Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zaubersommer in Friday Harbor

Zaubersommer in Friday Harbor

Titel: Zaubersommer in Friday Harbor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
Hochzeit stattfinden, heute Abend die Generalprobe fürs Essen. Sie
fragte sich, ob Kevin mit Alice gesprochen oder mit ihr gebrochen oder ihr
verschwiegen hatte, dass er es sich anders überlegt hatte.
    Aber Lucy war
schlicht zu müde, um sich darüber Gedanken zu machen. Sie wickelte ihre nassen
Haare in ein Handtuch, zog eine bequeme alte Flanellhose und ein dünnes
Stretch-Tanktop an und kroch ins Bett.
    Kurz bevor
sie einschlief, klingelte das Telefon.
    Schläfrig griff
sie nach dem Hörer. „Hallo?”
    „Lucy.”
Die Stimme ihrer Mutter klang spröde. „Liegst du noch im Bett? Ich hatte
gehofft, Alice wäre bei dir.”
    „Warum
sollte sie bei mir sein?”, fragte Lucy gähnend und rieb sich die geröteten
Augen.
    „Niemand
weiß, wo sie ist. Sie hat mich vor Kurzem angerufen. Kevin ist weg.”
    „Weg?”,
wiederholte Lucy ausdruckslos.
    „Er hat
heute Morgen den ersten Flieger genommen. Der Idiot hat die Flugtickets, die
wir für die Hochzeitsreise der beiden gekauft haben, einfach umgetauscht. Er
fliegt allein nach Florida. Alice war außer sich, vollkommen hysterisch. Sie
ist nicht in ihrem Haus, und sie hat ihr Handy ausgeschaltet. Einige Gäste von
außerhalb sind schon hier, und heute kommen noch mehr an. Es ist zu spät, die
Blumen oder das Essen abzubestellen. Dieser kleine Bastard – warum musste er
damit bis zur letzten Minute warten? Aber viel wichtiger ist Alice. Ich will nicht,
dass sie etwas ... Dramatisches tut.”
    Mühsam
setzte Lucy sich auf und kämpfte sich aus dem Bett. „Ich suche sie.”
    „Soll Dad
mit dir kommen? Er brennt darauf, irgendwas tun zu können.”
    „Nein, nein
... Ich mache das lieber allein. Ich rufe euch an, wenn es was Neues
gibt.”
    Nachdem sie
aufgelegt hatte, band Lucy sich die Haare zu einem Pferdeschwanz, zog Jeans und
ein T-Shirt an, füllte mit bebenden Fingern die Kaffeemaschine und wartete
ungeduldig, bis sie endlich ihren Becher mit nachtschwarzer Flüssigkeit füllen
konnte. Der Kaffee war viel zu stark – sie hatte nicht richtig dosiert. Selbst
als sie noch einmal so viel Wasser dazugab, wurde die Farbe nicht heller. Sie
zog eine Grimasse und trank den Kaffee wie Medizin.
    Dann griff
sie zum Telefon und wählte Alices Handynummer, bereit, eine Nachricht auf der
Mobilbox zu hinterlassen. Sie erschrak beinah, als Alice sich selbst meldete.
    „Hi.”
    Lucy
öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Am liebsten hätte sie gleich zehn
verschiedene Dinge auf einmal gesagt. Schließlich entschied sie sich für ein
knappes: „Wo steckst du?”
    „Am
McMillan Mausoleum.” Alice klang verheult.
    „Bleib
da.”
    „Bring
niemanden mit.”
    „Mach ich
nicht. Bleib einfach, wo du bist.”
    „In
Ordnung.”
    „Versprich's
mir.”
    „Versprochen.”
    Das
Mausoleum, das
Afterglow Vista genannt wurde, lag an einem der schönsten Plätze der Insel
mitten im Wald nördlich von Roche Harbor. Der Gründer einer enorm erfolgreichen
Kalk- und Zementfabrik, John McMillin, hatte es selbst entworfen. Es handelte
sich um ein massives Bauwerk mit Säulen und
unzähligen symbolischen Elementen, die an Freimaurertum erinnerten. Hohe
Säulen umringten einen Steintisch und sieben steinerne Stühle. Eine der Säulen
war absichtlich unvollendet geblieben. Sie war neben dem freien Platz
angeordnet, an dem angesichts der Symmetrie ein achter Stuhl hätte stehen
müssen. Gerüchten zufolge wurden Geister von nahegelegenen Gräbern beobachtet,
die sich nach Mitternacht hier um den Tisch versammelten.
    Der
Waldweg, der zum Afterglow Vista führte, war etwa eine halbe Meile lang und für
Lucy mit ihrem verletzten Bein nur schwer zu bewältigen. Sie ging vorsichtig
und hoffte, dass sie ihren gerade erst verheilten Bändern nicht schadete.
Nachdem sie einen kleinen Friedhof passiert hatte, auf dem viele Grabsteine mit
winzigen Zäunen eingefriedet waren, sah sie das Mausoleum vor sich.
    Alice saß auf
den Treppenstufen, die sich zum Bauwerk hinaufwanden. Sie trug Jeans und ein
Henley-Shirt. Auf dem Schoß hielt sie ein Bündel aus luftigem weißen Tüll- oder
Chiffonstoff an sich gedrückt.
    Lucy wollte
ihre Schwester nicht bemitleiden, aber Alice sah todunglücklich aus und wirkte
wie ein kleines Mädchen.
    Humpelnd – ihr Bein begann zu schmerzen – ging Lucy zu ihr und setzte sich neben sie auf
die kalten Steinstufen. Im Wald war es ruhig, aber keineswegs still. Blätter
raschelten im Wind, kleine Vögel zwitscherten, Flügelschlagen und das Summen
von Insekten waren zu

Weitere Kostenlose Bücher