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Zaubersommer in Friday Harbor

Zaubersommer in Friday Harbor

Titel: Zaubersommer in Friday Harbor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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ging fort.
Der Satz löste in ihm eine Betäubung und Leere aus, die er für Erleichterung
hielt.
    Ja. Es
wurde Zeit. Ihre Beziehung hatte begonnen, heikel zu werden, und es war nun mal
am besten, Schluss zu machen, solange es noch schön war.
    „Wenn du
Hilfe brauchst, um deine Sachen einzulagern ...”, begann er.
    „Nein, ich
habe alles unter Kontrolle.” Lucys Augen wurden feucht, obwohl sie immer
noch lächelte. Es verblüffte ihn, als sie sagte: „Es fällt mir leichter, wenn
ich dich ab sofort nicht mehr sehe oder mit dir rede. Ich brauche einen glatten
Bruch.”
    „Alices
Hochzeit ...”
    „Ich glaube
nicht, dass es eine Hochzeit geben wird. Und das ist gut so – für Alice. Die
Ehe ist schon kompliziert genug für Menschen, die sich wirklich lieben. Ich
glaube nicht, dass sie und Kevin eine Chance hatten. Ich glaube nicht ...”
Sie brach ab, ließ zittrig den Atem fahren.
    Als Lucy so
dastand, mit Tränen in den Augen, erfasste Sam ein ungewohntes Gefühl,
schlimmer als alles, was er je als Erwachsener empfunden hatte. Schärfer als
Angst, schmerzlicher als Trauer, leerer als Einsamkeit. Es fühlte sich an, als
hätte ihm jemand einen Eispickel in die Brust geschlagen.
    „Ich liebe
dich nicht”, sagte Lucy unsicher lächelnd. Da er schwieg, fügte sie hinzu:
„Sag mir, dass du genauso empfindest.”
    Ihr
vertrautes Ritual. Sam musste sich räuspern, bevor er die Worte über die Lippen
brachte. „Ich liebe dich auch nicht.”
    Lucy
lächelte immer noch und nickte zufrieden. „Ich habe mein Versprechen gehalten.
Niemand wurde verletzt. Leb wohl, Sam.” Damit drehte sie sich um und ging
die Treppenstufen hinunter. Immer noch schonte sie ihr linkes Bein.
    Sam stand
auf der Veranda und sah ihr nach, als sie davonfuhr. Panik und zornige
Verwunderung erfüllten ihn.
    Was zum
Teufel war gerade geschehen?
    Langsam
ging er ins Haus zurück. Alex saß unten auf der Haupttreppe und tätschelte
Renfield, der zu seinen Füßen hockte.
    „Was ist
los?”, fragte Alex.
    Sam setzte
sich neben ihn und erzählte ihm alles. Er nahm dabei seine eigene Stimme wahr,
als käme sie von einem anderen. „Ich
bin mir nicht sicher, was ich jetzt tun soll”, schloss er barsch.
    „Vergiss
sie, lass es hinter dir”, gab Alex trocken zurück. „So machst du's doch
immer, oder?”
    „Ja. Aber
es hat sich noch nie so angefühlt.” Sam strich sich mit der Hand durch die
Haare, bis sie völlig zerwühlt waren. Er fühlte sich krank, ihm war übel. Als
hätte er Gift in den Adern. Jede Faser seines Körpers schmerzte. „Ich glaube,
ich habe mir irgendwas eingefangen. Eine Grippe vielleicht.”
    „Vielleicht
brauchst du einen Drink.”
    „Wenn ich
jetzt damit anfange”, erklärte Sam schroff, „höre ich vielleicht nie
wieder auf. Tu mir also bitte den Gefallen und sage so etwas nie wieder.”
    Kurzes
Schweigen. „Da du ohnehin schon so mies gelaunt bist ...”, warf Alex
vorsichtig ein. „Ich muss dir was sagen.”
    „Was?”, fragte Sam gereizt
zurück.
    „Ich muss
nächste Woche bei dir einziehen.”
    „Wie
bitte?”
    „Nur für
ein paar Monate. Ich bin praktisch pleite, und Darcy hat das Haus bekommen. Sie
will, dass ich ausziehe, damit sie es verkaufen kann.”
    „Himmel”,
murmelte Sam. „Ich bin gerade erst Mark losgeworden.”
    Alex warf
ihm einen beunruhigenden Blick zu. In seinen Augen lag ein Schatten, der Sam
nervös machte. „Ich muss hier wohnen, Sam. Ich glaube nicht, dass es für länger
ist. Und ich kann dir nicht erklären, warum.” Er zögerte und brachte dann
tatsächlich das Wort über die Lippen, das er in seinem ganzen Leben höchstens
ein halbes Dutzend Mal benutzt hatte. „Bitte.”
    Sam nickte.
Er erschauerte bei dem Gedanken, dass er genau diesem Blick, diesen
nachtschwarzen Pupillen, dieser blind starrenden Trostlosigkeit einer
verlorenen Seele schon einmal begegnet war, nämlich als er seinen Vater zum
letzten Mal gesehen hatte, bevor dieser starb.
    Da sie
nicht schlafen konnte, arbeitete Lucy fast die ganze Nacht in ihrem Atelier und
vollendete das Buntglasfenster. Ihr war gar nicht bewusst, wie die Stunden
vergingen; sie bemerkte nur, dass der Himmel heller wurde und der übliche Morgentrubel
in Friday Harbor begann. Das Baumfenster lag glänzend und unbeweglich da, aber
jedes Mal, wenn sie es mit den Fingerspitzen berührte, spürte sie subtile
Lebenskraft von dem Glas ausgehen.
    Erschöpft,
aber entschieden ging Lucy in ihre Wohnung und duschte ausgiebig. Morgen sollte
Alices

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