap hielt sich an der Reling fest und starrte höhnisch hinunter. Malta war neben ihm und drückte den Lappen auf seine Schwertwunde. Der Satrap selbst weigerte sich, seine Wunde zu berühren. Nur Malta genügte für diese Pflicht, aber Reyn versagte sich jede Eifersucht. Der Satrap klammerte sich an sie, als ob sie ein Anker für seine Welt wäre, während er gleichzeitig seine Abhängigkeit von ihr leugnete. Es verblüffte Reyn, dass der Mann das Gekünstelte von Maltas Freundlichkeit ihm gegenüber nicht erkannte. Der Satrap beugte sich vor und legte die Hände wie ein Sprachrohr an den Mund, damit seine Worte die Männer auf dem sinkenden jamaillianischen Schiff erreichten.
»Lebt wohl, Lord Criath. Ihr könnt Eure guten Ratschläge jetzt meiner Seeschlange geben. Ich werde dafür sorgen, dass Eure Familie in Jamaillia-Stadt von Euren kühnen Schreien um Gnade erfährt. Was denn, Ferdio? Ihr könnt nicht schwimmen? Keine Sorge! Ihr werdet nicht lange im Wasser sein, und im Bauch meiner Seeschlange braucht Ihr nicht zu schwimmen. Euch merke ich mir, Lord Kreio. Eure Söhne werden ihre Erbschaft niemals sehen. Sie werden alles verlieren, und zwar nicht nur meine Bingtown-Schenkungen an Euch, sondern auch Euren ganzen Besitz in Jamaillia. Und Ihr, Peaton vom Breiten Hügel, ach, mein liebster Rauchpartner! Eure Wälder und Obstgärten werden in Erinnerung
Weitere Kostenlose Bücher