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ZECKENALARM IM KARPFENLAND

ZECKENALARM IM KARPFENLAND

Titel: ZECKENALARM IM KARPFENLAND Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Rosenzweig
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Pfeil nach dem anderen ab. „Maansd, iech waß ned, dass du den arma Johannes Sapper dazu verfiehrd hasd, dein Buff zu besuchn? Maansd, iech waß ned, dass du den Sappers Hanni mid aner vo deine Abbordbrinzessinen fodografierd hasd? Maansd, iech waß ned, dass du deswegn die Julia Fuchs erbressn dusd? Maansd, dees Finanzamd waß, dass du der Arien van der Kadznlaar bisd, der wu do nebenbei in Nemberch an Edelbuff bedreibd? Maansd du, dees Finanzamd waß scho, dass bei dier nu an ganzn Haufn Schdeiern abkassiern kennerd? Maansd die Ermiddlungsbehördn wissen scho, dass du im hechsdn Grad Dokumendnfälschung bedreibn dusd? Maansd, die Ermiddlungsbehördn wissen scho, dass du in deim Edelbuff illegal eingewanderde Nuddn ausm Osdblogg beschäfdigsd? Und edz schlooch iech dier a Gschäfdla vor: Du gibsd mier die vom Hanni Sapper underschriebna Schuldscheine und alle Foddos, diesd vonna gmachd hasd. Außerdem schbendesd du innerhalb vo die näxdn zwaa Wochn der kadolischn Kergn anoniem zehadausend Euro, zwegggebundn fier die Anschaffung vo aaner Weihnachdsgribbn. Und wenni edz nu fimbf Minuddn länger in deiner Bruchbudn auf die Schuldschein und die Foddos wardn muss, ruf iech auf der Schdell mein Neffn bei der Kribo in Erlang o. Was maansd, wie schnell der dier dees Finanzamd aufn Hals schiggd? Nu aans: Auf dem Hanni Sapper sein Grab schdellsd du morgn a Vasn mid fufzich rode Rosn, mid aner Schleifn dro, auf der schdehd In stiller Trauer, Peter .“
    Fünf Minuten später lief die Retta mit ihrem Rollator die Dechsendorfer Straße in die entgegengesetzte Richtung zurück. Auf ihrem Gesicht lag ein schelmisches Lächeln der Zufriedenheit.
Röttenbach, Gemeindeverwaltung, Freitag, 5. Oktober 2012
    Retta Bauer fühlte sich nach fünf Abenden bereits als Routinier unter den Fachkräften der Reinigungstruppe. Sie kannte sich im Rathaus mittlerweile besser aus, als daheim in ihrer Wohnung. Zwischenzeitlich wusste sie längst, wo welche Unterlagen abgelegt waren, wo die Angestellten die Schlüssel zu den Schreibtischen versteckt hielten, und seit vorgestern wusste sie auch den Zugangscode zum Zentralcomputer. Ein kleines Pläuschchen hier, ein kurzes, informatives Gespräch da offenbarte so manch gut gehütetes Geheimnis. Die Mitarbeiter im Standes- und Einwohnermeldeamt, die Zugang zu allen persönlichen Daten der Röttenbacher Bürger – der in Röttenbach Geborenen, Lebenden und Verstorbenen – hatten, hatten ihre persönlichen Passwörter auf die Rückseite ihrer Schreibtischauflagen geklebt. Darunter lagen für jeden ersichtlich, der sich dafür interessierte, in Klarsichtfolien die Inhaltsverzeichnisse, nach denen die personenbezogenen Daten auf der Festplatte des Zentralcomputers abgespeichert waren. Ihr Untermieter, Dirk Loos, hatte sich riesig gefreut, dass er die letzten beiden Abende seine Vermieterin mit dem Umgang seines Laptops vertraut machen durfte. „Willst du doch noch in das Computerzeitalter einsteigen, Retta?“, hatte er sie bei einem Gläschen Wein gefragt, „Der Saturn in Erlangen hat zurzeit sehr günstige Sony-Laptops im Angebot.“
    Retta hatte sich längst den Dateinamen Geb.Kind1/1974-23/1974 eingeprägt, unter dem sie fündig werden wollte. Nun wuselte sie den Gang entlang, ein Staubtuch in der Hand, und befreite die Bilderrahmen der Röttenbacher Altbürgermeister vom Staub der letzten Jahre. „Iehr solld aa ned leben wie die Hund“, flüsterte sie den in schwarz-weiß fotografierten Köpfen zu. Der Minutenzeiger der Wanduhr kroch allmählich auf zwanzig Uhr fünfzig zu. Sie waren noch zu dritt im Haus. Sie, Fanny Doldinger und eine vom Stammpersonal der Firma Wisch-und-Weg, Frau Liesbeth Patzke. Eine Minute vor einundzwanzig Uhr rief Frau Patzke mit durchdringender Stimme „Feierabnd“ durch die Gänge des Rathauses. Retta Bauer segelte die Treppe hinab. Fanny Doldinger und Liesbeth Patzke standen schon zum Abmarsch bereit und warteten auf sie. Als Frau Patzke die Ausgangstür öffnete, schlug sich die Retta mit der flachen Hand auf die Stirn. „Iech Dolln, iech wolld doch nu die Blumma gießn! Is ja Wochenend!“
    „Dees missn mier abber ned machen, dees gherd ned zu unsre Aufgabn!“, stellte Frau Patzke sachlich fest.
    „Iech waß scho“, entgegnete die Retta, „abber die Blumma den mer so leid, wenns iebers Wochenend goar kaa Wasser griegn und goar nu eidroggna. Gehdd na iehr scho ham, die fimbf Minuddn machen mier nix aus. Iech schberr scho ab, dass kaaner

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