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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Körper. Ihre Schwangerschaft war noch nicht zu sehen, aber alle wussten davon. Die Königin trug den Erben von König Kennit. Niemand stellte ihr Recht in Frage, an seiner Stelle zu regieren, genauso wenig, wie jemand etwas an der offensichtlichen Jugendlichkeit des Mannes auszusetzen hatte, der seine Flotte kommandierte. Wintrow war, in alter Piratentradition, durch ein Votum seiner Kapitäne auf Kennits Position gehoben worden. Malta hatte gehört, dass das Ergebnis einstimmig gewesen war.
    Wintrow und Reyn warteten am Fuß der Treppe auf sie. Ihr Bruder verblasste ein wenig im direkten Vergleich mit dem Regenwildmann. Der enge Schnitt von Wintrows Jacke betonte seinen feingliedrigen Körper noch. Und das formelle Aussehen seiner jamaillianischen Kleidung ließ ihn noch jünger erscheinen. Allerdings nur, bis man ihm in die Augen sah.
    Dann wurde einem sofort klar, dass er ein vollkommen ebenbürtiger Partner für Etta war. Wie immer trug er schwarz, wie sie. Malta wusste nicht, ob er es tat, um seine Trauer um den Piratenkapitän zu zeigen oder um Etta zu ergänzen und sie beide als ein Paar zu präsentieren.
    Am Fuß der Treppe blieb die Piratenkönigin einen Augenblick stehen. Malta sah, wie sie Luft holte, um Kraft zu sammeln. Dann legte sie ihre Finger auf Wintrows dargebotenen Arm und hob das Kinn. Als sie mit Wintrow davonschritt, spitzte Malta die Lippen und runzelte die Stirn.
    »Macht dir etwas Kummer?«, fragte Reyn. Er nahm ihre Hand und legte sie auf seinen Unterarm. Seine Wärme war beruhigend.
    »Ich hoffe, dass mein Bruder noch ein bisschen wächst«, murmelte sie.
    »Malta!«, tadelte er sie leise, lächelte aber dabei. Sie musste zu ihm aufblicken, und das liebte sie. Die jamaillianische Mode stand Reyn wirklich sehr gut. Sein eng geschnittenes, indigoblaues Jackett betonte seine breiten Schultern. Seine weißen Manschetten und der weiße Kragen kontrastierten sehr schön mit seiner sonnengebräunten Haut. Eine weiße Hose und schwarze Kniestiefel vervollständigten seinen Aufzug. Er trug kleine, goldene Ohrringe, die sich gegen sein schwarzes, glänzendes Haar deutlich abhoben. Sie lächelte mitfühlend in Gedanken an die Person, die es für heute Abend hatte frisieren müssen. Er hatte wenig Geduld mit Kammerdienern. Dann wandte er den Kopf, und das Licht spielte über seine Schuppen und ließ sie blau leuchten. Und so dunkel seine Augen auch waren, sie konnte das verborgene Blau in ihren kupfernen Tiefen erkennen.
    »Also?«, fragte er. Er war leicht errötet, und ihr fiel auf, dass sie anscheinend dagestanden und ihn betrachtet haben musste.
    Sie nickte zustimmend, und er führte sie durch den Gang. Die Halle lag vor ihnen. Ihre hohe Decke ruhte auf marmornen Pfeilern. Sie gingen durch einen Torbogen in den großen Ballsaal. Am einen Ende des Raums spielten Musiker. Es war eine Art Vorspiel vor dem Tanz. Am anderen Ende saß der Satrap auf einem erhöhten Thron. Drei seiner Gefährtinnen posierten auf Stühlen vor seinem Podest. Ein Diener kümmerte sich um die kleinen Räucherbecken rechts und links von dem Satrapen. Der gelbliche Rauch der Kräuter hüllte ihn ein. Er lächelte und nickte seinen Gästen wohlwollend zu. Auf einem anderen Podest stand ein etwas weniger aufwendig geschmückter Thron für Königin Etta. Sie stieg die Stufen hinauf, als erwarte sie oben der Galgen. Neben ihrem Thron stand ein noch etwas niedrigerer Stuhl für Wintrow.
    Satrap Cosgo hatte, wenn auch widerwillig, eingeräumt, dass Königin Etta als Herrscherin eines unabhängigen Königreiches einen nahezu gleichhohen Status wie er hatte. Malta und Reyn jedoch erhoben für sich selbst keinerlei königlichen Anspruch.
    Malta hatte wiederholt gelassen klargestellt, dass Bingtown zwar ein unabhängiger Stadtstaat wäre, sie aber keineswegs beanspruche, seine Repräsentantin zu sein. Reyn weigerte sich ebenfalls zuzugeben, dass Jamaillia irgendwelche Autorität über die Regenwildnis habe, aber er war auch nicht ihr Botschafter. Sie repräsentierten eher die Interessen der Drachenkönigin Tintaglia und ihrer Spezies. Nun waren sie also ganz offensichtlich weder die Königin und der König der Drachen noch hohe Adlige und infolgedessen keineswegs berechtigt, einen Thron oder irgendeine Erhöhung zu beanspruchen. Dass Cosgo ihnen dennoch erhöhte Sitze auf einem blumengeschmückten Podest zuwies, hatte ebenso viel mit seinem Wunsch zu tun, diese beiden neuen exotischen Verbündeten vorzuzeigen, wie damit, sie zu ehren.

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