Zauberschiffe 06 - Herrscher der drei Reiche
Regenwildnis zurückgekehrt war. Und jetzt gab sie ihn nur sehr ungern wieder her. »Ich komme«, erwiderte Keffria und sah Ronica an. »Du solltest ebenfalls mitkommen, wenn du dich von ihm verabschieden willst.«
Jani musterte das Zimmer, während sie nervös auf Keffria wartete. Es unterschied sich beträchtlich von dem Raum aus glücklicheren Tagen, als Reyn hier um Malta gefreit hatte. Es war zwar sauber, aber anscheinend hatte man aus dem ganzen Haus die Möbel geraubt. Zwar standen da einige Stühle und ein etwas wackliger Tisch, aber es gab weder Bücher, noch Tapeten, weder Teppiche noch all diese kleinen Dinge, die einen Raum wohnlich machten. Ihr Herz blutete für die Vestrits. Man hatte ihnen ihr Heim genommen und nur die kahlen Wände stehen lassen.
Sicher, sie selbst hatte den Zusammenbruch der versunkenen Stadt mit ansehen müssen, welche die Einkommensquelle der Regenwildnis war und indirekt Bingtowns Wohlstand begründete. Trehaug sah schweren Zeiten entgegen. Aber ihr Heim hatte diesen Sturm überstanden. Sie besaßen genügend Reserven, von denen sie leben konnten. Ihre Bilder, ihr besticktes Linnen, ihre Juwelen, ihre Garderobe, all das wartete sicher zu Hause auf sie. Sie war nicht halb so verheerend heimgesucht worden wie die Vestrits. Deshalb fühlte sich Jani noch egoistischer, weil sie jetzt gekommen war und den letzten Pfeiler des wahren Wohlstands der Familie entführen wollte.
Keffrias jüngster Sohn würde heute Nacht mit Jani gehen. Man hatte es zwar nicht so deutlich abgesprochen, aber die Wahrheit stand dem Jungen deutlich ins schuppige Gesicht geschrieben.
Er war jetzt ein Regenwildjunge. Jani trug daran keine Schuld.
Sie hätte niemals versucht, einen Sohn zu stehlen, schon gar nicht den letzten eines Geschlechts. Aber andererseits gefiel ihr der Gedanke, den Jungen mitzunehmen. Noch ein weiteres Kind für ihren Haushalt bedeutete einen unvergleichlichen Luxus. Sie wünschte sich nur, sie würde diesen Gewinn nicht auf Kosten ihrer Freundin machen.
Das leise Knarren ihrer Sandalen kündigte ihre Ankunft an.
Keffria betrat den Raum, gefolgt von Ronica und Rache.
Selden war nicht bei ihnen. Das war gut. Jani wollte Keffria ihren Vorschlag machen, bevor sie sich von ihrem Sohn verabschiedete. Während sie sich begrüßten, fiel Jani auf, wie zerbrechlich Ronicas Hand wirkte und dass Keffria ernster und reservierter war. Nun, das war nur natürlich.
»Möchtet Ihr eine Tasse Tee?«, fragte Keffria mit beiläufiger Höflichkeit. Dann lachte sie nervös auf und drehte sich zu Rache um. »Das heißt, wenn wir noch Tee haben oder so etwas Ähnliches.«
Die Dienstmagd lächelte. »Ich bin sicher, dass ich ein paar Blätter zum Aufkochen finden kann.«
»Ich hätte gern etwas Warmes zu trinken«, erklärte Jani. »Die Kälte draußen fährt in die Knochen. Warum muss ausgerechnet in diesen schweren Zeiten ein so harter Winter kommen?«
Sie plauderten eine Weile übers Wetter. Dann rettete Ronica sie aus diesen sinnlosen Höflichkeiten, als Rache mit dem Tee wieder auftauchte. »Lasst uns endlich aufhören, nervös um den heißen Brei herumzureden und so zu tun, als wüssten wir nicht, warum Jani hier ist. Sie will Selden mit in die Regenwildnis nehmen, wenn der Kendry heute Abend die Anker lichtet. Ich weiß, dass Keffria dem zugestimmt hat und dass Selden es so will. Aber…«
An diesem Punkt ließ ihre Courage sie im Stich. Ihre Stimme klang belegt. »Ich verliere Selden nicht gern…«
»Ich wünschte, Ihr würdet es nicht so empfinden«, meinte Jani. »Dass Ihr ihn verliert, meine ich. Er kommt mit mir, und zwar nur für eine gewisse Zeit, weil er wirklich glaubt, dass er die Pflicht hat, uns bei den Vorbereitungen zu helfen. Gewiss, die Regenwildnis hat ihn schon als den ihren gezeichnet. Aber das bedeutet nicht, dass er jetzt kein Vestrit mehr wäre. Und ich hoffe, dass sich in Zukunft das Regenwildvolk und die Bingtowner offen mischen.«
Die Reaktion auf ihre aufmunternden Worte ließ zu wünschen übrig. »Ich bin nicht nur wegen Selden hier«, fuhr sie unvermittelt fort. »Ich überbringe Euch zwei Angebote. Eines vom Regenwild-Konzil. Und eines von mir persönlich.«
Bevor sie weitersprechen konnte, öffnete Selden die Tür. »Ich bin fertig«, verkündete er mit unverhüllter Befriedigung. Er trat ein und schleppte einen Segeltuchsack hinter sich her. Dann musterte er die Frauen der Reihe nach. »Warum seid ihr so ruhig?«, fragte er. Das Licht des Kaminfeuers
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