Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
werden bald Vernunft annehmen. Irgendwann kommt der Frühling. Ohne Sklaven können sie weder pflügen noch säen. Und der größte Teil des Landes, den sie sich haben ›schenken‹ lassen, ist nutzlos für Getreideanbau. Sie erleben jetzt, was wir ihnen schon vorher gesagt haben. Das Land um Bingtown kann nicht so einfach kultiviert werden wie in Jamaillia oder Chalced. Ein oder zwei Jahre trägt die Erde gut, aber sobald man die Lehmschicht mit den Pflügen aufgerissen hat, wird sie mit jedem Jahr sumpfiger. Und in Morast kann man kein Getreide anbauen.«
Ronica nickte zustimmend. »Einige der Neuen Händler sehen das auch ein. Ich habe von vielen gehört, dass sie nach Jamaillia zurückgehen wollen, sobald die Reise nicht mehr so gefährlich ist. Sie haben Bingtown niemals wirklich ins Herz geschlossen. Ihr Heim, ihre Titel, das Land ihrer Vorväter, ihre Frauen und legitimen Erben, all das wartet in Jamaillia auf sie. Nur die Aussicht auf Wohlstand hat sie hergelockt. Und da sie jetzt festgestellt haben, dass sie den hier nicht finden, werden sie nach Hause gehen. Ich glaube, sie stellen nur deshalb so hartnäckig ihre Forderungen, weil sie hoffen, dass sie etwas herausschlagen können, bevor sie verschwinden.«
»Und uns überlassen sie es, das Durcheinander hinter ihnen aufzuräumen«, bemerkte Keffria gereizt. »Mir tun nur die Geliebten und die unehelichen Kinder der Neuen Händler Leid. Sie müssen vermutlich in Bingtown bleiben. Oder gehen nach Norden. Ich habe gehört, dass manche der Tätowierten schon davon sprechen, in die Sechs Herzogtümer zu reisen. Es ist zwar ein raues Land, fast schon barbarisch, aber sie haben das Gefühl, dass sie dort neu anfangen könnten, ohne vorher irgendwelche Vereinbarungen unterschreiben zu müssen. Und Regenwildhändler zu Janis Bedingungen zu werden, ist ihnen zu einengend.«
»Wenn alle gehen, die gehen wollen, dann werden diejenigen, die bleiben, enger im Geist der ursprünglichen Bingtown-Händler zusammenstehen«, erklärte Ronica. Sie trat an das kahle Fenster und blickte hinaus. »Ich bin froh, wenn erst einmal alles erledigt ist. Wenn alle, die hier sind, nur noch die sind, die ein Teil von Bingtown werden wollen, dann, glaube ich, werden wir wieder gesunden. Aber das wird noch eine Weile dauern. Es ist nicht sicher zu reisen, weder nach Norden noch nach Süden.« Sie sah Keffria an. »Du scheinst ja über die Gerüchte und Neuigkeiten in Bingtown sehr gut informiert zu seih.«
Keffria verstand das als einen unausgesprochenen, aber wohlverdienten Tadel. »Der Klatsch bei den Konzilsitzungen ist endlos. Und ich bin mehr unterwegs als früher. Weil meine Zeit hier weniger gefordert wird. Außerdem plaudern Ekke und ich, wenn wir gemeinsam Abendessen kochen. Das scheint die einzige Zeit zu sein, wo sie sich in meiner Gegenwart vollkommen wohl fühlt. Wusstest du, dass sie in Grag Tenira verliebt ist? Und offenbar glaubt sie, dass er sich auch für sie interessiert. Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte.«
Ihre Mutter lächelte beinahe nachsichtig. »Falls Grag an ihr Interesse hat, wünsche ich den beiden alles Gute. Er ist ein guter Mann und verdient eine gute Partnerin. Ekke könnte das für ihn sein. Sie ist eine charakterfeste Person, unverblümt, aber gutmütig. Und sie kennt sich mit dem Meer und denen, die darauf segeln, gut aus. Grag könnte eine schlechtere Wahl treffen als Ekke Kelter.«
»Ich persönlich hatte erwartet, dass er eine Bessere treffen würde.« Keffria stocherte im Feuer herum. »Ich hatte gehofft, dass Althea nach Hause kommen, vernünftig werden und ihn heiraten würde.«
Ronicas Miene wurde ernst. »Im Moment wäre ich schon froh, wenn Althea überhaupt nach Hause käme.« Sie trat an den Kamin und setzte sich auf die Einfassung. »Ich schließe sie alle in mein Gebet mit ein. Kommt nach Hause, wie auch immer ihr es bewerkstelligt. Kommt einfach nur nach Hause.«
Sie schwiegen lange. Schließlich fragte Keffria leise: »Selbst Kyle, Mutter? Hoffst du, dass auch er zurückkommt?«
Ronica neigte ihren Kopf und betrachtete ihre Tochter.
»Wenn es das ist, was du dir wünschst, dann hoffe ich es für dich.«
Keffria schloss eine Weile die Augen und sprach dann aus dieser intimen Dunkelheit. »Aber eigentlich denkst du, ich sollte mich zur Witwe erklären, um ihn trauern und dann weitermachen.«
»Das könntest du tun, wenn du wolltest.« Ronicas Stimme klang vollkommen nüchtern. »Er wird lange genug vermisst. Niemand
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