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Zebulon

Zebulon

Titel: Zebulon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolph Wurlitzer
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und Religionsbekenntnis aus. Zebulon nannte seinen richtigen Namen, die übrigen Antworten erfand er: Als Beruf gab er freischaffender Trapper an, als Religion Wakan Tanka und als Geburtsland Großes Himmelreich. Nachdem der Angestellte alles säuberlich notiert hatte, wurde Zebulon in einen Hof geführt, um fotografiert zu werden.
    Eine große Menschenmenge wartete auf ihn. Die meisten hatten noch nie eine Kamera gesehen oder auch nur davon gehört.
    Zebulon wurde angewiesen, sich an eine Ziegelmauer zu stellen. Der Fotograf war ein untersetzter Mann mit traurigen Augen unter schlaffen Lidern, der eine Baskenmütze trug. Als er unter dem Dunkeltuch verschwand, glaubte Zebulon, er solle mit einer neumodischen Waffe exekutiert werden. Einige ältere Leute hatten denselben Gedanken und traten eilends ein paar Schritte hinter den kuriosen Apparat zurück.
    Als schließlich das Blitzpulver aufflammte, gab es da und dort Beifall und Glückwünsche ringsum.
    Im gestreiften Sträflingsanzug wurde Zebulon in einem geschlossenen Wagen zur
La Grange
verfrachtet, einem französischen Schoner, der im Oberlauf des Sacramento ankerte, seit Kapitän und Besatzung von Bord gegangen und auf die Goldfelder gezogen waren.
    Zebulon wurde vom Adjutanten des Gefängnisdirektors begleitet, Master Sergeant Alva Bent, einem beinamputierten Veteranen, der im Krieg gegen Mexiko sowie in den Feldzügen gegen die Comanche und die Apachen gekämpft hatte.
    Sie fuhren an einer langen Reihe von Schonern und Raddampfern vorbei, die an einem
embarcadero
festgemacht waren, und dann über einen Knüppeldamm, auf dem Dutzende chinesischer Arbeiter Möbel und Bauholz durch das Durcheinander neu angekommener Goldsucher und überladener Leiterwagen schleppten.
    Bent zündete zwei Zigaretten an und steckte Zebulon eine davon in den Mund. »Vor ein paar Jahren hat es hier nur ein paar Saloons und eine Pferdevermietung gegeben. Heute könnte man glauben, dass hier alle Arschlöcher dieser Welt herumstolzieren, die meisten mit Goldfieber.«
    Er zeigte auf ein höher liegendes Gelände, wo auf dürren, mit Abfällen, kaputten Maschinen und toten Kühen übersäten Arealen Bauplätze abgesteckt waren. »Nächstes Jahr stehen hier oben hundert gottverfluchte neue Häuser. Denk an meine Worte. Aber keine Sorge, mein Sohn. Bis sie dich freilassen oder beschließen, dich doch noch aufzuknüpfen, wird hier wieder alles so sein wie früher. So ist das Leben.«
    Er nahm Zebulon die heruntergebrannte Zigarette aus dem Mund. »Sag mir die Wahrheit: Hast du diesem Reporter was vorgeflunkert, oder hat das mit der Dieberei und dem Gemetzel alles gestimmt?«
    »Dass ich mit dem Schiff hierhergekommen bin, ist wahr«, räumte Zebulon ein. »Und dass ich als Führer angeheuert worden bin, um jemanden zu den Goldfeldern zu bringen. Dass ich Bürger von Calabasas Springs abgeknallt habe, ist eine verdammte Lüge, und ich hab auch bei keinem Gefängnis ausbruch geholfen.«
    Bent zog einen Flachmann aus seiner Gesäßtasche, trank und bot ihn dann Zebulon an. »Das hab ich denen auch gesagt, einen Sack voller Lügen rieche ich nämlich schon von weitem. Es war ein abgekartetes Spiel: Die Politiker haben allen Freigeistern einen Maulkorb verpasst, das Land ausgepresst und es zur leichten Beute für Geschäftsleute und Greenhorns gemacht. ›Kommt her ins Paradies, Leute, und ihr werdet so reich, wie ihr es euch nie hättet träumen lassen. Holt euch ein paar Schüsseln Goldstaub. Kauft euch ein großes Hotel und füllt es mit leichten Mädchen, oder kehrt reicher als in euren kühnsten Träumen dahin zurück, wo ihr hergekommen seid.‹ Die Jungs in Washington haben uns eine Schlinge um den Hals gelegt. Ich muss es wissen, ich hab Frémont geholfen, die Bohnenfresser ins gute alte Mexiko zurückzutreiben. Frémont hatte seine Befehle aus dem Osten: Holt euch das Gold, öffnet die Schleusen und seht zu, wie alles den Bach runtergeht. Züge werden von Osten nach Westen fahren und wieder zurück. Schluss mit der Schinderei, Schluss mit den Bisons, Schluss mit den roten Niggern und Schluss mit den guten Zeiten. Das alles war einmal. Bleibt zu Hause und nährt euch redlich, Jungs. Baut eure Kartoffeln und eure Tomaten an, und zum Teufel mit der guten alten Zeit.«
    Bent zündete erneut zwei Zigaretten an und gab eine Zebulon, dann machten sie dem Whiskey den Garaus. »Dein Fehler war, dass du bei dem Russen und seiner Sklavin angeheuert hast. Damit hast du dem Stier das rote Tuch unter

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