ZECKENALARM IM KARPFENLAND
Parkettboden gleiten. Das Oberteil rutschte ihr beidseitig von den Schultern, und sie richtete ihre lasziven Blicke auf den wilden Bär, der ihr gegenüber saß und auf ihren kaum verhüllten Busen starrte. Sie erhob sich und ließ den Kimono gänzlich von ihrem Körper gleiten. „Geh schon mal vor, ins Schlafzimmer“, gurrte sie, „ich mach mich im Bad noch etwas frisch. Ich bin gleich bei dir. Ich habe übrigens nichts dagegen, wenn du den starken Drachen schon mal aus seinem Käfig lässt.“ Damit entschwand sie wie ein schwebender Rauschgoldengel durch die naheliegende Badezimmertüre und drückte sie ins Schloss. Dass Spatzi, alias wilder Bär sich schnell noch in die Küche schlich und sich aus dem Messerblock ein Filetiermesser mit dreiundzwanzig Zentimeter langer Klinge griff, bekam Beatrice Riu-Krummbauer nicht mehr mit. Danach ging alles sehr schnell. Die bereits vor lauter Vorfreude sexuell erregte Frau glitt in ihren Dessous – den störenden Slip hatte sie bereits abgelegt – zu ihrem Liebhaber unter die Bettdecke. Seine nackte Haut fühlte sich betörend an, und er verbreitete einen animalisch aufregenden Geruch. Sie machte sich sofort an ihm zu schaffen, und er ließ sie gewähren. Nach wenigen Minuten intensiver, erfolgreicher Arbeit kroch sie auf ihn und vollzog, woran sie die ganzen letzten Tage denken musste. Ein leises Stöhnen entrann ihrem geöffneten Mund und angenehme Schauer durchzuckten ihren aufgewühlten Körper. Dann schloss sie die Augen. Spatzi betrachtete ihr angespanntes Gesicht und griff mit der Rechten hinter sich unter das Kopfkissen. Er ertastete den schwarzen Plastikgriff des Messers. Langsam zog er die Waffe unter dem Kissen hervor und führte sie an den Rücken der auf ihm herumhopsenden Beatrice Riu-Krummbauer. Dann umfasste er den Griff der Waffe fest mit beiden Händen. Seine Liebhaberin begann leise zu stöhnen und wurde von einem Moment auf den anderen immer lauter. Schließlich durchzuckte ein wildes Schütteln ihren Körper, und mit einem langen, anhaltenden Seufzer ließ sie ihren Oberkörper auf seine Brust fallen. Sie lächelte mit geschlossenen Augen. Dann stieß er, mit der ganzen ihm gebotenen Kraft zu. Genüsslich registrierte er, wie Beatrice, immer noch über ihm, geschockt und schmerzverzerrt die Augen aufriss. Mit der linken Hand hielt er sie am Hinterkopf, mit der rechten hielt er ihr den Mund zu. Mit weit aufgerissenen, fragenden Augen starrte sie ihn unverständlich an. Das Messer steckte bis zum Griff in ihrem Rücken. Dann fühlte er, wie warme, klebrige Flüssigkeit auf seinen nackten Oberkörper rann und schließlich im Bettlaken versickerte.
Dechsendorfer Weiher, frühmorgens, Samstag 6. Oktober 2012
Der Mörder von Frau Riu-Krummbauer war noch immer innerlich aufgewühlt. Er fand keine Ruhe. Er musste sich entspannen. Auf dem Nachhauseweg hatte er sich spontan dazu entschlossen, im Erlanger Ortsteil Dechsendorf eine Pause einzulegen und einen Rundgang um den nächtlichen Dechsendorfer Weiher zu unternehmen. Er musste nachdenken, seine Gedanken sortieren. Die kreisten im Moment im Nirwana. Er stellte seinen Ford Focus auf dem leeren Parkplatz am Sportheim ab und begann seine Wanderung rund um das Gewässer. Der Mond schien fahl durch die rasch dahinziehenden Wolkenfetzen und spiegelte sich in regelmäßigen Abständen auf der dunklen Wasserfläche des modrig riechenden Weihers. Die Nacht war still. Nur die Wipfel der hohen Lärchen rauschten leise im kühlen Nachtwind. Der Mörder schloss den Reißverschluss seiner Wildlederjacke. Nach ein paar hundert Meter seines Weges schmiss er den Gerberastrauß achtlos in das hohe Schilf des Seeufers. Er dachte nach. Er hatte keine Spuren hinterlassen. Da war er sich ziemlich sicher. Sehr aufwändig hatte er die Küche gereinigt, abgespült und das Geschirr sowie das Besteck und die Gläser an ihre angestammten Plätze zurückgestellt. Den Müllbeutel hatte er entsorgt und einen neuen, leeren in den Mülleimer eingesetzt. Dann hatte er sich darüber gemacht, alle verräterischen Fingerabdrücke abzuwischen. Er war sehr methodisch vorgegangen. Selbst an das Bett hatte er gedacht. Die Bettwäsche hatte er abgezogen – die lag jetzt in einem Müllbeutel verpackt in seinem Kofferraum. Es gab keine Hautschuppen von ihm am Tatort. Die Leiche seiner Geliebten hatte er in die Badewanne gelegt, die blutige Matratze peinlichst genau mit dem Staubsauger bearbeitet. Auch der Fußboden im Schlafzimmer war frisch
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