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Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche

Titel: Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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würde dir deshalb einen Vorwurf machen.«
    Keffria kämpfte gegen den Kummer an, der sie zu überwältigen drohte. Sie wagte nicht, ihm nachzugeben, weil sie Angst hatte, verrückt zu werden. »Ich weiß nicht, was ich hoffe, Mutter. Ich wünschte nur, ich wüsste etwas. Ob sie lebendig oder tot sind, irgendeiner von ihnen. Es wäre beinahe eine Erleichterung zu erfahren, dass Kyle tot ist. Dann könnte ich um die schönen Dinge trauern, die wir hatten, und die schlimmen Dinge loslassen. Wenn er nach Hause kommt… Ich weiß nicht, was dann werden soll. Ich kämpfe einfach mit zu vielen Gefühlen. Ich habe ihn geheiratet, weil er so bestimmend war. Ich war felsenfest davon überzeugt, dass er sich um mich kümmern und für mich sorgen würde. Ich habe miterlebt, wie hart du gearbeitet hast, während Vater auf See war. So ein Leben wollte ich für mich nicht.« Sie sah ihre Mutter an und schüttelte den Kopf. »Es tut mir Leid, wenn ich damit deine Gefühle verletze.«
    »Das tust du nicht«, erwiderte Ronica knapp, aber Keffria wusste, dass sie log.
    »Aber als Vater starb und sich alles veränderte, musste ich feststellen, dass ich irgendwie doch dein Leben lebte.« Keffria lächelte grimmig. »So viele Dinge waren zu erledigen, so viele Arbeiten mussten getan werden, bis ich fühlte, dass für mich selbst gar keine Zeit mehr übrig blieb. Merkwürdig ist nur, dass ich jetzt, nachdem ich selbst die Zügel in die Hand genommen habe, sie wohl nicht mehr so einfach abgeben könnte. Selbst wenn Kyle morgen auf unserer Schwelle erscheinen und sagen würde: ›Mach dir keine Sorgen, Liebes, ich kümmere mich um alles‹, würde ich es ihm nicht gestatten. Weil ich jetzt schon zu viel weiß.«
    Sie schüttelte wieder den Kopf. »Zum Beispiel, dass ich gewisse Dinge besser handhaben kann als er. Ich habe das herausgefunden, als ich selbst anfing, mit unseren Gläubigern zu verhandeln. Ich habe begriffen, warum du die Dinge so aufgebaut hast, wie du es getan hast, und es kam mir sinnvoll vor. Aber ich wusste auch, dass Kyle niemals geduldig mit harter Arbeit die Familie Stück für Stück aus den Schwierigkeiten herausführen würde. Und…« Sie sah ihre Mutter an. »Hörst du, wie ich jetzt bin? Ich wollte all diese Bürden nicht. Aber ich kann es auch nicht ertragen, sie jemand anderem zu übergeben. Weil ich trotz all der Arbeit gern mein Leben selbst kontrolliere.«
    »Mit dem richtigen Mann an deiner Seite könntest du diese Kontrolle teilen«, meinte Ronica.
    Keffria spürte, wie ihr Lächeln gefror. »Und Kyle ist dafür nicht der richtige Mann. Das wissen wir jetzt beide.« Sie holte tief Luft. »Wenn er jetzt zurückkäme, würde ich ihm nicht mehr die Stimme der Familie im Händlerkonzil übertragen. Weil ich mehr von Bingtown weiß und klüger abstimmen kann.
    Aber Kyle würde das nicht akzeptieren. Allein das dürfte schon genügen, um ihn fortzutreiben.«
    »Kyle würde es hassen, dass du deine Stimme selbst kontrollierst? Dass du in der Lage warst, dich um dich selbst zu kümmern, während er fort war?«
    Keffria machte eine kleine Pause, bevor sie antwortete. Sie zwang sich dazu, die Wahrheit zu sagen. »Es würde ihm missfallen, dass ich so gut darin bin, Mutter. Denn das bin ich. Und zu allem Überfluss gefällt es mir auch noch. Das ist ein Grund, warum ich Selden gehen lasse. Weil er mir trotz seiner wenigen Jahre bereits bewiesen hat, dass er besser auf sich aufpassen kann, als ich das tun könnte. Ich könnte ihn natürlich hier behalten, wohlbehütet unter meinen Fittichen. Aber das würde zu sehr der Art und Weise ähneln, wie Kyle mich gegängelt hat.«
    Als es leise an der Tür klopfte, zuckten die beiden Frauen zusammen. Rache steckte den Kopf herein.
    »Jani Khuprus ist da. Sie sagt, sie kommt, um Selden abzuholen.«
    Rache hatte sich seit dem Aufruhr in Bingtown verändert. Sie lebte immer noch bei ihnen und erfüllte die Pflichten einer Hausangestellten. Aber sie sprach offen davon, dass sie hoffte, auch ein Stückchen Land für sich zu bekommen, und was für ein Haus sie bauen wollte, sobald alles geregelt wäre. Wenn sie jetzt sagte, dass Jani kam, um Selden abzuholen, schwang ihre Missbilligung darüber viel deutlicher in ihrer Stimme mit, als sie sich das noch vor Monaten gestattet hätte. Keffria störte das nicht weiter. Die Frau hatte sich um ihre Kinder gekümmert, und sie waren ihr dabei wirklich ans Herz gewachsen. Rache war außer sich vor Freude gewesen, als Selden aus der

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