Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
getrennt hatten. Vielleicht verabschiedete sich Althea Vestrit ja immer so von ihren Männern. »Das scheinst du gestern Abend verschlafen zu haben. Wintrow hat uns gewarnt, dass wir früh aufstehen müssten, um die Flut zu erwischen, damit wir hier herauskommen. Semoy ist ein guter Mann, aber ich will den Paragon selbst aus diesem Labyrinth herausbringen.«
»Ich glaube, ich kann eine schwierige Passage genauso gut meistern wie du.« Sie wippte auf den Absätzen und sah ihn leicht beleidigt an.
»Das weiß ich«, konterte er barsch. »Aber es wird dem Paragon nichts nützen, wenn du am Ruder der Viviace stehst.«
Sie sah ihn verständnislos an, und dann dämmerte es ihr.
»Ach Brashen!« Sie stand auf. »Du dachtest, ich würde heute weggehen. Auf die Viviace .«
»Und? Tust du das etwa nicht?« Er hasste es, dass seine Stimme heiser klang, und sah sie mürrisch an. Er versagte sich jede Hoffnung.
Sie schüttelte langsam den Kopf. Er sah einen Anflug von Trauer in ihrem Blick. »Dort habe ich keinen Platz, Brashen. Ich habe das gestern begriffen. Ich werde sie immer lieben. Aber sie ist Wintrows Schiff. Wenn ich sie ihm wegnehme, wäre das… wäre das genauso wie das, was Kyle damals mir angetan hat. Es wäre falsch.«
Er reihte die Worte vorsichtig aneinander. »Dann bleibst du also auf dem Paragon ?«
»Ja.«
»Bei mir?«
»Davon gehe ich aus.« Sie neigte den Kopf. »Ich dachte, das wollten wir beide. Zusammen sein.« Sie sah zu Boden.
»Jedenfalls weiß ich, dass ich das will. Obwohl ich mein Lebensschiff verloren habe, weiß ich, dass ich mit dir zusammen sein möchte.«
»Althea, es tut mir so Leid.« Er versuchte, seine Miene unter Kontrolle zu bekommen. »Wirklich, es tut mir Leid. Ich weiß, was dir die Viviace bedeutet hat, und was sie dir immer noch bedeutet.«
Belustigung und Verärgerung flammten in ihrem Blick auf.
»Du würdest glaubwürdiger wirken, wenn du aufhören würdest, so verdammt zu grinsen.«
»Ich wünschte, ich könnte das«, versicherte er ihr ernsthaft.
Sie tat drei Schritte auf einmal. Dann schmiegte sie sich in seine Arme. Er hielt sie fest. Sie blieb bei ihm. Sie wollte bei ihm bleiben. Es würde alles gut werden. Eine Weile hielt er sie einfach nur fest. Einige Zeit später fragte er: »Und du wirst mich heiraten? In Bingtown, in der Halle der Händler?«
»So war der Plan«, stimmte sie zu.
»Oh.«
Sie sah in sein Gesicht. Seine Augen und sein Herz waren für sie jetzt so offen. Sie sah all die Unsicherheit und den Schmerz, den sie ihm verursacht hatte, ohne es zu wollen. Sie hatte es niemals gewollt. Er lächelte sie an, und es gelang ihr, das Lächeln zu erwidern. Er drückte sie fester an sich, und sie widerstand dem Drang, sich liebevoll freizumachen. Sie musste darüber hinwegkommen. Das hier war Brashen. Sie liebte ihn.
Althea holte tief Luft. Sie hätte niemals gedacht, dass sie sich zwingen müsste, seine Berührung zu ertragen. Aber dieses eine Mal, nur diesmal, würde sie es tun, für sie beide. Sie konnte sich entspannen und es ertragen. Er musste sich einfach ihrer Liebe vergewissern. Und sie musste sich beweisen, dass Kennit sie nicht zerstört hatte. Nur dieses eine Mal würde sie ihm Begehren vorspielen. Um Brashens willen. Sie hob den Kopf und ließ sich von ihm küssen.
Frühling
21. Jamaillia-Stadt
Ihre Gemächer waren schöner, als Malta es sich jemals hätte ausmalen können. Ganz gleich, wohin sie schaute, sie sah nur Pracht und Prunk. Die Fresken der Wälder an den Wänden gingen in einen blassblauen Himmel über, an dem sich Vögel und Schmetterlinge tummelten. Der tiefe Teppich unter ihren Füßen war so grün wie Moos, während das ständig einfließende, dampfende Badewasser in eine ungeheure Wanne rauschte, die von marmornen Wasservögeln und von einer Wand aus Schilf und Teichkolben in Töpfen eingerahmt war.
Und das war nur ihr Ankleidezimmer.
Der Spiegel neben ihrem Ankleidetisch war größer als sie selbst. Sie wusste nicht, was genau diese kleinen Töpfe mit Kosmetik und Salben enthielten. Sie brauchte das auch nicht zu wissen. Das war die Aufgabe der drei Mädchen, die sich um sie kümmerten.
»Wenn es die Dame erfreuen würde, würde sie dann die Brauen heben, damit ich ihre Augen besser nachziehen kann?«, fragte eine von ihnen freundlich.
Malta hob die Hand. »Sie sind gut so, wie sie sind, Elise. Ihr drei habt wundervolle Arbeit geleistet.« Sie hätte nie gedacht, dass sie es einmal satt haben könnte, dass man sich
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