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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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getrennt.«
    Paragon zögerte. »Sie werden es nicht besonders schätzen zu sterben. Keiner von ihnen will sterben.«
    »Sicher. Aber du und ich wissen, dass Sterben nur eine winzige Zeitspanne für einen Menschen ist. Sie werden darüber hinwegkommen.«
    Diesmal zögerte er noch länger. »Ich weiß nicht, ob ich wirklich sterben kann.« Er holte tief Luft. »Letztes Mal konnte ich nicht einmal unten bleiben. Holz will schwimmen, weißt du.« Eine lange Pause. »Und Brashen ist auch dort unten eingeschlossen. Ich habe ihm ein Versprechen gegeben, Kennit. Ich habe ihm versprochen, ihn nicht zu töten.«
    Kennit runzelte nachdenklich die Stirn und ließ Paragon fühlen, wie angestrengt er darüber nachdachte. Schließlich sagte er freundlich: »Soll ich dir helfen? Dann würdest du dein Versprechen nicht brechen, und es wäre nicht deine Schuld.«
    Diesmal wandte das Schiff Kennit seinen gewaltigen Kopf zu und schien ihn aus den Ruinen, in denen einmal seine Augen gewesen waren, zu betrachten. Der Pirat musterte die Gesichtszüge, die er so gut kannte wie seine eigenen. Das struppige Haar, die hohe Stirn, die kräftige Nase über dem fein geschwungenen Mund und das bärtige Kinn. Paragon , sein Paragon , das beste aller Schiffe. Sein Herz schwoll vor Liebe zu seinem Schiff schmerzhaft an. Ihm traten sogar Tränen in die Augen, Tränen des Bedauerns für sie beide. »Könntest du das tun?«, fragte Paragon leise.
    »Natürlich könnte ich das. Natürlich«, tröstete ihn Kennit.

    Nachdem Kennit sein Deck verlassen hatte, umgab Paragon nur noch Stille. Es war eine Stille nicht für die Ohren, sondern eine Stille des Herzens. In der Welt draußen gab es natürlich noch Geräusche, die fragenden Rufe der Mannschaft in seinen zugenagelten Laderäumen, das Trompeten der Seeschlangen, die auffrischenden Winde, das leise Geräusch, als eine Heckleine losgemacht wurde, das Knacken der Flammen, die sich miteinander unterhielten. Ein plötzlicher Windstoß ließ ihn abdriften. Niemand stand am Ruder, um seine Bewegungen zu kontrollieren, als der allmählich aufkommende Sturm gegen seine giftzerfressenen Segel blies. Plötzlich loderte das Feuer auf, und die Hitze wurde größer, als die Flammen die Takelage erreichten. Sicherer, als jeder Seemann sich in den Wanten hätte bewegen können, züngelten die Flammen empor, verzehrten das Segeltuch und rasten am Holz hinauf.
    Er würde Geduld haben müssen. Es dauerte sicher eine Zeitlang, bis sich das Feuer ausgebreitet hatte. Hexenholz entzündete sich nicht schnell, aber wenn es erst einmal brannte, konnte man das Feuer kaum noch eindämmen. Das einfache Holz der Aufbauten und der Takelage würde zuerst Verbrennen, aber irgendwann würde sich auch das Hexenholz entzünden. Geduld. Er hatte Geduld gelernt. Er konnte lange warten. Das Einzige, was ihn von dieser Ruhe ablenkte, waren die Menschen. Die Eingeschlossenen in seinen Laderäumen hämmerten jetzt gegen die Lukendeckel. Sie fühlten zweifellos, wie er abtrieb, und möglicherweise rochen sie auch den Rauch.
    Entschlossen konzentrierte er sich auf wichtigere Dinge. Sein Junge war jetzt also ein Mann. Kennit war erwachsen geworden. Er war groß, jedenfalls nach der Richtung zu schließen, aus der seine Stimme gekommen war. Und stark.
    Sein Griff um die Reling war der kräftige Griff eines Mannes gewesen. Paragon schüttelte liebevoll und stolz den Kopf. Er hatte Erfolg gehabt. Sein Opfer war nicht vergeblich gewesen.
    Kennit war zu dem Mann geworden, von dem er immer geträumt hatte. Es war schon verblüffend, wie allein der Klang seiner Stimme, die Berührung seiner Hand und sogar sein Geruch im Wind die Erinnerungen wieder freigesetzt hatte.
    Alles, was er vergessen hatte, hatte Kennit wieder zurückgebracht.
    Und wie dieser »Paragon« sagte, hatte er all die eingebildeten Kränkungen und sorgsam gehätschelten Verletzungen ausgemerzt, die dem Schiff erlaubt hatten, so lange wütend auf ihn zu sein. Wütend auf ihn? Allein der Gedanke kam Paragon jetzt schon närrisch vor. Er war wütend auf den einzigen Menschen gewesen, der ihn jemals aus ganzem Herzen geliebt hatte. Das war doch unsinnig! Ja, Paragon hatte sich für ihn geopfert, aber was hätte er sonst auch tun sollen? Jemand musste Kennit befreien! Und das hatte er getan. Er hatte Erfolg gehabt, sein Junge würde König der Pirateninseln werden. Und eines Tages würde er einen Sohn bekommen, so wie sie beide es geplant hatten, und ihn Paragon nennen. Eines Tages würde

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